Ajo´s Erfolgsrezept

Aki Ajo ist ein alter Hase im GP-Business. Als aktiver Fahrer stieg er vor 15 Jahren in die Rennszene ein, seit 2001 ist das GP-Fahrerlager praktisch sein zweites Zuhause. Längst hat sich der ehrgeizige Finne als Teamchef an die Spitze hochgearbeitet. In den letzten fünf Jahren hat er drei Fahrer zu 125er bzw Moto3-Titeln begleitet, Marc Marquez ebenso wie Sandro Cortese. Wenn Luis Salom dieses Jahr den Titel einfährt – und die Chancen dazu stehen bestens – wird Ajo´s Bilanz weiter aufpoliert, dann wären es vier Titel in sechs Jahren. Aki legt großen Wert auf erfolgreiches Teamwork, eine Eigenschaft, die er mit KTM Sportdirektor Pit Beirer teilt. Wir haben den skandinavischen Teamchef in einer ruhigen Minute gebeten, uns einen Einblick in seine Arbeit zu geben und sein Erfolgrezept zu umschreiben, wobei sich drei Bereiche herauskristallisiert haben.

 

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Ajo: »Die Erfahrung, die man sich angeeignet hat, spielt eine wichtige Rolle. Auf diesem Level in der Weltmeisterschaft zählt jedes Detail, man sollte also sehr genau wissen, was man tut. Die meisten Leute, die in der Szene arbeiten, sind früher selbst gefahren oder dem Motorradsport auf andere Weise sehr eng verbunden. Ich war früher selbst aktiv und als ich darüber nachdachte, was ich anschließend machen könnte, war der Gedanke ein Team aufzubauen, natürlich naheliegend. Ich habe 1996 mit dem Rennfahren aufgehört, nach einem schweren Unfall. Ich wurde mehrfach operiert und während der langen Genesungsphase im Spital hatte ich genug Zeit, Pläne für die Zukunft zu schmieden. So gründete ich schließlich eine Firma und versuchte anschließend, das Team unter allen Aspekten Schritt für Schritt zu verbessern – sportlich wie organisatorisch.«

»Als ich selbst Rennen fuhr, kam es immer wieder vor, dass ich gewisse Dinge nicht so in die Tat umsetzen konnte, wie ich es mir gewünscht hätte; oder dass einfach die Finanzen es nicht zuliessen. Vielleicht war ich nicht das allergrößte Talent, aber es war enorm schwierig für mich als Finnen, im GP-Zirkus Fuß zu fassen. Ich habe unglaublich viele Dinge lernen und mir aneigenen müssen. All das wollte ich nutzen und weiter sinnvoll anwenden, als es daran ging, meine Zukunft als Teambesitzer zu gestalten. Dieser Lernprozess hält bis heute an. Man kann immer etwas dazu lernen und sich ständig weiter entwickeln; insbesondere, wenn man merkt, dass man auch als älter werdende Person vor dummen Fehlern nicht gefeit ist.«

»Derzeit beschäftige ich rund 30 Personen, für das Red Bull Ajo Team, ein zweites Satelliten-Team sowie ein kleines Team mit zwei Fahrern in der Spanischen Meisterschaft. Nur wenige Mitarbeiter sind in mehrere Projekte involviert. Grundsätzlich sind es meist bestimmte Gruppen und Teammitglieder, die sich das Jahr über einer Aufgabe in einem Team widmen.«

 

Über das Team und die Arbeitsweise

Ajo: »Systematisch arbeiten ist ein wichtiger Aspekt. Dazu benötigt man einerseits erfahrene Mitarbeiter, andererseits neue und junge Mitarbeiter. Gute Leute sind wichtig, dass diese zusammen passen und gut miteinander klarkommen, ebenfalls. Trotz geregelter Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten versuchen wir immer, flexibel zu bleiben. Wir sind nicht starr organisiert, so dass bestimmte Dinge auch anders angegangen werden können, wenn es Sinn macht oder sich anbietet. Auch organisatorisch kann man immer dazu lernen. Ich bin vielleicht schon älter und verfahre nach einer bestimmten Methodik, trotzdem wäre es ein Fehler, nicht auch offen zu sein für neue Ansätze und gute Ideen.«

