Ana Carrasco – Allein in der Männerwelt

Ana Carrasco hat für das Team Calvo-KTM in der Moto3-WM ihre erste WM-Saison absolviert, als Teamgefährtin von Maverick Viñales. Die Spanierin hat gegen andere Fahrer gekämpft, Erfahrungen gesammelt; auch die Bewältigung mancher Vorurteile gehörte dazu. Ana konnte sich zunächst sechs Mal in den Top Twenty klassifizieren. Beim Malaysia-GP in Sepang im Oktober brauste sie dann auf den 15. Platz und eroberte ihren ersten WM-Zähler. Die letzte Frau, der das gelang, war vor zwölf Jahren Katja Poensgen. In Valencia gelang der 16-jährigen Ana aus Murcia mit Rang 8 schließlich ihr bisher bestes Resultat. Wir haben uns nach dem Saisonfinale mit Carrasco getroffen und ein wenig geplaudert. Was sie uns erzählt hat, ist nachfolgend aufgezeichnet….

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Ana Carrasco über ihre Lernkurve….

»Mit das Wichtigste, was ich mir aneignen musste, war das Lernen neuer, mir unbekannter Rennstrecken und so schnell wie möglich gute Rundenzeiten zu erzielen. Auf WM-Level ist es so, dass die meisten Fahrer weniger als eine Sekunde auf den Rundenrekord verlieren, und das von der ersten Trainingssession an. Das Niveau ist also extrem hoch, und es ist sehr schwierig, auf Anhieb mitzuhalten. Natürlich verbessert man sich, aber die anderen Fahrer legen natürlich auch zu. Ich habe viel über Setup und Einstellungen an der Maschine lernen können, und auch wie man ein immer besseres Gefühl im Grenzbereich bekommt, wenn man spätestens jedes zweite Wochenende in den Sattel klettern darf.«

 

Über das Reisen rund um den Globus….

»Ständig auf Achse zu sein, war anfänglich gewöhnungsbedürftig; es ist ja auch nicht gerade gewöhnlich, nach Amerika oder sonstwohin zu reisen, nur um dort Motorrad zu fahren. Aber schließlich wird auch das Routine; letztlich verleiht ja gerade der internationale Flair der WM einen speziellen Anstrich. Am besten gefallen hat mir Australien, Phillip Island ist fantastisch, das Ergebnis für mich war auch nicht schlecht, vor allem im Training. Mir hat es jedenfalls sehr getaugt dort.«

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Als Frau in der Männerwelt….

»Natürlich wird man als Frau stärker beobachtet und steht deshalb auch stets unter Druck. Das allgemeine Interesse ist höher, jeder schaut auf die Ergebnisse und was ich so anstelle. Wenn ein männlicher Rennfahrer Letzter wird oder sonstwo landet, wird das zur Kenntnis genommen und damit hat es sich. Passsiert es bei mir, sind nicht selten irgendwelche Sprüche die Folge. Wenn es gut läuft, ist die Aufregung ebenfalls recht groß. Es ist schon etwas schwieriger als Frau in dieser von Männern dominierten Sportart. Manchmal hilft es, einfach zu ignorieren, was einem alles zu Ohren kommt oder was Journalisten manchmal von sich geben. Würde man sich alles zu Herzen nehmen, könnte man kaum mehr unbeschwert und schnell Motorrad fahren.«

 

Über das Calvo-Team und ihren weltmeisterlichen Teamkollegen….

»Im WM-Fahrerlager fühle ich mich längst heimisch. Mein Team ist großartig und hat alles unternommen, damit ich mich wohlfühle. Ich bin froh und dankbar, dass ich mit dem Calvo-Team meine erste WM-Saison absolviert habe. Wenn es gut lief, war das immer auch ihr Verdienst. Ich bin immer prima mit Maverick Viñales ausgekommen. Er ist ein guter Typ und wir haben zusammen ein paar nette Momente erlebt. Überhaupt komme ich mit den meisten Fahrern gut klar, mit manchen mehr, mit manchen weniger. Gut befreundet bin ich mit Jasper Iwema. Wir haben vor der Saison sogar zusammen trainiert; Jasper ist ein lustiger Bursche.«

 

Über die Saison 2013 und das kommende Jahr….

»Für mich war 2013 ein gutes Jahr. Ich habe eine Menge gelernt und mir reichlich Erfahrung aneignen können; beides wird mir 2014 zu Gute kommen. Ich weiß noch nicht, wo ich künftig fahren werde, aber sobald das Team feststeht, werde ich meine künftigen Erfolgsaussichten besser beurteilen können.«

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Fotos von Gold and Goose