Die KTM SX250F von Weltmeister Jeffrey Herlings

Im Frühjahr fragten wir Red Bull KTM Technik-Koordinator Dirk Grübel, inwieweit sich Tony Cairolis Werks-MX1-Bike vom einer serienmäßigen 350SX-F unterscheidet. Nachdem Jeffrey Herlings 14 von 15 MX2-WM-Läufen gewonnen und sich den WM-Titel frühzeitig gesichert hat, klopften wir nun erneut beim deutschen Technikus an, mit der Bitte, uns etwas Einblick in die Technik der Werks-SX250F des holländischen Teenagers zu verschaffen.

Dirk Grübel: »Wir nehmen kein Serienbike, um es in alle Einzelteile zu zerlegen. Der Aufbau beginnt mit einem fertig geschweissten Serienrahmen. Wir bringen ein paar zusätzliche Halterungen für den Motorschutz an, danach geht es zum Beschichten, natürlich in Orange; anschließend wird das Bike mit allen notwendigen Komponenten aufgebaut. Etliche Teile stammen aus dem Power Parts Programm und sind für jedermann beim KTM-Händler zu erwerben. An Jeffreys Bike bleiben serienmäßig: Rahmen, Schwinge und Kettenführung. Motorblock und Seitendeckel sind ebenfalls Serienteile – mit Ausnahme des Kupplungsdeckels – sowie der Zylinder. Der Tank entspricht dem Serienteil, das Fassungsvermögen bleibt auch für Rennen auf sandigem Grund identisch.«

»Das Rahmenheck ist speziell aus Titan gefertigt, also leichter, die Sitzhöhe bleibt jedoch unverändert. Das Serienteil ist aus Aluminium, der Unterschied mit Blick auf GP-Einsätze betrifft also lediglich Gewicht und Stabilität; die Konstruktion und sogar die Herstellung bleiben praktisch gleich.«

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»Wie die übrigen drei Fahrer des KTM-Werksteams fährt auch Jeffrey Herlings mit Fußrasten, die 5 mm tiefer angebracht sind. Das verschafft mehr Bewegungsfreiheit. Fünf Milimmeter sind relativ viel und wirken sich signifikant aus beim ständigen Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. Keinen Unterschied gibt es bei den Rädern, das Gleiche gilt für die Gabelbrücken, wenn man davon absieht, das der Gabelbrückenversatz beim MX2-Bike 20 mm beträgt, beim MX1-Bike 22 mm. Unterschiede bei Sitzbank – härter oder weicher – und Lenker sind jeweils durch den Fahrergeschmack bestimmt.«

»Großartige Unterschiede im Vergleich zur Maschine von Jordi Tixier (Herlings MX2-Teamgefährte) gibt es nicht. Anfänglich nutzten beide Kupplungen mit unterschiedlichem Einrückverhalten, inzwischen fahren beide das Gleiche. Jeffrey’s Federung ist etwas härter abgestimmt, weil er größer und schwerer ist. Seine Fahrkünste auf Sand sind bekanntlich überragend, das Setup hat er gemeinsam mit WP ausgetüftelt, allerdings ist das nichts drastisches, es sind nur ein paar Klicks.«

»Herlings legt bei der Motorcharakteristik mehr Wert auf Kraft im mittleren als im oberen Drehzahlbereich, anders als andere Fahrer dreht er eher selten in den Drehzahlbegrenzer. Seine Fahrweise lässt sich generell mit materialschonend umschreiben.«

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»Rahmengeometrie und Schwingenlänge entsprechen dem Serienstand. Jeffrey ist keiner, der hier gerne experimentiert, was uns das Durchprobieren allerlei Variationen erspart. Wenn das Feeling ihm taugt, lassen wir es dabei. Nur wenn Probleme auftauchen, suchen wir nach anderen Lösungen. Funktioniert das Bike wie gewünscht, lassen wir es einfach so und ändern nichts weiter.«

»Normal testen wir zu Saisonbeginn zwei, drei Tage mit dem neuen Bike und sortieren grundsätzliche Dinge aus. Danach gestehen wir weitere Fahrpraxis- und Eingewöhnungzeit zu. Wenn es damit genug ist, in der Regel um Januar herum, gehen wir alle wichtigen Punkte noch einmal in Ruhe durch und klären, ob Modifikationen in bestimmten Bereichen noch erwünscht sind. Das kommt mitunter vor, aber meistens werden weitere Wünsche erst im Laufe der Saison geäußert, wenn fahrerisch das Maximum erreicht ist und der Rennspeed stimmt. Dann versuchen wir, mit Detailänderungen weitere Verbesserungen zu erzielen.«