DAS NORDKAP IM WINTER – TEIL 3: GESCHAFFT!

Motorräder, die am frühen Morgen unter einem Berg aus Schnee begraben liegen und mit durchschnittlich 40 km/h auf endlosen, schneebedeckten Straßen fahren: Unsere winterliche Reise zum nördlichsten Punkt auf dem europäischen Festland war mit Herausforderungen gespickt.

Dem Ziel immer näher: Tugce und Fatih vor den Toren des Nordaps auf ihren KTM Motorrädern
PC @Ride2World

Auf unsere letzte, mit 128 km relativ kurze Etappe zum Nordkap brachen wir von der Stadt Olderfjord aus auf. Über Nacht war viel Schnee gefallen und wir waren nicht wenig überrascht, unsere Bikes am Morgen unter einem riesigen Berg Schnee wiederzufinden. Wenn schon auf unserem Campingplatz so viel Schnee gefallen war, wie würden erst die Bedingungen auf der Straße werden?

Um so viele Informationen wie möglich zu bekommen, gingen wir ins Internet und sahen uns die Aufnahmen der Verkehrskameras auf unserer Route an. Außerdem mussten wir herausfinden, ob irgendwelche Straßenabschnitte gesperrt worden waren. Sodann kochten wir uns mit unserem Campingkocher ein paar Eier und schwangen uns in den Sattel. Die letzten paar Kilometer waren atemberaubend – viele geschwungene Kurven und einige überwältigende Ausblicke auf das Meer. Bei besseren Bedingungen wäre das die perfekte Straße für eine Motorradfahrt gewesen.

Die Umgebung sieht fast unwirklich aus – Tugce wundert sich, wie es wohl wäre, ihre KTM 690 ENDURO R hier unter besseren Bedingungen zu fahren
PC @Ride2World

Unsere Nachforschungen ergaben, dass wir die letzten 12 km bis zur Spitze des Nordkaps als Teil eines Konvois hinter einem Schneepflug würden zurücklegen müssen. Aus diesem Grund beschlossen wir, bereits bei Sonnenaufgang zu unserer letzten Etappe aufzubrechen. Der Konvoi sollte um 11:00 Uhr früh losfahren. Die Straße bis zum Startpunkt des Konvois war allerdings so schwierig, dass wir erst um 14:00 Uhr dort ankamen. Sicher, dass wir den Konvoi verpasst hatten, begaben wir uns zu unserem Hotel …

Beim Check-in aber informierte uns der Rezeptionist: „Heute gibt es keinen Konvoi. Die Straße ist offen. Wenn ihr das Nordkap erreichen wollt, solltet ihr das heute tun. Wir erwarten bald einen Sturm und dann wird die Straße gesperrt bleiben.“ Wir schwiegen für ein paar Sekunden, sahen uns in die Augen und begannen, Pläne zu schmieden.

Tugce und ihr unverwechselbares Lächeln – selbst in den schwierigsten Momenten der Reise behielt sie den Fokus auf das Hauptziel
PC @Ride2World

Die Fahrtstrecke betrug jeweils 34 km hin und zurück, das würde normalerweise drei Stunden dauern. Wenn wir 30 Minuten am Ziel verbrachten, würden wir es noch vor Sonnenuntergang zurück schaffen. Wieder einmal beschlossen wir, uns dem Unbekannten zu stellen, und grinsten. Genau diese Art zu Reisen gefällt uns beiden.

Unser letzter Abschnitt bis zum Nordkap wurde uns dadurch erleichtert, dass wir über Funk miteinander sprechen konnten. Am Ziel wimmelte es von Bussen voller Besucher des Nordkaps. Viele von ihnen machten Fotos von uns, als ob bekannte Persönlichkeiten angekommen wären. Wir waren überrascht aber glücklich. Auch wir machten viele Fotos und fuhren dann zurück zum Hotel.

Als wir das Hotel erreichten, begann der Sturm bereits, sein Gesicht zu zeigen, und wenige Minuten später fiel der erste Schnee. Immer wieder versicherten wir einander, dass wir das Nordkap in den kommenden Tagen und Wochen wahrscheinlich nicht gesehen hätten, wenn wir die Fahrt an diesem Tag nicht gewagt hätten.

Im Winter zum Nordkap… auf Motorrädern: Tugce und Fatih können das nun auf ihrer Bucketlist abhaken
PC @Ride2World

Am darauffolgenden Tag genossen wir im Hotel ein üppiges Frühstück und erblickten etwas klaren Himmel – ein Zeichen für uns, unsere Sachen zu packen und loszufahren. Es fiel kein Schnee, aber es blies eine steife Brise, die von allen Seiten zu kommen schien. Die Natur ist manchmal unbarmherzig. Die Windgeschwindigkeit betrug 58 km/h. An einer ungeschützten Stelle der gewundenen Straße traf uns der Wind mit solcher Wucht, dass wir Mühe hatten, nicht umzukippen. Zum ersten Mal auf dieser Fahrt hatten wir Angst und fühlten uns irgendwie verzweifelt.

