Stefan Pierer: Moto2 fuer KTM interessant. Wenn das Reglement stimmt, auch die Superbike-WM.

Wir starten hier im Blog eine exklusive Interview-Reihe mit KTM CEO Stefan Pierer. Teil 1 hat aktuelle und künftige Rennsport-Aktivitäten zum Inhalt.

 

KTM hat im Straßensport in der ersten Moto3-Saison den WM-Titel erobert und dieses Jahr in allen Moto3-Rennen bisher den Sieger gestellt. 2011 wurde die Superbike-IDM gewonnen. Sehen Sie künftig weitere Möglichkeiten im Grand Prix- wie im Superbike-Sport?

 

Stefan Pierer: Die MotoGP-Klasse ist in dieser Dekade für uns nicht so interessant, weil der finanzielle Aufwand viel zu groß wäre. Es steht in keinem Verhältnis, was man heraus bekommt. Deshalb sehe ich hier keine Herausforderung. Momentan ist diese Kategorie nur wegen Marc Marquez interessant, ohne ihn wäre MotoGP eher fad. In der Superbike-WM-liegen die Dinge anders. Würden die Regeln so geändert, dass die Kosten im Rahmen bleiben und seriennahe Bikes zum Einsatz kommen, ohne dass bestimmte Produktionszahlen vorgeschrieben sind, würden wir darüber nachdenken.

CEO Stefan Pierer, Moto3-Einzylinder, Konstrukteur Kurt Trieb. // CEO Stefan Pierer, Moto3-engine, Engineer Kurt Trieb

Momentan also kommt die Superbike-WM noch zu teuer?

Stefan Pierer: Derzeit sind die Einsatzmöglichkeiten mit der Zahl der verkauften Einheiten verknüpft. Auch das Regelwerk war zuletzt wenig stabil, was nie gut ist, wenn man die Kosten im Zaum halten will. Ideal wäre ein einheitliches Superbike-Reglement, für die WM, für die AMA-Championship oder für Deutschland, so ähnlich wie im Motocross. Dann würde es sicher interessant. Es gibt bei KTM zwar ein paar Gedankenspiele, aber ich glaube nicht, dass es sich ein Superbike-WM-Einsatz für die nächsten zwei oder drei Jahre realisieren lässt. Auf jeden Fall verfolgen wir, wie das Regelwerk sich entwickelt und halten auch mit den Verantwortlichen Kontakt.

Martin Bauer, KTM RC8 R, IDM Superbike-Champion 2011

 

KTM hat das Moto3-Projekt innerhalb sehr kurzer Zeitspanne entwickelt. Ist dergleichen auch denkbar, wenn für ein Superbike-WM-Projekt grünes Licht gegeben wird?

Stefan Pierer: Durchaus, weil die Zutaten bereits vorhanden sind. Unser RC8R-Twin wäre in einer weiteren Entwicklungsstufe konkurrenzfähig. Dazu braucht es aber noch ein Budget, einen erfahrenen Teammanager und erstklassige Fahrer, besonders in der Entwicklungsphase. Über ein schnelles Bike zu verfügen, ist eine Sache; aber genau herauszufinden, was zum Siegen notwendig ist, eine andere. Ich denke dabei auch 10 Jahre zurück, als KTM in den 125er GP-Sport einstieg. Im Debütjahr war es mühselig. Erst als Casey Stoner als damals sehr junger Fahrer zu uns kam und das Bike an seine Grenzen trieb, wurde es konkurrenzfähig und es gelang der erste GP-Sieg. Im Motocross ist es ähnlich. Einen Ex-Rennfahrer heranzuziehen, hilft nur bedingt weiter. Wenn man direkt mit Tony Cairoli oder Jeffrey Herlings Entwicklungsarbeit leistet, sieht das Ergebnis anders aus.

 

Immerhin hat KTM den zehnfachen Weltmeister Stefan Everts nicht nur als Manager, sondern auch als  Testfahrer….

Stefan Pierer: Stefan Everts ist ein brillanter Fahrer und immer noch sehr schnell. Ich will damit unterstreichen, dass Kommunikation im allgemeinen und die Fahrer im Speziellen bei einem Hersteller unserer Größenordnung besonders wichtig sind. Für KTM spielen die Fahrer eine ganz entscheidende Rolle, und wenn sie zu uns passen, binden wir sie an uns so lange wie möglich. Oft genug auch über das Ende ihrer sportlichen Karriere hinaus, wir finden dann schon eine passende Aufgabe. In Schweden zum Beispiel ist Ex-Motocross-Vizeweltmeister Peter Johansson inzwischen unser Verkaufsdirektor für ganz Skandinavien. Wenn er Gespräche mit Händlern führt, wird niemand auf die Idee kommen, seine Offroad-Fachkenntnis in Frage zu stellen.Das gleiche gilt im Umgang mit Technikern und Ingenieuren. Kurzum, wir verschaffen uns so neben Fachkenntnissen auch Glaubwürdigkeit und operieren eher wie ein große Familie.

Gaildorf 2011: Erfolgreiche KTM-Familie mit Roczen/Cairoli. // Gaildorf 2011: Sucessfull KTM-family with Roczen/Cairoli.

Zurück zur Motorsport-Zukunft von KTM, wie könnte diese aussehen?

Stefan Pierer: KTM ist in der AMA Supercross ein großer Schritt nach vorne gelungen, ebenso im GP-Sport in der Moto3. Ich könnte mir auch in der Moto2-Klasse ein anderes Format vorstellen als das aktuelle mit Einheits-Vierzylindern. Ich finde das wenig prickelnd. Ich wünsche mir, das der Promoter irgendwann einsieht, dass mehrere Hersteller wetteifern sollten. Momentan ist Moto2 einheitliches Cup-Racing. Sicher sind die Rennen spannend, aber richtig attraktiv ist es nicht, wenn Suter gegen Kalex kämpft. Logisch wäre, das Moto3-Konzept – 250er Einzylinder mit gewissen technischen Limits – zu nehmen, Hubraum und Zylinderzahl zu verdoppeln und auf die Moto2 zu übertragen. So könnte man einen 500er Zweizylinder bauen. Das wäre für KTM interessant. Wenn etliche Komponenten doppelt verwendbar sind, bleiben die Kosten im Rahmen, dann werden auch andere Hersteller einsteigen.