DIE HARTE WELT DES MOTOGP™-ESPORTS

Sowohl die reale als auch die virtuelle MotoGP™-Weltmeisterschaft des Jahres 2021 geht Mitte November in Spanien zu Ende. Traditionell geht in Valencia das letzte Rennen der Saison über die Bühne; gleichzeitig wird dort aber auch das große Finale der MotoGP™-eSport-Meisterschaft veranstaltet. Ist der virtuelle Wettstreit eventuell härter, als du denkst?

Red Bull KTM Factory Racings e-Sport Repräsentant Jack Hammersley fährt die Nummer 67 in der MotoGP™ eSport Meisterschaft
PC @KTM

2021 ist bereits das fünfte Jahr für die MotoGP™ eSport Championship. Die Meisterschaft zieht Scharen von Fans aus aller Welt in ihren Bann und weckt aus mehreren Gründen die geschäftliche Neugierde der echten MotoGP™-Teams und -Marken.

Erstens ist da das Spiel selbst. ‚MotoGP™ 2021‘ wird vom Entwicklungsstudio Milestone, das den Titel seit fast zehn Jahren auf Plattformen wie PlayStation, Xbox, Windows und Nintendo Switch anbietet, produziert und Jahr für Jahr verfeinert. Seit 2013 wurden bei jeder Version Authentizität, Spielbarkeit und Genauigkeit hinaufgeschraubt. Und zweitens bedeutet die starke Verbundenheit zwischen Spielern aus so weit auseinander liegenden Ländern wie Chile und Neuseeland, dass es einfacher als je zuvor ist, sich mit anderen zu vernetzen. Drittens zieht das wachsende Interesse an eSports viele Teilnehmer und Zuschauer an, was zur Folge hat, dass Rundfunknetzwerke aus den Meisterschaften Unterhaltungspakete schnüren und direkt mit dem, was Menschen in ihren Wohnzimmern tun, verbinden. Ein professioneller ‚Gamer‘ und damit Teil einer Organisation zu sein, die sich ein Stück des schnell wachsenden Gaming-Kuchens sichern will, ist heute ein ernst zu nehmender Beruf.

Beim Videospielen sind eine hervorragende Hand-Augen-Koordination, blitzschnelle Reflexe und eine eiserne Konzentration gefragt – ähnlich wie in der ‚echten‘ MotoGP™ auch
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Um an der MotoGP™-eSport-Meisterschaft teilnehmen zu können, muss man einen Auswahlprozess aus vier ‚Herausforderungen‘ durchlaufen. Die besten/schnellsten 22 Spieler, die aus diesem Prozess hervorgehen, steigen in den Pro Draft auf, wo sie auf die drei besten Spieler des Vorjahres treffen, die sich ebenfalls qualifizieren. Dann wählen die 11 offiziellen MotoGP™-Teams einen Nummer-1-Fahrer und einen Ersatzfahrer für die globale digitale Rennserie.

Eine Saison der realen MotoGP™ umfasst achtzehn Grand-Prix-Rennen, während es der eSports-Kalender auf vier Läufe mit jeweils zwei Rennen auf acht verschiedenen Strecken bringt. Bis dato wurde bereits in Portimao, Mugello, auf dem Sachsenring und dem Red Bull Ring, auf Phillip Island und in Misano gefahren. Der vierte und letzte Lauf findet in Valencia statt, wo die Spieler direkt an der Rennstrecke Ricardo Tormo auch virtuell auf demselben Kurs sowie dem Circuit of the Americas antreten werden, um den Sieger unter sich auszumachen. Als Hauptpreis winkt ein brandneuer BMW.

Jack Hammersley (‘JackHammer4658’) tritt für Red Bull KTM Factory Racing an
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Vertreter einer bestimmten Generation haben Probleme damit, sich vorzustellen, wie schwierig das Spielen auf diesem Niveau ist. Wie bei jeder Aktivität macht Übung den Meister. Außerdem sind beim Videospielen eine hervorragende Hand-Augen-Koordination, blitzschnelle Reflexe und eine eiserne Konzentration gefragt – ähnlich wie in der ‚echten‘ MotoGP™ auch. Gamer müssen zwar nicht mit den körperlichen Strapazen eines 350 km/h schnellen Motorrads, den Elementen, der Gefahr und den entsprechenden Kräften fertigwerden, aber auch sie müssen sich extrem konzentrieren, denn auch im virtuellen Raum geht es um Bruchteile von Sekunden. So wie sich MotoGP™-Fahrer jedes Jahr an ein neues Bike und ein neues Fahrgefühl mit neuen Michelin-Reifen gewöhnen müssen, werden digitale Fahrer mit einer neuen Game-Physik konfrontiert.

