Das erste Mal: Was passiert, wenn man Kinder mit zwei Rädern und einem Motor bekannt macht?

Wann ist der richtige Zeitpunkt? Ab wann können wir – als reife, verantwortungsbewusste und fürsorgliche Eltern – unsere Sprösslinge mit dem wunderbaren Gefühl des Motorradfahrens vertraut machen? Für einen Erwachsenen, der bereits süchtig ist nach diesem speziellen, niemals nachlassenden oder langweilig werdenden Gefühl, ist es selbstverständlich, diese Begeisterung mit jemandem teilen zu wollen. Ganz ähnlich wie bei unzähligen Eltern und Kindern, die durch einen Sport, ein Team, Fandasein oder andere Interessen verbunden sind.

Ich war schon immer gespannt, wann für meine beiden Söhne – Alex, im Oktober neun Jahre alt und Jordi, sechs – der richtige Zeitpunkt kommen würde. Durch den Beruf ihres Vaters, waren sie seit ihrer Geburt von Motorrädern und Rennsport umgeben. Und ich gebe zu, auch ein anderer Grund spielte eine Rolle. Wir leben in Barcelona, einer Metropole, in der geschätzt fast 300.000 Motorräder/Roller unterwegs sind und damit eine der europäischen Städte mit den meisten Zweirädern ist. Es ist also nur logisch anzunehmen, dass sie an irgendeinem Punkt ihrer Jugend mit einem Motorrad unterwegs sein werden, entweder mit ihrem eigenen oder als Mitfahrer. Warum also nicht bereits in jungen Jahren erste Erfahrungen sammeln? So wie man ja auch früh lernt, zu schwimmen, Fußball zu spielen oder Fahrrad zu fahren. Apropos, Fahrradfahren. Dieses Verständnis für die Dynamik und Balance auf zwei Rädern war eine Grundvoraussetzung, bevor ich überhaupt in Erwägung ziehen konnte, bei KTM um ihr kleinstes Junior Modell, die KTM 50 SX, zu bitten, die ich mir für diese Premiere ausgesucht hatte.

Jordi, Alex & KTM 50 SX

Jordi, Alex & KTM 50 SX

Da sowohl Alex als auch Jordi mit ihren Fahrrädern umgehen konnten, stand einem ersten Roll-Out mit einem motorisierten Zweirad nichts mehr im Wege. FOX stellte netterweise die passende Ausrüstung zur Verfügung (obwohl die Hosen, wie die meisten Hosen, für Jordi viel zu groß waren) und Leatt bot mit dem Fusion Neck Brace und Protektoren den perfekt sitzenden Schutz, auch für kleine Körper. Zunächst schien es, als wäre die Ausrüstung etwas zu schwer, aber die Jungs äußerten keine Beschwerden.

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READY TO RACE?

Nachdem ich die 50 SX MY15 bei KTM Spanien abgeholt hatte – eine fast schon zum Verwechseln ähnliche Replica ihres großen Bruders mit Renthal-Lenker, schwarzen Felgen und Racing-Design – fragte ich mich, ob das die Art Einführung werden würde, die ich im Sinn hatte. Meine Jungs freuten sich schon seit Monaten auf ihr Debüt; im Winter wurde immer häufiger die Frage gestellt, wann „ihre“ KTM denn nun endlich ankommen würde, natürlich immer unter dem besorgten Blick ihrer Mutter, die eher widerstrebend ihre Zustimmung zu diesem Vorhaben gab. Nurias Elternhaus am Fuße der Pyrenäen in einem idyllischen grünen Tal, bot den perfekten Ort, um die 50 SX das erste Mal anzustarten.

Jordi stand schon am Anfang vor einem großen Problem. Der kleine Mann kam kaum mit den Füßen auf den Boden und auch das Gewicht des Motorrads (40+ kg) ließ ihn zweifeln. Der Sechsjährige ist eigentlich zu allem bereit, aber hier ließ er vernünftigerweise seinem großen Bruder den Vortritt. Während sie ihre Ausrüstung anzogen, stieg die Aufregung und Vorfreude spürbar ins Unermessliche. Mehrere Male saßen die beiden bereits in voller Montur, inklusive Helm und Schutzbrille, in ihrem Kinderzimmer, aber jetzt wurde es ernst.

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Jordi, Adam & KTM 50 SX

Die erste Hürde war das Gewicht, aber schnell war klar, dass sie das nötige Gefühl für Zweiräder, den Lenker und die Vorderbremse mitbrachten; die Hinterradbremse hingegen war neu. Zunächst schob ich beide Jungs den kleinen, leicht abfallenden und mit Gras bewachsenen Hügel hinunter, so dass sie sich an die Bremsen gewöhnen konnten. Trotz der Wolken und dem leichten Nieselregen war ich es, der ins Schwitzen kam. Nachdem ich das Motorrad am Anfang noch festgehalten hatte, fühlte sich Alex schnell sicher genug, um selbstständig zu fahren und zu bremsen.

