Casey Lytle: Das perfekte Offroad-Bike

R&D-Manager bei KTM Nordamerika zu sein, ist eine unglaublich wichtige und große Aufgabe – eine, die Casey Lytle voller Motivation angegangen ist und durch seine jahrelange Erfahrung beeinflusst hat. Als ehemaliger professioneller Rennfahrer, Testfahrer und Teammanager ist Lytle in der Branche gut bekannt. Jetzt, in seinem zweiten Jahr als R&D-Manager, in dem die neue SX-Modellreihe präsentiert wurde, sprachen wir mit Casey über seinen Job in der R&D.

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Angesprochen auf seine Vergangenheit erzählt Casey, dass er seine Karriere 1996 als Rennfahrer begann, bevor er 2003 KTM-Testfahrer wurde. Seitdem hat er in den verschiedensten Jobs gearbeitet; jetzt sitzt der ehemalige Rennfahrer in der R&D-Abteilung im kalifornischen Murrieta und koordiniert die Kommunikation zwischen den Entwicklungsabteilungen in den USA und Österreich.

„Angefangen habe ich 2003 als Testfahrer für das Rennteam. 2006 verließ Larry Brooks das Team und ich wurde für knapp zwei Jahre Teammanager. 2008 wechselte ich wegen Kosteneinsparungen zum Kundendienst. Als 2010 Tommy Searle und Mike Alessi bei uns gefahren sind, war ich Teammanager bis Roger De Coster zu uns ins Team kam und ich US-R&D-Manager wurde.“

Mit dem Ziel, auch die US-Meisterschaften zu gewinnen, um KTM als feste Größe im Supercross zu etablieren, sind die Beziehungen zwischen dem Werk in Mattighofen und dem Standort in den USA enger als jemals zuvor. Auch ein Grund, weshalb die R&D-Abteilung in den USA konstant gewachsen ist. Nur so kann garantiert werden, dass die neuen SX-Modelle sowohl auf den Strecken in Europa als auch auf den US-Strecken der prestigeträchtigen und hartumkämpften Supercross-Meisterschaft funktionieren.

„Im September haben wir unseren 2017er SX-Test beendet. Bis zu diesem Punkt konnten wir verschiedene Ideen und Feedbacks einbeziehen. Wir haben uns lange auf diesen Test vorbereitet, um auch die Abstimmung für die Federelemente abzuschließen, die sich auch im Serienmotorrad wiederfinden. Wir sind dauernd mit der R&D-Abteilung in Mattighofen in Kontakt und tauschen uns über die verschiedensten Dinge aus.“

„Im Anschluss an diesen Test haben wir die XC-Modelle in North Carolina getestet. Dort findet man eher das Terrain, auf dem in der GNCC gefahren wird; im Gegensatz zu Kalifornien sind die Bedingungen dort ideal. Dadurch können wir sicherstellen, dass wir auch für dieses Bike das beste Setting finden.“

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Der Vorteil der Kooperation zwischen dem US-Entwicklungsteam und dem konstant wachsenden Entwicklungsteam in Österreich sowie WP ist offensichtlich: 2015 gewann KTM den ersten AMA 450 Supercross-Weltmeisterschaftstitel und einen weiteren AMA 450 Outdoor-Titel. Der Entwicklungsprozess wird durch den kombinierten Input immer besser.

„Wie bei jedem Projekt, gibt es auch hier neben den Fortschritten auch immer mal wieder ein paar Rückschritte. Es wird immer ein US-Setting und ein Setting für Europa geben, einfach weil die Strecken verschieden sind, aber der Abstimmungsprozess wird definitiv immer besser. Bei den zahlreichen Tests, versuchen wir die Bikes möglichst gut auf die Wünsche der Fahrer – vom langsamen bis zum schnellen Fahrer – abzustimmen. Unsere Erkenntnisse geben wir dann an die R&D in Österreich und an WP weiter. Wir testen, was aus Österreich kommt, genau wie umgekehrt, um herauszufinden, was am besten funktioniert und normalerweise finden wir einen Kompromiss, mit dem alle zufrieden sind.“

Es muss ein großartiges Gefühl sein, dass die harte Arbeit Früchte trägt und die Fortschritte der SX-Modelle 2016 so viel positive Resonanz erhalten.

