Das längste Rennen

1981 stürzte der Waliser Elfed Weaver bei einem Rennen auf dem Snetterton Motor Racing Circuit in England und ist seitdem gelähmt. Sich auf ein Leben im Rollstuhl einzustellen, war eine Sache, aber die Unfähigkeit das zu tun, was er am meisten liebte, führte dazu, dass er Motorräder aus seinem Leben verbannte. Aber der Wunsch, irgendwann wieder ein Rennen zu fahren, ließ ihn nicht los; 34 Jahre später, steht er wieder in der Startaufstellung.

Motorradfahren macht süchtig. Das wissen wir alle. Nichts ist mit diesem Gefühl vergleichbar, das man auf einem Motorrad erlebt. Fragt man passionierte Motorradfahrer, dann wird dieses Gefühl nie langweilig, eher intensiver.

Es spielt keine Rolle, auf welchem Level man fährt – Amateur oder Profi – Motorradfahren verändert einen. Racing liegt einem im Blut und ist aus dem Leben nicht mehr wegzudenken.

READY TO RACE – KTM weiß das nur zu genau. Der Rennsport ist bei KTM tief verwurzelt, genauso wie bei ihren Kunden. KTM weiß genau, wie sie ticken, versteht das Verlangen schnell zu fahren, sich zu verbessern, immer mehr zu wollen.

Elfed Weaver ist 57 Jahre alt und einer von diesen Süchtigen. Sein Name ist wohl kaum jemandem bekannt, aber wenn man bei einem Amateurrennen oder einem Track Day im Vereinigten Königreich das Fahrerlager besucht, dann ist er der Mann im Rollstuhl neben einer 690 DUKE.

Elfed Weaver & KTM 690 DUKE

Elfed Weaver & KTM 690 DUKE

1981 stürzte Elfed bei einem Amateurrennen auf dem Snetterton Motor Racing Circuit, einem ehemaligen Flugfeld, in England. Unglücklicherweise stürzte der Waliser mit dem Kopf voran in die Streckenbegrenzung und brach sich den Rücken zwischen den Wirbeln T5 und T6, so dass er dauerhaft, von der Brust abwärts, gelähmt ist.

Die Funktionsfähigkeit seiner Beine zu verlieren, war schwer zu akzeptieren und zu bewältigen, aber Motorräder waren Elfeds große Leidenschaft seit er als 13-Jähriger die walisischen Täler seiner Heimat zu seiner Rennstrecke machte. Nicht mehr die Freiheit des Motorradfahrens genießen zu können, war wahrscheinlich die größte Enttäuschung.

Nach seinem Unfall, an dem er sich selbst die Schuld gibt, war Elfed emotional nicht in der Lage, Motorradrennen zu schauen oder sich in der Nähe von Motorrädern aufzuhalten. Auf den Wunsch Motorrad zu fahren, reagierte er, indem er sie aus seinem Leben ausblendete. Er vergrub sich in wissenschaftlichen Studien, obwohl er nie gerne zur Schule gegangen war, erreichte gute Uni-Abschlüsse und verließ die akademische Welt 1995 mit einer ganzen Reihe von Abschlüssen inklusive einem als Postdoktorand, bevor er eine Stelle in einer Forschungseinrichtung des Verteidigungsministeriums antrat.

Die ersten Versuche zum Rennsport zurückzukehren, begannen nach einer, wie er es beschreibt, ‘kurzen aber ziemlich erfolgreichen’ Karriere beim Verteidigungsministerium; 2010 ging er in Rente. Geschieden und ohne Arbeit, reichte es Elfed irgendwann nicht mehr Brieftauben zu züchten und mit dem Hund zu gehen, so dass er sich wieder dem Motorradsport zuwendete.

„Ich habe überlegt, mit einem Trike zu fahren. Ich hatte schon eines zur Hälfte fertig gebaut, als ich realisierte, dass ein Trike kein Motorrad ist!“ sagte Elfed mit vollem Ernst.

Nachdem er das Programm „The Bike Experience“ entdeckt hatte – eine Wohltätigkeitsorganisation, die Motorradfahrern mit Behinderung dabei hilft, wieder Motorrad zu fahren – fuhr Elfed 2011 in Castle Combe zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder mit einem Motorrad.

„Um ehrlich zu sein, war es gar nicht das Schwierigste, wieder auf einer Rennstrecke zu fahren“, erklärt Elfed. „Aber aus der Boxengasse zu fahren und die Strecke vor mir zu sehen, das war ziemlich emotional. Aber genau diese Erfahrung habe ich gebraucht und danach war ich mir sicher: Ich würde wieder Motorrad fahren.“

Elfed & KTM 690 DUKE Donington 2015

Elfed & KTM 690 DUKE Donington 2015

Vor dem Unfall war es Elfeds Ziel, die nationale Rennlizenz zu machen, um am Manx Grand Prix teilzunehmen, der auf dem berühmten Kurs der Isle of Man gefahren wird, sich aber speziell an Amateurfahrer richtet und jetzt Teil der Classic TT ist.

Das erste große Ziel war es also, eine Runde auf der legendären Isle of Man zu schaffen. Nachdem er auf Industriegebiet, Nebenstraßen und Rennstrecken mit einer modifizierten Daytona 675 trainiert hatte, umrundete Elfed die Insel im Oktober 2012.

