Ein Kinderspiel? Über Junioren-SX-Bikes und die bahnbrechende Präsentation der KTM SX-E 5

Es geht nicht immer nur um 4-Takter, 450er und Überflieger: Bei KTM haben auch die Junioren-Bikes seit jeher einen hohen Stellenwert und der Fortschritt in Gestalt der elektrisch betriebenen KTM SX-E 5 stellt einen großen Schritt für Kids und die gesamte SX-Reihe dar. Wir haben nach dem Wie, Warum und Wann gefragt …

Neben dem ganzen Rummel um Vorzeige-Motocross-Bikes wie die KTM 450 SX-F, gab es rund um die SX-Reihe des Jahres 2019 auch einige Überraschungen, wenn es um die Junioren-Modelle geht. Die Bedeutung der Nachwuchsbikes wurde bei der diesjährigen EICMA mit der Vorstellung eines der wohl wichtigsten Bikes im Offroad-Segment nochmals unterstrichen.

Mit seinen kleinen SX-Modellen mit 50, 65 und 85ccm Hubraum baut KTM vielleicht einige seiner unverfälschtesten Fahr- und Rennmaschinen. Bereits ab Werk verfügen diese Motorräder über ähnliche oder sogar dieselben Komponenten wie ihre ‚großen Geschwister‘, darunter WP-Federelemente, einen Chrom-Molybdän-Stahlrahmen und viele andere Features, während ihr Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit ihre Racing-Gene zum Ausdruck bringt. Wer jetzt noch Zweifel daran hat, möge sich ansehen, wie viele KTMs im Juli in den Top Ten der EMX 65- und 85-Europameisterschaften der Saison 2018 (sechs in jeder Klasse) in Tschechien platziert waren.

Auch aus Marketing- und Verkaufsperspektive ergibt es Sinn, ein leistungsfähiges Line-Up für Kids anzubieten.

Diese Motorräder sind vielleicht klein, sollten aber niemals unterschätzt werden. Schließlich könnten sie heute die KTM-Fahrer und -Kunden der Zukunft durchs Gelände tragen. „Die Kids sind uns wichtig und um sie auf KTMs zu setzen, muss man sie früh abholen; das zeigt sich sogar bei unseren Werksfahrern“, so KTM Product Manager Offroad Joachim Sauer. „Um unsere Minicycles kümmert sich ein ehrgeiziges Team.“

KTM 85 SX MY2019 © KTM/R. Schedl

Das wichtigste Spiel- und Werkzeug
Bei der 50er ging es KTM vor allem um Benutzerfreundlichkeit und so kommt sie mit einer Fliehkraftkupplung, einer leichten WP AER-Luftfedergabel, einem PDS-Federbein und einem Fokus auf einfaches Handling daher. Mit ihrem Rahmen und High-Performance-Zylinder mit druckgesteuertem Auslass (für viel Drehmoment in der umkämpften 65ccm-Klasse) ist die 65er schon etwas ‚rennlastiger‘ ausgelegt. Um ihrer gesteigerten Erfahrung gerecht zu werden und es den Kids zu ermöglichen, weiter zu lernen, müssen die SX-Modelle auch weiterhin die Messlatte auf der Strecke darstellen.

Und genau das war bei der Entwicklung der KTM 85 SX die Intention. „Wir haben die Entwicklung der 85er sehr ernst genommen, da es sich um ein komplett neues Bike handelt. Wir haben dabei dieselben Strategien angewandt, die auch bei den großen Bikes zum Einsatz kommen, aber mit etwas weniger Intensität”, so Head of Motocross Platform R&D Manfred Edlinger. „Im Rahmen einer Strategie bewegen wir uns normalerweise Schritt für Schritt und Bereich für Bereich vorwärts. Wir haben uns das bei der 85er ganz genau angesehen und einen unserer besten – und jüngsten – Testfahrer für die Konzeptarbeit verpflichtet. Wenn es um die Kids geht, ist es nämlich meist schwierig, gutes Feedback zu bekommen. Die wichtigsten Vergleichstest wurden mit ihm durchgeführt und für die nächste Stufe des Feedbacks haben wir mit Rene Hofer [EMX 125-Rennsieger 2018], einem Junioren-Rennfahrer auf einem höheren Niveau, zusammengearbeitet. Das Jahr 2016 passte in diesem Zusammenhang richtig gut in unseren Entwicklungs-Zeitplan, da das seine letzte Saison in der 85ccm-Klasse war und er so den Prototypen bei fast allen Rennen einsetzen und sich damit am Ende sogar den Titel sichern konnte. Es war eine großartige Sache und wir arbeiteten den ganzen Prozess hindurch zusammen. Wir haben uns neue Themen angesehen, diese auf dem Bike des Testfahrers umgesetzt und dann fanden sie auch ihren Weg in das Rennmotorrad von Rene.“