Jetzt kam der Motor ins Spiel. An diesem Punkt wäre es von den beiden noch zu viel verlangt gewesen, das Motorrad per Kickstarter zum Leben zu erwecken, als übernahm ich diese Aufgabe. Das Geräusch des Zweitakters war Jordi nicht geheuer und er fühlte sich sichtlich unwohl, so dass er sich entschied, den Rest des Tages als Zuschauer zu verbringen. Auch mit Hilfe fühlte er sich unsicher und hatte Schwierigkeiten das Bike zu kontrollieren. Rückblickend betrachtet, hätte Jordi bei seinem Alter und seiner Größe eine PeeWee oder eine 50 SX Miniversion gebraucht.

Im Gegensatz dazu war ich erstaunt, wie schnell Alex mit der KTM zurechtkam. In einer geraden Linie fuhr er zu seiner Cousine Clara und hielt problemlos an. Ich drehte das Motorrad in die andere Richtung und er fuhr die Strecke wieder zurück. Zunächst etwas zögerlich bei jedem neuen Schritt, gab er nie auf und gewann zunehmend an Selbstvertrauen, so dass es ihm immer besser gelang, die Geschwindigkeit mit dem rechten Handgelenk zu kontrollieren. Kurze Zeit später fuhr er seine erste Kurve und nach gut 20 Minuten drehte er die ersten Runden durch die Wiese. Ich war ziemlich stolz, wie schnell er seine Angst überwunden hatte und wie schnell er ein Gefühl für die richtige Balance und das Gas entwickelte. Zum ersten Mal in seinem Leben stellte sein Gehirn eine Verbindung zwischen seiner rechten Hand und der Geschwindigkeit her. Als er für eine kleine Verschnaufpause anhielt, fragte ich ihn nach seinem Gefühl: „Am Anfang habe ich mich ein bisschen gefürchtet; ich wollte nicht den Hügel runterfahren und mir die Knochen brechen.“ Offensichtlich hatte er zu viele Motocross-Geschichten von mir gehört. „Das war aufregend.“

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Alex, Adam & KTM 50 SX

Bald ließ sich die 50 SX nicht mehr starten. Ein kurzer Blick in den Tank und Schütteln des Motorrads bestätigten, dass nur noch ein paar Tropfen Benzin übrig waren – das Ende unseres Ausflugs. Auf unserem fünfminütigen Rückweg nach Pardines – mit der KTM hinten im Auto – konnte ich deutlich spüren, dass Alex sich fühlte, als wäre er um ein paar Zentimeter gewachsen. Immer wieder sagte er, dass seine Schulfreunde ihm nicht glauben würden, wie er einen kleinen Teil seines Wochenendes verbracht hatte. Zuhause mussten wir sogar zwei Fotos ausdrucken, eines in voller Rennausstattung ohne Helm und ein Actionbild, so dass alle sehen konnten, dass auch wirklich er gefahren war (seit wann sind Kinder so zynisch?!). Das Gefühl der Erleichterung und Genugtuung wurde nur durch die Tatsache gedämpft, dass die Jungs genau wussten, dass die KTM schon bald wieder auf dem Weg nach Österreich sein würde.

Ständig lesen wir von den vielen Hindernissen, mit denen Motorradfahrer im 21. Jahrhundert konfrontiert sind: der Umweltaspekt (besonders relevant bei Offroad-Motorrädern), Kampagnen für mehr Sicherheit auf der Straße, steigende Versicherungsprämien, Schwierigkeiten bei Krediten und die hohen Kosten für den Führerschein. Eines der vorherrschenden Gefühle, das sich nach der ersten Fahrt der Wheeler Boys einstellte, war, dass Motorradfahren – trotz aller Hindernisse – immer noch diesen gewissen Nervenkitzel verursacht, dieses Gefühl, es selbst zu erleben. So viele Menschen, darunter Ikonen wie Steve McQueen und Valentino Rossi, haben versucht, dieses bestimmte Gefühl in Worte zu fassen. Aber es gibt diesen Ausdruck im Gesicht eines Menschen, der zum ersten Mal mit einem Motorrad gefahren ist, der keiner Beschreibung oder Erklärung bedarf. Ich könnte schören, dass Alex mich mit genau diesem Gesichtsausdruck anschaute, der sagte „Ich habe es geschafft …“. Und es werden immer mehr; laut Statistiken der Regierung wurden allein im letzten Jahr 46.000 Testfahrten im Vereinigten Königreich absolviert.

Wheeler Boys

Wheeler Boys

Ein passendes Klischee, um diesen Beitrag abzuschließen, wäre zu sagen, dass Alex zwar mit dem Motorradfieber infiziert wurde, sich als sensibler und fröhlicher Achtjähriger aber mindestens genauso über eine Kugel Eis und ein paar Fußballkarten für seine Sammlung freute.

Ich habe keine Zweifel, dass der Grundstein für die Zukunft gelegt wurde. In diesem Alter Zugang zu einem Motorrad zu haben, ist ein außergewöhnliches Vergnügen; eine neue Erfahrung im Leben von Jordi und Alex zu einer Zeit, in der noch so viele neue Erfahrungen folgen werden. Als Eltern will man seinen Kindern möglichst viel von dem zeigen, was das Leben und die Welt zu bieten hat (hier ist das Klischee) und die 50 SX war ein Beispiel für all die Dinge, auf die sie sich noch freuen können. Vielleicht probieren wir es noch einmal mit einer 65 SX

Fotos: Adam Wheeler

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