ADAC Junior Cup powered by KTM: Technik der KTM RC 390 CUP

Der ADAC Junior Cup powered by KTM ist die neue Rennsport-Nachwuchsschule. Nach 21 Jahren mit 125er Zweitaktern diverser Marken wird heuer der Wechsel auf zeitgemäße Viertakt-Power vollzogen. Das einheitliche Renngerät für 2014 wird von KTM geliefert – die RC 390 CUP.

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Dass die Wahl auf diese Maschine fiel, ist zweifellos eine zielführende Entscheidung, aber keineswegs selbstverständlich. Schließlich wird das käufliche KTM RC 390-Serienbike erst Ende Sommer 2014 bei den Händlern eintreffen. In Mattighofen mussten also etliche Hebel extra umgelegt werden, um das Cupbike mit zeitlichem Vorlauf renntauglich zu präparieren und in ausreichender Zahl für die 28 Cup-Teilnehmer (darunter eine Rennfahrerin) bereitzustellen.

Was unterscheidet die KTM RC 390 CUP von der Serienmaschine? Werfen wir einen Blick auf die Umbauten und Modifikationen.

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KTM RC 390 CUP

Zunächst wurde alles abgebaut, was nicht für die Rennpiste benötigt wird: Scheinwerfer, Blinker, Rücklicht, Nummernschildhalter mit Kotflügel, Seitenständer, Beifahrer-Fußrasten, Hupe, Spiegel, Sitzbank plus Schloss. Eine Frontblende mit höherer Racing-Windscheibe schließt die Lücke vorne in der Verkleidung, hinten wurde eine schnittige Sportsitzbank (aus GFK, mit Carbon verstärkt) montiert.

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KTM RC 390 CUP

Der Einzylinder-Viertaktmotor bleibt mechanisch komplett serienmäßig. Gasgriffanschlag und angepasstes Einspritzmapping kappen eine handvoll Pferdestärken, so dass die Leistung für das Cup-Bike etwa 38 bis 40 PS bei 9.000 Umdrehungen pro Minute beträgt – mehr als genug für Youngster, die das Rennfahren erst lernen sollen. Damit ist, je nach Rennstrecke, ein Topspeed von 180 bis 190 km/h möglich. Den Serien-Unterflur-Auspuff ersetzt eine Akrapovic-Auspuffanlage (Titan-Endtopf plus Mittelrohr inklusive Katalysator). Das ganze Paket ist praxisgerecht abgestimmt, Durchzug, Ansprechverhalten und Drehfreude harmonieren sauber, so wie es sein soll. Alle Triebwerke sind verplombt, damit nicht autorisierte Tuning-Eingriffe ausgeschlossen bleiben.

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Wer das Straßen-Schaltschema (1. Gang unten) umdrehen will, montiert einfach den auf der Schaltwelle montierten Arm andersherum. Viele Rennfahrer ziehen das umgekehrte Schaltschema (drauftreten zum Hochschalten, hochziehen zum Runterschalten) vor, weil dann in Schräglage problemloser hochgeschaltet werden kann, was unter Umständen in Rechtskurven Vorteile bietet, wenn kein Platz ist, den Fuß unter den Schalthebel zu bekommen.

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Der Gitterrohrrahmen aus Stahl bleibt serienmäßig. Ebenso Schwinge, Felgen und alle Anbauteile, die sich unter dem Bodywork finden, wie Tank, Airbox, Batterie und Elektronik-Parts. Geändert präsentieren sich Gabel und Federbein, die jetzt beide voll einstellbar sind, bei Federvorspannung wie Dämpfung. Die Radführungsteile von WP Suspension sind die gleichen wie beim Red Bull MotoGP Rookies Cup Moto3-Motorrad. Auch die Bremsscheibe vorne wurde vorsorglich der permanent höheren Belastung im Rennbetrieb angepasst, der Durchmesser von 280 auf 320 mm vergrößert. Die Serien-Bremszange wurde entsprechend mit Distanzbuchsen auf dem Adapter am Gabelfuß höher gesetzt.

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KTM RC 390 CUP Metzeler & ByBre

Über den Winter wurden auf vier verschiedenen Rennstrecken in Spanien und Italien Tests gefahren. Thomas Gradinger, Moto3-Rennfahrer und Auszubildender bei KTM, agierte dabei als Testpilot. Die Gabelfeder ist auf ein Fahrergewicht von 63 bis 65 Kilo ausgelegt. Eine weichere und eine härtere Feder stehen alternativ zur Auswahl. Beim Hinterrad-Federbein mit separatem Ausgleichsbehälter kann die Dämpfung eingestellt werden, und zwar getrennt nach Low- und Highspeed.