KTM 85 SX MY2019 © KTM/R. Schedl

Aber auch die 50- und 65-ccm-Bikes wurden nicht vergessen. „Wir versuchen immer, diese Modelle zu verbessern“, fügt Edlinger hinzu. „Die ergonomische Entwicklung ist immer deutlich einfacher, da wir dieselben Prinzipien und Oberflächen verwenden wie bei den größeren Modellen. Trotzdem gibt es kleine Details, die wir immer wieder zu verbessern versuchen, wie zum Beispiel kleinere Griffe.“

Bei den Junioren-SX-Modellen geht es immer auch ganz stark um die Kraft und Power des Bikes. Sie sind wirklich READY TO RACE, und eventuell sogar etwas zu viel für blutige Anfänger, welche die 50er- oder 65er-Klasse übersprungen haben. „Für die KTM 50 SX MINI bieten wir einen Drosselkit an, was sehr gut funktioniert, obwohl die Bikes natürlich alle sehr rennsportorientiert sind und selbst die KTM 50 SX ziemlich viel Power entwickelt. Bei so kleinen Motoren ist es immer schwierig, die richtige Mischung aus Renntempo und langsamerem Fahren zu finden“, gibt Edlinger zu.

An dieser Stelle rückt KTMs nächstes Projekt bei den kleinen SX-Modellen in den Fokus. „Der Kit funktioniert richtig gut … aber um ehrlich zu sein, lösen wir dieses Problem mit der KTM SX-E 5, da wir hier verschiedene Motorsettings ganz einfach umsetzen können“, so Edlinger.

Auf Knopfdruck
KTM hat im Bereich E-Mobility bereits einige Erfahrung. Das Freeride-Konzept wurde bei den Enduro- und Street-Modellen bereits ausgiebig getestet und verkörpert das Ergebnis von mehr als einem Jahrzehnt Forschung und Entwicklung sowie großen Investitionen. Als das jüngste Modell der KTM FREERIDE E-XC Ende 2017 der Presse vorgestellt wurde, unterstrich der CEO der KTM AG, Stefan Pierer, welch wichtige Rolle E-Bikes in den KTM-Modellreihen der Zukunft spielen werden. Im Oktober desselben Jahres sprach KTM erstmals öffentlich über die KTM SX-E 5 und peilt an, dass die neue Technologie im Jahr 2020 neben der KTM 50 SX erhältlich sein wird.

Dabei hat die Entwickler nicht nur die Suche nach alternativen Antriebsmethoden motiviert. Es ist gleichermaßen die erste Leitersprosse für Motorradfahrer generell und KTM-Kunden im Besonderen. „Es handelt sich hier um eine großartige Möglichkeit, die Kids auf zwei Räder zu bekommen“, so Sauer. „Dieses Bike wird extrem benutzerfreundlich sein. Unsere 50ccm-Bikes sind fast Rennmotorräder und für Anfänger einfach zu stark. Mit einem Elektromotor können wir die Leistung und ihre Entfaltung anpassen und das Bike so kontrollierbarer machen. Das wird den ganzen Bereich öffnen und in Sachen Minicycles ist die 50er-Klasse erst der Anfang.“

„Dank der FREERIDE E haben wir mit Elektroantrieben und Batterien schon viel Erfahrung gesammelt, ein Konzept wie die KTM SX-E 5 erfordert aber eine ganz andere Art der Entwicklung, selbst wenn die gleiche Abteilung involviert ist“, erklärt er die längere Entwicklungszeit eines Bikes, welches eigentlich eines der simpleren, aber nicht weniger innovativen von KTM ist. „Jahr für Jahr sammeln wir mit E-Mobilität mehr und mehr Erfahrung.“

„Wir sind sehr zuversichtlich“, gibt uns Edlinger ein Update. Der Ingenieur fügt außerdem hinzu, dass seine eigenen Kinder in verschiedenen Entwicklungsphasen als inoffizielle Testfahrer herhielten! „Die Performance des Prototypen war bereits sehr zufriedenstellend und übertraf sogar unsere Erwartungen. Zuletzt arbeiteten wir noch an der Abstimmung der Leistungsentfaltung, aber selbst im schnellsten Modus konnten auch ungeübte Kinder damit gut umgehen.“

Die KTM SX-E 5 besitzt aber noch einige weitere attraktive Eigenschaften. „Wir haben ein ‚mitwachsendes‘ System, bei dem die Höhe des Bikes angepasst werden kann – ein wirklich raffiniertes Feature, welches die Lücke zwischen den Minis und den größeren SX-Modellen schließt. Zurzeit finalisieren wir die Abstimmung für die verschiedenen Altersgruppen und Könnensstufen.“

KTM hat hart gearbeitet, um sicherzustellen, dass seine Junioren-Bikes auch weiterhin die (wahrscheinlich) beste Wahl für Kids und Eltern darstellen. Die KTM SX-E 5 ist nur ein Beispiel dafür, welchen Stellenwert diese Sparte im Modellaufgebot von KTM hat.

KTM SX-E 5 MY2020 © KTM

Fotos: KTM/R. Schedl | KTM