„Manchmal unterstützen wir Journalisten und Magazine bei ihren Vergleichstests und kriegen ihr Feedback dort natürlich aus erster Hand zu hören. An den 2016er Bikes haben wir lange gearbeitet und ich denke, das Endergebnis kann sich sehen lassen. Die Modellreihe ist einfach nur großartig und ein bedeutender Schritt vorwärts. Nicht, dass sie vorher schlecht gewesen wäre, aber KTM entwickelt sich zu diesem Zeitpunkt schneller als jeder andere Hersteller.“

Aber wo beginnt man mit der Weiterentwicklung des nicht gerade schlechten Vorgängermodells? Über jedes Detail, neue Konzepte und neue Materialien nachzudenken, kann einiges an Kopfzerbrechen bedeuten.

„Die Entwicklung der 2016er SX-Modelle begann, noch bevor ich in die R&D kam. Es begann mit neuen Rahmen, die die Geometrie des Motorrades verändern würden, einer anderen Position der Fußrasten etc. Wir kriegen Vorschläge aus Österreich, testen sie und geben unser Feedback; in den meisten Fällen werden wir uns sehr schnell einig. Meist ist es das Setting der Federelemente, das sich unterscheidet. Das liegt an den unterschiedlichen Streckenbedingungen in Europa und den USA; hier sind sie ebener und schneller. Als nächsten kam ein modifizierter Rahmen.“

„Nach einigen Tests hatten wir ein Bike mit einer neuen Geometrie, aber im alten Design; ein Vorteil, denn so konnten wir in Ruhe testen, ohne neugierige Blicke auf uns zu ziehen. Es war aufregend, als wir das neue Bike zum ersten Mal gefahren sind … anschließend wollte niemand mehr mit dem alten fahren! Es ist nochmal ein ganzes Stück besser, wodurch ein paar negativere Eigenschaften des älteren Bikes hervortreten, auch wenn man sie vorher kaum wahrgenommen hat. Phasenweise fahre ich sehr viel und dann wieder weniger, aber wir haben ja zum Glück eine Vielzahl an Testfahrern.“

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Die SX-Modelle 2016 waren Caseys erstes großes Projekt, aber trotz einiger Herausforderungen, genießt er seine Arbeit und die Chance, durch seine Arbeit einen Unterschied machen zu können. Er ist Motorradenthusiast durch und durch und hilft nach wie vor in der Werkstatt aus.

„Das beste an meinem Job ist, dass ich mit Motorrädern arbeiten kann, denn damit bin ich aufgewachsen. Ich habe nicht unbedingt erwartet, in der R&D zu landen, da ich eher der bin, der sich gerne die Hände schmutzig macht, statt hinter einem Schreibtisch zu sitzen, aber ich bin nach wie vor involviert und sehe, wie die Dinge vorangehen.“

„Ich habe jetzt zwar nicht mehr so viel mit dem Rennteam zu tun, aber natürlich spreche ich mit Roger über die Entwicklung und mögliche Probleme. Sie absolvieren auch den finalen Test mit dem Bike, damit wir sichergehen können, dass es auch ihren Ansprüchen genügt, insbesondere mit Hinblick auf das Reglement in den US-Serien. Einige ausgewählte Fahrer werden in den gesamten Prozess eingebunden. Leider können wir nicht allen diese Möglichkeit bieten, denn sobald sie das neue Bike gefahren sind, wollen sie nicht mehr auf ihr altes Material zurückwechseln!“

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Wie in jedem Job, gibt es auch hier ab und zu Schwierigkeiten und den konstanten Druck, immer das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Und wenn die gesamte Offroad-Welt auf die neuen KTM-Modelle wartet, steht eine Menge auf dem Spiel. Aber durch jahrelange Erfahrung und die gute Zusammenarbeit der beiden Entwicklungsabteilungen, war die Präsentation der neuen SX-Modelle ein voller, mit weiteren Meisterschaften gekrönter Erfolg.

„Was den Druck und den Stress angeht, ist der allerletzte Test wahrscheinlich der schwierigste. Zwei Wochen Zeit, um das beste Setting, das beste Level zu finden, bevor das Bike auf den Markt kommt. Im ersten Jahr wusste ich nicht genau, was ich erwarten konnte, das war eine komische Situation, aber dieses Jahr haben wir so viel getestet – Minimum drei Tage die Woche – und beim finalen Test wussten wir, dass wir ein gutes Bike entwickelt hatten und uns viele Möglichkeiten offen standen. Es hätte gar nicht besser sein können.“

Fotos: KTM | Jen Dick