EIN RÜCKZUGSORT FÜR CHAMPIONS: EIN GESPRÄCH MIT EINER KTM-LEGENDE IN SÜDKALIFORNIEN

Einst legte Kurt Nicoll den Grundstein für das, was heute die KTM-Rennabteilung ist. Wir sprachen mit dem Briten und Chef von ‚Champion MX‘ über ‚Ride-Cations‘, die aktuelle Situation von KTM und seine Meinung zur MXGP-Saison 2021 …  

Kurt Nicoll bietet Motocross-Urlaub für Fahrer aller Fähigkeitsniveaus an – von Beginnern bis hin zu Pros bei Champion MX in Südkalifornien
PC @ChampionMX

Der ehemalige Grand-Prix-Sieger feierte vor Kurzem seinen 57. Geburtstag, fetzt immer noch gerne durch den Dreck und lädt Menschen regelmäßig nach Südkalifornien ein, um mit ihm im Rahmen seines ‚Champion MX‘-Erlebnisses die Rennstrecke unsicher zu machen.

Genau wie der aktuelle KTM Motorsports Director Pit Beirer war Kurt Nicoll kein Unbekannter und wusste genau, wie es an der Spitze des Sports zugeht. Bevor der Deutsche zur Mitte des letzten Jahrzehnts nach seiner eigenen erfolgreichen Karriere die Leitung übernahm, hatte Nicoll dieses Amt innegehabt und sich von einem vierfachen Motocross-Vizeweltmeister auf 500-cm3-Bikes von KTM zum Team Manager und schließlich zum Leiter der Rennabteilung gewandelt.

Ehemaliger Grand-Prix-Sieger Kurt Nicoll hat es immer noch drauf mit seiner KTM 450 SX-F
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In den letzten Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis 2006 (als er sich nach Kalifornien zurückzog und bis 2009 Teil von KTM USA Racing war) war Nicoll für die Geschicke der verschiedenen Teams in den Kategorien MXGP und Enduro, Rally und 125- sowie 250-cm3-GP zuständig. Noch bevor sich der Engländer entschied, seinen Fokus auf Nordamerika zu richten und dorthin auszuwandern, war er ein ‚großes Tier‘ gewesen.

Von seinem Hauptquartier in Temecula aus (nur einen Steinwurf vom amerikanischen KTM-HQ in Südkalifornien entfernt) widmete sich Nicoll dem Supermoto-Sport und anderen Unternehmungen wie seinem ‚Champion MX‘-Programm. Bei ‚Champion MX‘ geht es gleichermaßen um den Spaß und Nervenkitzel beim Motocross-Fahren sowie darum, sich als Fahrer zu verbessern. Dank Nicolls enger Beziehung zu KTM kommt seine ‚Ride-Cation‘ in den Genuss der neuesten SX-F-Bikes, der besten Rennstrecken in Kalifornien und Nicolls eigener Expertise und Leidenschaft. Von seinem Faible für gute Geschichten ganz zu schweigen.

Bei Champion MX können Fahrer aller Skill-Levels an lustigen und lehrreichen “ride-cations” teilnehmen
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„Wir haben ‚Champion MX‘ im Jahr 2016 aus der Wiege gehoben und 2017 unsere exklusive Zusammenarbeit mit KTM begonnen. Dadurch bekommen wir 12 neue Bikes und auch einige Junioren-SXs, sodass unsere Flotte immer brandneu ist und die richtige Größe hat“, so Kurt. „Glücklicherweise verfügen wir hier über gute Strecken. Von meinem Haus aus erreicht man in maximal einer Autostunde mindestens sechs verschiedene Plätze. Meine Gäste bleiben oft eine Woche lang und können jeden Tag eine andere Strecke abfahren oder einfach auf einer bleiben, die ihnen gefällt. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir Glen Helen, den Fox Raceway, den Perris Raceway und Lake Elsinore haben. Das sind schon einige.“

Motocrossfahren auf den prestigeträchtigsten und bekanntesten Strecken – mit den Pros unter den Palmen von Kalifornien – Champion MX macht es möglich
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Laut Nicoll geht es bei ‚Champion MX‘ um mehr als nur freies Fahren oder Fahrlektionen. Seine Organisation ist in der Lage, sich um jedes klitzekleine Detail zu kümmern und für Besucher und Touristen im stets fantastischen Klima Kaliforniens das ideale MX-Erlebnis zusammenzustellen. Dieser gemeinschaftliche Ansatz verhilft seinem Unternehmen zu einer besonderen Stellung. Die Fahrer und Kunden, die zu ihm kommen, sind „bunt zusammengewürfelt“, verrät er. „Ganze Familien und Menschen aller Altersgruppen. Manche unserer Gäste meinen es beim Fahren todernst und wollen sich verbessern. Und dann gibt es welche, die einfach nur fahren und am Abend in den Pub gehen wollen. Wir begrüßen alle möglichen Leute, aber eines haben alle gemeinsam: Dirtbikes und Motocross. Das ist so etwas wie eine Universalsprache und die Community ist großartig. Vor allem stehen alle in irgendeiner Art und Weise auf diesen Sport und das ist fantastisch. Wir haben Leute, die sich lieber selbst um die Logistik kümmern, und wieder andere, die zum ersten Mal hierherkommen, die wir vom Flughafen abholen und zu den Strecken bringen. Da sind wir flexibel und passen uns an die Bedürfnisse der Leute an. Wir haben viele Stammkunden … die sich auf den Strecken ihre Sporen verdienen und uns treffen.“