Dennoch hatten wir das Hauptziel unserer Reise – den nördlichsten Ort am europäischen Festland zu besuchen – erreicht und wollten nun den besten Weg zurück finden und schlechtes Wetter wenn möglich vermeiden. In Schweden und Finnland ist es kälter, aber man ist besser vor Wind und Niederschlag geschützt. Manchmal schützten uns die umliegenden Berge, aber nicht immer war es so einfach.

Außerdem wurde es immer schwieriger, einen Ort zum Übernachten zu finden. Die Unterkünfte auf der Karte waren meistens geschlossen und auf unserem Weg ins Landesinnere passierten wir immer weniger Ortschaften. In den kältesten und abgelegensten Gegenden schliefen wir deshalb in unserem Zelt, das sich – zusammen mit unseren Camping-Utensilien – wieder mal als unbezahlbar erwies.

Das Ride2World-Duo mit den Wegbegleitern ihrer Wahl: eine KTM 690 ENDURO R und eine KTM 790 ADVENTURE R
PC @Ride2World

Es war uns wichtig, das Risiko von Nachtfahrten, wenn möglich, zu vermeiden. Aus diesem Grund schlugen wir normalerweise unser Lager auf, bevor die Sonne unterging. Eines Nachts beschenkte uns Mutter Natur besonders reich: Der ganze Himmel über unserem Zelt und ringsherum war von Nordlichtern bedeckt. Das war eines der Highlights unserer gesamten Reise.

Auf unserem Weg nach Süden trafen wir in Schweden andere Reisende. Sie luden uns in ihre Häuser ein und unsere einsame Reise wandelte sich in eine gemeinschaftliche Erfahrung, genau wie wir es lieben. Auf diese Art schlossen wir Freundschaften fürs Leben. Je näher wir Stockholm kamen, desto weniger Schnee und Eis lag auf den Straßen, und wir konnten endlich die Spikes von unseren Reifen entfernen. Am Hafen von Nynäshamn nahmen wir die Fähre nach Danzig und kamen dort nach einer 18-stündigen Fahrt an.

Camping unter den Nordlichtern und deine Motorräder parken vorm Zelt: was kann man sich besseres wünschen?
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In Polen wurden wir von Sonnenschein empfangen und realisierten zum ersten Mal die Tragweite dessen, was wir geschafft hatten. Es war Zeit, die Reise Revue passieren zu lassen. Sie hatte uns tief berührt und die Chance gegeben, uns zu verbessern. Wieder einmal hatten wir uns gegenseitig bewiesen, dass keiner von uns beiden den anderen jemals im Stich lassen würde. Wir waren geduldiger und stärker geworden. Wir waren Zeuge der Kraft von Mutter Natur geworden und daran erinnert worden, dass wir sie respektieren müssen. Wir waren nicht nur deshalb stolz auf uns, sondern auch, weil wir die Reise gesund und sicher hinter uns gebracht hatten.

Ohne unsere treuen KTMs wäre sie aber unmöglich gewesen. Selbst bei klirrender Kälte waren sie jedes Mal beim ersten Knopfdruck angesprungen. Auf den kalten und eisigen Straßen funktionierten sie problemlos und bewiesen, wie zuverlässig sie sind. Auf dieser Reise haben wir eine besondere Beziehung zu unseren Bikes entwickelt und wir freuen uns jetzt schon auf das nächste gemeinsame Abenteuer. Alles, was sie brauchen, ist eine gute Wäsche und vielleicht ein kleines Service.

Durch Teamwork kann man alles schaffen: Ride2World und ihre KTMs haben den Trip zum Nordkap unter eiskalten Bedingungen gemeistert
PC @Ride2World

Eine Reise zum Nordkap steht bei vielen Motorrad-Weltreisenden auf der Wunschliste. So eine Fahrt aber im Winter zu machen, ist eine ganz besondere Erfahrung. Die 5 Orte, die uns bei unserer Fahrt zum Nordkap am besten gefallen haben, sind:

1. Das Nordkap selbstverständlich …

2. Lappland, um die Nordlichter zu sehen und die einzigartige Kultur der Sami kennenzulernen

3. Tallinn ist ebenfalls ein magischer Ort

4. Danzig – für uns die schönste der baltischen Städte

5. Der nördliche Polarkreis

Wir danken euch dafür, dass ihr euch für unsere Geschichte interessiert habt, und hoffen, euch irgendwann auf der Straße zu begegnen …