Tech3 KTM Factory Racings e-Sport Repräsentant Matteo Mazzucchelli aka. ‘DarkBright’
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„Dass sich das Spiel jedes Jahr ändert, macht es richtig hart“, sagt etwa Matteo Mazzucchelli, alias ‚DarkBright‘, der Tech3 KTM Factory Racing repräsentiert. „Ich hatte mit der 2019er- und der 2020er-Version ein gutes Gefühl und konnte mich nach drei Jahren endlich für die Global Series 2021 qualifizieren! Aber für 2021 wurde viel verändert. Vorher musste man hart bremsen, in die Kurve gehen und sehr aggressiv beschleunigen. Nun muss man sanfter, kontrollierter fahren. Das kommt meinem Stil nicht entgegen und ich musste mich anpassen.“

„In Portimao war ich einer der Schnellsten“, gibt der 18-jährige Brite Jack Hammersley (‚JackHammer4658‘) zu Protokoll, der für Red Bull KTM Factory Racing ins Rennen geht. „Aber dann aktualisierten die Entwickler vor zwei Monaten die Spielphysik und nun fühlt sich das Bike total anders an. Es ist schwer zu beschreiben, aber das Heck ist viel instabiler. Jetzt habe ich keinen Vorteil mehr und bin immer noch dabei, das gutzumachen.“

MotoGP™ 21 ist einfach zu spielen aber hart zu meistern; Matteo Mazzucchelli trainiert 5-6 Stunden an Wochentagen und sogar noch mehr an den Wochenenden
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Der 27-jährige Mazzucchelli stammt aus der Nähe von Mailand und spielt 5-6 Stunden pro Tag, nachdem er von seinem regulären Job in der Wirtschaft nach Hause kommt. An den Wochenenden und an Feiertagen zockt er sogar 10-12 Stunden. „Es ist meine Leidenschaft,“ so Mazzucchelli. Zwar widmet er nicht seine ganze Zeit Rennspielen und der MotoGP™ (er ist auch ein großer Fan des realen Sports), bestätigt aber, dass eine gewisse Form von Training unumgänglich ist. „‚MotoGP™‘ ist einfach zu spielen, aber schwer zu meistern … besonders, weil viele andere Leute auf der Welt auch 100 % geben.“

Hammersley geht die Sache etwas anders an. „Ich werde bald auf der Uni anfangen, spiele aber schon seit meinem vierten Lebensjahr und liebe Rennspiele. Mein ‚MotoGP™‘-Training ist entspannt. Meiner Meinung nach ist es wichtig, nicht zu verbissen zu sein, um sich nicht auszupowern oder die Motivation zu verlieren. Ich spiele alle zwei Tage und vor einem Wettkampf erhöhe ich natürlich die Intensität.“

Jack Hammersley erklärt, dass auch Gamer, so wie die echten Rennfahrer, Zeit benötigen, um sich für ein Rennen aufzuwärmen
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Trotzdem unterstreicht auch er, wie wichtig Übung ist. „Manchmal liege ich auf Anhieb nur 2 Zehntelsekunden hinter meiner persönlichen Bestzeit und an anderen Tagen bin ich eine ganze Sekunde langsamer. Es dauert etwa 30 Minuten an ‚Aufwärmzeit‘, um richtig schnell zu sein. Man muss mit der Abstimmung herumspielen und versuchen, das richtige Gefühl für schnelle Rundenzeiten zu bekommen.“

Selbst ohne die Einschränkungen aufgrund der Pandemie, durch die viele Menschen ihre Wohnung oder ihr Haus kaum verließen, befanden sich eSports bereits 2020 im Aufwind. Im letzten Jahr wurden die Videos der MotoGP™-eSport-Rennen fast 16 Millionen Mal aufgerufen und von 2,5 Millionen Menschen von Anfang bis Ende verfolgt.

Es ist Mazzucchellis Traum, professioneller Gamer zu werden
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JackHammer4658 und DarkBright streben nach Ruhm und den Schlüsseln für einen neuen BMW (obwohl die beiden aktuell auf dem 7. bzw. 8. Rang in der Weltmeisterschaft liegen); viel wichtiger aber ist die Chance, Profi zu werden und ihren Idolen auch in dieser Hinsicht nachzueifern. „Das wäre mein Traum!“, so Mazzucchelli. „Ich möchte so gerne ein professioneller Gamer werden, aber es ist schwierig, meinen aktuellen Job dafür aufzugeben. Man muss sofort Erfolg haben, sonst wird das nie mehr etwas.“

Auch Hammersley würde „gerne im eSport Karriere machen“. „Dem muss man sich aber mit ganzer Kraft widmen und jahrelang hart trainieren. Ich hoffe, dass die MotoGP™ irgendwann das Niveau der F1 erreicht. Dort geht es sehr professionell zu und das Engagement der Teams ist enorm. Der Sport wächst und vielleicht entwickelt sich auch die MotoGP™ in diese Richtung.“