Auf der Suche nach Orange in The Bike Shed

Essen, arbeiten, Freunde treffen, shoppen, Motorräder ansehen und bewundern und sich die Haare schneiden lassen: All das bietet The Bike Shed in London in coolem Biker-Ambiente. Dieser Ort ist anders als alles, was wir bisher gesehen haben, und zwischen all den Custom-Bikes und Motorrad-Devotionalien findet sich sogar ein Klecks Orange …

Dieser tief im schwer angesagten und trendigen Shoreditch-Bezirk im Herzen Londons gelegene Ort ist ein Muss für jeden, der auch nur einen Hauch Interesse für Motorräder hegt. The Bike Shed öffnete seine Tore vor etwas mehr als einem Jahr und entstand ursprünglich aus einem Blog sowie einer Reihe von jährlichen Shows/Ausstellungen, veranstaltet von Anthony ‚Dutch‘ Van Someren und seiner Frau Vikki. Der Standort dieses frei zugänglichen Members-Clubs beinhaltet ein gut bewertetes Restaurant, Ausstellungs- und Event-Flächen, einen Shop, in dem man Produkte aktuell „angesagter“ Marken wie Roland Sands, Deus und Bell sowie Artikel der hauseigenen Kollektion erstehen kann, eine Lounge und sogar einen Barbier-Shop.

Bereits wenn man das Eingangstor durchschreitet, fällt der Blick auf eine Reihe von Motorrädern, von Pendler-Bikes über Bonnevilles bis hin zu Adventure-Tourern, und einmal über die Türschwelle getreten, fällt einem sofort das blitzsaubere und atmosphärische Innere mit den ebenso makellosen Spezial-Kreationen auf, die sich auf der Geschäftsfläche verteilen. Anfänglich wirkt The Bike Shed fast etwas zu überwältigend. Man kann sich fast nicht entscheiden, worauf man den Blick als Nächstes werfen soll … und wünscht sich, man wäre mit dem eigenen Bike gekommen.

The Bike Shed Motorcycle Club ist natürlich ein ‚Club‘ und wirkt wie ein Ort, an dem sich Fans aller möglichen Motorräder – von Retro-Klassikern bis zu MotoGP-affinen Supersportlern (am Wochenende werden die Rennen auf Bildschirmen gezeigt) – zuhause fühlen können. Das kam als eine kleine Überraschung, zumal man ihn durchaus für etwas ‚exklusiv‘ halten könnte.

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Es erfüllt uns mit Freude, zwischen all den Custom-Bikes verschiedener europäischer Marken – auf einem Ehrenplatz – auch den getrimmten und herausgeputzten Motor einer 525 SM zu erblicken. Als wir mit Dutch ins Gespräch kommen, lernen wir einen Mann kennen, der nicht nur immer am Puls der Zeit und der Mode in der Motorrad-Branche – speziell in Großbritannien – ist, sondern auch aufmerksam verfolgt, was Mattighofen in den letzten fünfzehn Jahren hervorgebracht hat.

„Ich liebe KTMs“, schwärmt er. „Mein erstes richtiges Motorrad in London war eine KTM 600 LC4 in Rot, Weiß und Blau mit batteriebetriebener Beleuchtung und einer Q-Nummerntafel für Fahrzeuge unbekannter Herkunft. Sie hatte nur ein Kickstartersystem und keinen Seitenständer. Ich musste sie an die Wand lehnen! Ich lebte damals in Camden und kann mir nicht erklären, warum sie nie geklaut wurde! Ich habe auf verschiedenen Motorrädern das Offroad-Fahren gelernt und hatte danach eine KTM LC4 650 SMC, dann eine KTM 950 SM, eine KTM 990 SUPER DUKE und dann eine KTM 1290 SUPER DUKE R. Ich liebe die Dinger.“