„Ich glaube, ich war der erste gelähmte Fahrer, der die Insel umrundete. Ich brauchte etwa 45 Minuten und es war ziemlich anstrengend. Ich hatte einige Schreckmomente durch den starken Wind und auf dem Weg zur Glencrutchery Road konnte ich meine Hände nicht mehr spüren. Niemand hat groß Aufhebens darum gemacht, dass ich die Runde geschafft hatte, was mich am Anfang ein bisschen geärgert hat, aber dann wurde mir klar, dass es dabei nur um mich ging – nicht um die Anerkennung.“

Da seine Arme die meiste Arbeit beim Fahren übernehmen, suchte Elfed nach einer Alternative zu den Supersport-Motorrädern, die seine Hände zu stark belasteten; er brauchte ein leichtes Bike mit höherem Lenker und viel Leistung für Track Days und das Fahren auf der Straße. Die Antwort hieß 690 DUKE.

2013 begann Elfed seine DUKE mit PowerParts umzubauen, zum Beispiel mit einer per Daumen bedienbaren Bremse und Schaltung. Und er entwickelte seine eigenen einfahrbaren Stützräder.

„2014 bin ich ungefähr fünf Track Days gefahren“, erzählt uns der charismatische, grauhaarige Elfed, als wir ihn nach dem Training für sein Comeback in Donington treffen. „Die Stützräder musste ich schon bald wieder abmontieren, da sie immer den Boden berührt haben. Im Laufe der Zeit wurde ich immer schneller und selbstsicherer und dann bot sich irgendwann die Möglichkeit ein Rennen zu fahren.“

„Seit meinem Unfall bis heute hat sich so vieles im Motorradsport verändert, was bedeutet, dass auch Menschen mit einer Behinderung wieder auf ein Motorrad steigen und Rennen fahren können. Es ist nicht nur die Ingenieurskunst, die eine per Daumen steuerbare Bremse und Schaltung hervorgebracht hat, es ist die ganze Einstellung bei Rennsportveranstaltungen. Wir werden nicht mehr als Gefahr betrachtet und man behandelt uns so wie alle anderen Fahrer. Dave Stewart von der Thundersport GB Rennserie hat uns hier großartig unterstützt.“

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Unglaubliche 34 Jahre nach seinem letzten Rennen ist der KTM BLOG in Donington Park bei Elfeds Comeback auf der Strecke in Derbyshire. Das Training läuft gut (auch wenn er nicht besonders glücklich ist, soweit hinter den Schnellsten zu liegen), und das System, wie der Waliser am Ende der Session von seinem Rennmotorrad in den Rollstuhl wechselt, ist beeindruckend. Elfed hat die Erlaubnis am Ende des Feldes zu starten, statt aus der Boxengasse. Seine größte Sorge ist, neben viel schnelleren Motorrädern aus der goldenen Superbike-Ära in der Startaufstellung zu stehen.

„Es gibt kaum ein vergleichbares Gefühl, als wenn ein Starterfeld auf die erste Kurve zufährt. Das ist einer der schönsten Momente im Rennsport und einer, an den ich mich immer erinnern werde. Aus der Boxengasse zu starten, wäre nicht das Gleiche gewesen“, beschreibt Elfed seine Gefühle. „Aber ich muss aufhören, mir Gedanken um die schnelleren Fahrer zu machen und mich auf meine Linie konzentrieren.“

Dann kommt das Rennen. Obwohl sich die Sonne durch den wolkigen Himmel kämpft, ist es nicht besonders warm. Elfed fährt auf seinen Startplatz am Ende des Feldes, wo sein Freund Lee wartet, um das Motorrad festzuhalten. Die Ampel springt auf grün und Elfed macht sich auf den Weg, mit dem vollen Sound des Akrapovič-Rennauspuffs.

Elfed, Lee & KTM 690 DUKE

Elfed, Lee & KTM 690 DUKE

Acht Runden vergehen. Elfed hat nicht gewonnen. Er hat niemanden überholt und wurde zweimal überrundet. Er ist letzter und liegt 38 Sekunden hinter dem vorletzten Fahrer. Aber nichts davon ist wichtig. Er hat das Rennen beendet, mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Ein Lächeln, das sowohl Euphorie als auch Erleichterung ausdrückt. Er ist wieder ein Rennfahrer. Man muss ein besonderer Mensch sein, um den Mut aufzubringen, bei einem Rennen zu fahren – das gilt auch für geübte Track Days-Fahrer. Elfed ist einer dieser besonderen Menschen. Nicht nur, dass er wieder lernt, schnell zu fahren, er lernt auch Rennen zu fahren; dazu gehört auch, den Van zu packen, sich um das richtige Equipment, den Reifendruck und die Ideallinie zu kümmern.

„Ich will immer schneller werden und das kommt Schritt für Schritt. Dieses Jahr möchte ich zehn Rennen fahren, um meine Clubman-Lizenz zu bekommen. Nächstes Jahr die nationale Lizenz, um dann hoffentlich am Southern 100 Rennen in Castletown auf der Isle of Man teilzunehmen. Wenn ich dieses Ziel erreiche, dann höre ich auf. Vielleicht.“

Folge Elfed auf Twitter @e4fed.

Elfed Weaver Rennen 2015

  • 26.-27. Juni – Oulton Park
  • 11.-12. Juli – Pembrey
  • 25.-26. Juli – Thruxton
  • 25.-27. September – Donington Park

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Fotos: Garry Fox | Luke Brackenbury