Bràààp-klick-Bràààp

Lies das ‘klick’. Noch einmal. Schneller. Jetzt halbiere die Zeit. Das ist die Dauer, die die KTM 1290 SUPER DUKE GT braucht, um einen der cleversten Wechsel in der Geschichte des Unternehmens auszuführen. Wir erklären, wie den Zauberern der KTM-F&E dieser Trick gelungen ist. Und warum du diesen Quickshifter an deiner nächsten KTM unbedingt haben willst.

KTM 1290 SUPER DUKE GT MJ2016

KTM 1290 SUPER DUKE GT MJ2016

Wir haben das Jahr 2016. Warum hat es so lange gedauert, einen Quickshifter zu entwickeln?
Erich Friedl (Teamleiter EMS-Applikation): „Ganz einfach. Wir wollen keinen Schrott anbieten. 2007, während der Entstehung der RC8, haben wir mit dem Entwicklungsprozess begonnen, aber wegen der großen Leistung des Zweizylinders zerstörte unser Konzept das Getriebe. Wir wussten, dass wir uns eine elegante, aber komplexe Lösung einfallen lassen mussten. Das hat Zeit gebraucht. Klar, wir hätten schon seit langer Zeit das System eines externen Zulieferers nutzen können, aber das hätte vermutlich zu ähnlichen Pannen geführt. Das wollten wir vermeiden. Stattdessen haben wir uns dazu entschieden, viele Arbeitsstunden zu investieren und wenn ich heute mir der 1290 GT fahre, spüre ich, dass es die Anstrengungen wert war. Aber du hast recht, es wurde endlich Zeit.“

Wie funktioniert das System?
Erich Friedl: „Das ist leider streng geheim.”
Christian Pichler (EMS-Applikation): „Nein, ist es nicht. An den Schaltstangen befindet sich ein Magnethalter und ein Sensor. Von außen sieht alles ziemlich sauber aus; keine unordentlichen Kabel oder hässlichen Blackboxen. Der integrierte Sensor erkennt den Winkel der Schaltstangen. Wenn ein Fahrer hochschalten will, erkennt der Sensor einen Anstieg des Winkels und sendet eine Schaltanfrage an die ECU, die dann die Zündung und Kraftstoffeinspritzung unterbricht. Und schon ist ein neuer Gang eingelegt.“

Quickshifter

Was ist so besonders an diesem speziellen System?
Erich Friedl [aufgeregt]: „Zunächst ist es die Art, wie der Sensor den so genannten ‘Fahrerwunsch’ erkennt. Wir haben jedes mögliche System mit mehr als 20 verschiedenen Fahrern, unter verschiedensten Bedingungen getestet; in der Salzburger Innenstadt und in Spielberg. Als wir einen drucksensitiven Sensor montiert haben, mochten einige Fahrer das Schaltverhalten, aber die meisten waren nicht zufrieden. Wir wollen überall glückliche Gesichter sehen, deshalb haben wir entschieden, etwas eigenes zu entwickeln. Einen winkelabhängigen Quickshifter. Jetzt spielt es keine Rolle mehr, ob der Fahrer große oder kleine Füße hat oder welche Fahrposition er bevorzugt. Es ist keine Robotertechnik nötig, um den Gang zu wechseln, es funktioniert auch auf die altmodische Art: mit deinem Fuß. Es wird eine ganze Sequenz an Ereignissen ausgelöst und die Aktivierung ist jetzt genauso sanft, wie wir es uns vorgestellt haben.“

Christian Pichler: „Aber das ist erst der Anfang. Was dieses System so komplex macht, sind die cleveren Vorgänge, die passieren, nachdem der Sensor die Fahreranfrage erkannt hat. Gangwechsel unter Vollgas oder hoher Drehzahl sind leicht, aber wir wollten einen Quickshifter, der auch mit geringen Lastzuständen zurechtkommt. Sagen wir sanfte Wechsel bei halbem Gas mit 50 oder 60 km/h. Das ist kompliziert bei einem V2 mit 144 Nm Drehmoment, von denen bereits 114 Nm bei 3.250 Umdrehungen zur Verfügung stehen. Wir haben verschiedene Strategien für jede nur vorstellbare Fahrsituation entwickelt, die durch eine Unterbrechung der Zündung und Benzinzufuhr geregelt werden. Wie das System Leistung zurückhält und nach dem Schaltvorgang wieder freigibt, hängt immer vom Kontext ab. Die Rückmeldung unter Vollgas oder unter hoher Drehzahl ist also radikal anders, als wenn der Schaltvorgang bei Tempo 50 stattfindet. Der erste funktioniert blitzschnell, der Letztere eher butterweich.“

Hat der Schräglagensensor, der auch die Traktionskontrolle und das ABS kontrolliert, etwas damit zu tun?
Erich Friedl: „Ja, wenn sich das Bike in extremer Schräglage befindet, funktioniert der Quickshifter nicht, denn in dieser Situation könnte es das Bike negativ beeinflussen. Auch wenn es etwas ist, was nur MotoGP-Fahrern auffallen würde; für Normalsterbliche (auch für die sehr schnellen) wird das nie ein Thema sein. Außerdem verhält sich die Traktionskontrolle anders, wenn man den Quickshifter in einer Kurve benutzt. Das System erkennt das durch die Schräglage und wird die Drehzahl nach dem Schalten ganz sanft erhöhen. Auch wenn du das Gas voll aufdrehst, wird die ECU nur die Drehzahl erlauben, die das Bike in Sachen Grip beherrschen kann. Was den Fahrer am Ende schneller macht.“

KTM 1290 SUPER DUKE GT MJ2016

KTM 1290 SUPER DUKE GT MJ2016

Ich möchte einen. Funktioniert er auch an meiner 1290 SUPER DUKE R, die ja den gleichen Motor hat?
Christian Pichler: „Leider nicht, da er vollständig ins Getriebe integriert ist. Übrigens, wusstest du, dass jeder Quickshifter, den wir montieren, mit seinem Getriebe an der Produktionslinie synchronisiert wird? Es ist wie eine Hochzeit. Der Verantwortliche am Ende der Linie muss eine volle Schaltsequenz auf einem Prüfstand durchlaufen, wodurch die Soft- mit der Hardware harmonisiert wird, um sicherzustellen, dass der Schaltvorgang reibungslos funktioniert. Außerdem ist es möglich, dass der Händler das Getriebe und den Quickshifter mithilfe eines Diagnosetools resynchronisiert, sollte der Motor einmal zerlegt werden müssen.“

Erich Friedl: „Vielleicht solltest du noch ein bisschen warten und dein Bike dann gegen eine neue KTM eintauschen …“

Heißt das …
Erich Friedl: „Ich will damit nur sagen, dass sich unsere Technologie konstant weiterentwickelt. Und den Letztstand kennen nur wir. Auf keinen Fall sollte man einen Quickshifter nachträglich kaufen und einbauen. Diese Systeme unterbrechen nur die Zündung, aber nicht die Benzinzufuhr. Unverbranntes Benzin gelangt in die Auspuffanlage, sammelt sich im Katalysator und wenn der nächste Impuls des Motors kommt: woosh. Es wird glühend heiß und ruiniert auf lange Sicht die Auspuffanlage.“


Ok, Jungs. Danke für eure Zeit.
Zeit zu schalten.

Fotos: KTM