Zurückverlegte Fußrastenanlage, Handhebel (klapp- und einstellbar) sowie Hebelschutzbügel rechts und links stammen aus dem KTM PowerParts-Programm, ebenso der Gleitpad an der Vorderradachse. Ein nicht unwichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang, ist die robuste Bauweise und Widerstandsfähigkeit bei Ausrutschern. Davon gab es beim Cup-Einführungslehrgang im italienischen Magione bereits so einige; auch beim anschließenden Fahrtest europäischer Journalisten legte ein Tester sein Bike unsanft ab. Die Erkenntnis: Die CUP-KTM kann einiges ab, außer ein paar Kratzern an Hebeleien, Achs-Pad, Fußrasten und Auspuff passiert kaum etwas.

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KTM RC 390 CUP PowerParts

Reifen sind kein einfaches Thema im Rennsport. Grip können Rennfahrer nie genug haben, andererseits sollten Verschleiß und vor allem die Kosten nicht ausufern. Statt der zunächst geplanten Metzeler Sportec M5-Bereifung sind nun Metzeler Sportec M7 RR aufgezogen, die auch für sportliche Straßenfahrer eben erst in den Handel kommen. Was Performance und Haltbarkeit betrifft, stellen diese Reifen einen mehr als gelungenen Kompromiss für die Cup-Youngster dar  selbst wenn Petrus seine Schleusen öffnen sollte. Andere, spezielle Regenreifen kommen nicht zum Einsatz. Auch Reifenwärmer sind im Junior Cup nicht zulässig, um die Kosten im Rahmen zu halten.

Interessante Kleinigkeiten: Der Gasgriff stammt von der KTM RC8 R. Statt Kühlflüssigkeit mit Antifrost-Zusätzen wird destilliertes Wasser eingefüllt. Die Instrumenteneinheit im Cockpit mit Drehzahlmesser und Kontrollleuchten bleibt am Platz, allerdings mit einer Folie überklebt, die den Raum der abgeschalteten Tacho-Anzeige abdeckt. Eine Finne an der Schwinge verhindert, dass sich bei einem Sturz etwas unbeabsichtigt mit der Kette verheddert.

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KTM RC 390 CUP

Der Bugspoiler, der die Verkleidung nach unten abschließt, ist als Wanne ausgeführt; das schreibt das Reglement generell im Straßenrennsport für den Fall eines Motorschadens vor, damit kein Öl auslaufen kann. Nur bei Regenrennen darf ein Stöpsel am Boden entfernt werden, weil sonst das gesammelte Regenwasser ständig hin und herschwappen würde, was im Grenzbereich keine gute Idee wäre.

Punkto Gewicht gilt: Ob mit oder ohne Benzin, ob vor oder nach dem Rennen – die KTM RC390 CUP darf das Mindestgewicht von 136 Kilo nicht unterschreiten. Wer einen Laptimer (von Hersteller Starlane) montieren will, kann dies tun. Nicht gestattet ist das Anbringen von Mini-Onboard-Kameras, etwa von GoPro; nicht einmal die Halterungen dafür dürfen angebracht sein.

Unterm Strich erfüllt die KTM RC390 CUP alle Anforderungen, die an eine Rennmaschine für Nachwuchs-Piloten gestellt werden: dynamische Fahrleistungen, einfach zu fahren, sicher und berechenbar im Grenzbereich, technisch problemfrei, zuverlässig und robust. Auch die Kosten bleiben dank der Großserientechnik absolut im Rahmen, ebenso die Versorgung mit Ersatz- und Verschleißteilen. Die RC390 CUP für den ADAC Junior Cup powered by KTM kostet 6.500 Euro, das Nenngeld für die ganze Saison mit Einführungslehrgang und acht Rennläufen nochmal 2490 Euro.

Und zum guten Schluss: Wer sich für den ADAC Junior Cup powered by KTM interessiert und einmal reinschnuppern und mitfahren möchte: Gaststarts für 13- bis 21-Jährige sind grundsätzlich möglich (mit einer B- oder Tageslizenz), die Kosten dafür betragen pauschal 990 Euro.

www.adac-motorsport.de/adac-junior-cup/de/

Fotos: Buenos Dias