Dutch ist offensichtlich ein vielbeschäftigter Mann. Er macht bereits Pläne für eine weitere Show im Tobacco Dock in London im Mai und betreibt diesen Laden in Shoreditch, der täglich an Ansehen gewinnt und vierzig Menschen beschäftigt. Er kommentiert gerne und leidenschaftlich, wie sich die Motorradindustrie Naked-/Custom-/Retro-Modellen zuwendet und wie dieser Trend hilft, Motorräder weiter in den Mainstream zu rücken. Ein Blick auf den The Bike Shed Blog macht klar, dass dieser Mann sein Fach beherrscht – in technischer und ästhetischer Hinsicht. Natürlich hat er auch eine Meinung zum aufstrebenden Street-Lineup von KTM. „KTM baut hervorragende Motorräder, das Kiska-Design aber polarisiert. Ich fand die KTM 990 SUPER DUKE damals fantastisch, aber als die KTM 1290 SUPER DUKE R auf den Markt kam, kam sie mir so ‚verrückt‘ vor. Wenn du dieses Motorrad fährst, kannst du das nicht in Jeans und Converse-Schuhen machen. Ein dunkles Visier und ein Kohlefaser-Vollvisierhelm sind bei diesem Bike ein Muss.“

Man kann den Street-KTMs wahrlich nicht vorwerfen, dass sie Betrachter kalt lassen oder kein Urteil über ihr Styling ermöglichen. „Ich fand die neue KTM 790 DUKE, die auf der EICMA präsentiert wurde, richtig gut“; erzählt uns Van Someren. „In mir stecken zwei Naturen: Der Biker, der Kleidung mit fragwürdiger Optik trägt und sehr schnell fährt, und der Ehemann und Papa, der im Medienbereich arbeitet. Bei der KTM 790 DUKE hatte ich das Gefühl, dass sie diese beiden Aspekte etwas näher zusammenbringt. Eine KTM kauft man sich [normalerweise] für das ‚zweite Ich‘. Das ist wie sich mit einer PlayStation hinzusetzen und sich in einen Charakter in Call of Duty hineinzuversetzen. Genau das passiert, wenn du dich auf eine KTM setzt. Du willst wie Jeremy McWilliams sein und die F&E-Abteilung bei KTM hat dir all diese Performance gegeben. Wer kann heute aber tatsächlich alles aus einem Bike herausholen? KTMs erfüllen immer ihren READY TO RACE-Anspruch und werden immer fantastisch sein und diese Nische bedienen.“

Die Arbeit und die Atmosphäre bei The Bike Shed basiert auf einer sich stetig weiterentwickelnden Faszination für Motorräder und deren viele Arten und Formen (Van Someren: „Ständig kommen neue Dinge durch die Tür, die nichts mit dem letzten ‚neuen Ding‘ gemeinsam haben … so wird es wirklich niemals langweilig.“). Und trotz der großen Vielfalt der Motorräder im Hof zögert Dutch nicht, in Erinnerungen an frühere PS-Monster zu schwelgen. „Die erste SUPER DUKE fuhr sich so gut und einfach“, sinniert er. „Meine KTM 950 SM hatte den besten Motor und die beste Gasannahme aller Bikes, die ich je gefahren bin … bis KTM sie mit Kraftstoffeinspritzung ausgerüstet hat! Ich hätte liebend gerne eine KTM ADVENTURE und sollte ich jemals planen, eine Wüste zu durchqueren, würde ich dafür auf jeden Fall eine KTM wählen. Die 690er und KTM 950 SM sind nach wie vor unübertroffen; meine Maschine hatte dank Chris von X Bikes 99 PS am Hinterrad – das nenne ich gute Arbeit!“

Tochtermarke Husqvarna Motorcycles veranlasst Dutch zu einer leidenschaftlichen Reaktion – ‚die 701 ist ein umwerfendes Ding und die Farben sehen einfach legendär aus‘ – allerdings ist es für The Bike Shed ganz normal, dass der Eigentümer und Manager, der fast jede wache Stunde in seinem Refugium in Shoreditch verbringt, begierig über die Motorräder spricht, die ihn bewegen. Besucher der englischen Hauptstadt sollten auf jeden Fall einen Abstecher in die Old Street Nr. 384 einplanen.

Fotos: IR