»Bei uns werden die Zuständigkeiten im Team auf mehrere Schultern verteilt. Das hat sich bewährt. Als ich als Teamchef anfing, habe ich versucht, alle Fäden selbst in der Hand zu halten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das nicht zielführend war. Besser ist es, mit guten, motivierten Leuten zu arbeiten und diese verantwortlich ihren Job erledigen zu lassen. Meine Rolle im Team ähnelt deshalb inzwischen mehr der eines Projektleiters.«

»Punkto Business fällt mir die Hauptrolle zu. Das macht auch insofern Sinn, weil ich bei Kontakten zu Firmen und Sponsoren alle Entscheidungsträger schon seit vielen Jahren kenne. Das erleichtert es, Meetings effizient und erfolgreich zu gestalten. Es gibt etliche Führungskräfte im Fahrerlager, die sich bestimmten Fahrern verbunden fühlen, was natürlich okay ist. Ich persönlich denke aber, dass es an Stelle eines Starfahrers für ein Team auf längere Sicht von Vorteil ist, wenn die Interessen des Teams im Vordergrund stehen.«

»Wir haben mehrere GP-Fahrer, derzeit sind es drei plus ein vierter im Satelliten-Team, trotzdem agieren wir wie eine Gruppe. Wir tauschen uns offen aus und halten keine Informationen versteckt. So können alle voneinander profitieren. Das hilft allen, sich zu verbessern, was nur positiv ist. Im Team trägt jeder seinen Teil zum Erfolg bei, egal ob er eine Verkleidung repariert oder die Box ausfegt. Bei uns sind alle gleich wichtig. Diese Einstellung hängt mit meinem Werdegang zusammen. Als mein Team anfänglich klein war, habe ich mich um extrem viele Dinge kümmern müssen, und wichtig waren am Ende alle.«

»Eine GP-Saison zieht sich lange hin. Mit den notwenigen Testfahrten sind wir rund 200 Tage im Jahr unterwegs. Das heisst: Als Team und »Rennfamilie« verbringen wir mehr Zeit zusammen als mit unseren richtigen Familien zu Hause.«

 

Über den Umgang mit Partnern

Ajo: »Wir haben starke Partner, mit denen wir eng und vertrauenvoll zusammen arbeiten, was notwendig ist, weil Rennsport sich heutzutage auf einem Level abspielt, der erheblichen Einsatz und finanzielle Mittel erfordert. Es hat früher – wie auch heute noch – kleine Teams gegeben, die großartige sportliche Leistungen gezeigt haben, wovor ich großen Respekt habe. Aber professionell Grand-Sport-Sport zu betreiben, erfordert einfach große und starke Partner. Deshalb sind KTM und Red Bull so wichtig für uns, auch Air Asia und alle anderen. Auch technische Partner, mit denen wir zusammen arbeiten und die zu uns passen, sind von großer Bedeutung. Ohne diese Unterstützung kann es schwierig werden. Wenn der uns zugeteilte Reifentechniker seinen Job nicht ordentlich macht, wäre das nicht gut; genauso wie wenn Akrapovic nicht auf unsere Sonderwünsche eingehen würde.«

»Je mehr Respekt Du involvierten Leuten entgegenbringst, desto eher sind sie auch bereit, sich einzusetzen und das gewisse Extra mehr zu leisten. Deswegen arbeiten wir immer mit vollem Einsatz. Wenn wir im Gegenzug helfen können, tun wir das natürlich. Als die KTM Rennabteilung beim Testen der Red Bull Rookie Bikes Unterstützung benötigte, waren unsere Fahrer sofort dabei. Wenn man zusammen arbeitet, sind die vertraglich geregelten Detail manchmal nicht so wichtig. Eine Zusammenarbeit muss geschmeidig funktionieren. Je motivierter man sich einbringt, desto mehr bekommt man auch zurück.«

 

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