Champion MXs exklusive Partnerschaft mit KTM bietet Motocross-Fans die Möglichkeit die neuesten KTM SX-F Bikes und Junio-SXs
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„Es gibt in der Gegend ein paar Unternehmen, die ähnliche Erlebnisse anbieten. Unser Vorteil ist aber, dass wir immer wieder neue Bikes bekommen, was uns ziemlich einzigartig macht“, fügt er hinzu – nicht ohne zu erwähnen, dass ‚Champion MX‘ wohl auch für Kalifornier selbst die beste Möglichkeit ist, eine neue KTM SX-F zu bewegen.

Obwohl Nicoll selbst auf viele Jahrzehnte Erfahrung im Rennsport und Motocross (auf beiden Seiten der Boxengasse) zurückblickt, besteht er darauf, dass ‚Champion MX‘ keine Brutstätte für die Stars von morgen ist. „Das hat mich nie gereizt und ist auch nicht meine Absicht“, versichert er uns. „Hier geht es eher darum, dass Menschen Spaß haben und gleichzeitig ihr Können verbessern … wir peilen aber sicher nicht das höchste Niveau an. Es geht eher locker zu. Und ich habe auch auf keinen Fall vor, wieder auf der professionellen Seite des Sports mitzuspielen!“

Champion MX kümmert sich um alles – den Transport, die Abholung vom Flughafen, professionell gewartete Bikes, die Einweisung auf der Rennstrecke und ein Willkommens-BBQ – für ein unvergessliches Motocross-Erlebnis
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All seine Erfahrung bedeutet auch, dass er über die Weiterentwicklung von Motocross Bikes – besonders KTMs – bestens Bescheid weiß. „Ehrlich gesagt haut es mich aus den Socken und das ist einer der großen Vorteile dabei, mit KTM in Kontakt zu bleiben. Nicht auf professioneller Ebene, sondern bei den Serienmotorrädern – und immer wieder bin ich überwältigt“, so Nicoll zum technischen Fortschritt. „Die KTMs des Modelljahres 2023 stehen kurz vor der Veröffentlichung und wieder wurde ein großer Schritt nach vorn gemacht. Sie zu fahren und zu sehen, welche Fortschritte immer noch gemacht werden, war überwältigend. Ich trete oft bei Veteranen-Rennen an und kann sagen, dass die Bikes heute wesentlich besser sind als ich! Dann denke ich daran, wie man sich im Jahr 1993 auf einer 500er KTM garantiert hinlegte, wenn man sich zu sehr in die Kurve lehnte. Die 450er von heute steckt einfach viel mehr weg.“

„Auch die Rennfahrer von heute haben in Sachen Athletik so große Fortschritte gemacht“, fährt er fort. „Man sehe sich nur den Top-Rennsport an – und das tue ich gerne. Die Jungs geben von der ersten bis zur letzten Minute Vollgas. Die älteren Fans sehen die Vergangenheit oft durch die rosarote Brille und reden von 45-Minuten-Rennen. Stimmt, die hat es gegeben, aber wir sind nicht so gefahren wie die Kids von heute!“

Bei Champion MX kann man sein Können auf der Motocrossstrecke verbessen, oder einfach nur ein paar Runden auf der Rennstrecke mit den neuen KTM Motocross Modellen genießen
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Das führt uns zur MXGP und der denkwürdigen Saison 2021, die Jeffrey Herlings für Red Bull KTM im letzten von 36 Rennen in Italien für sich entscheiden konnte. Nicoll hat interessiert zugesehen. „Es war fantastisch“, so Kurt. „… obwohl es schwierig ist, das hier drüben live zu verfolgen. Was für eine 450er-Weltmeisterschaft … und spannend bis zuletzt. Diese Drei [Herlings, Romain Febvre und Tim Gajser] haben sich gegenseitig bis an die Grenzen getrieben; und eine Meisterschaft ist immer spannender, wenn es mehr als zwei Sieganwärter gibt. Mit zweien scheint es immer so, als ob es nur so oder so ausgehen könnte. Ich habe diese Saison wirklich genossen und denke, dass wir eine so spannende Meisterschaft wohl eher nicht so schnell wieder zu Gesicht bekommen werden.“

Kurt Nicoll und eine glückliche “Ride-cation”-Truppe
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Nicolls letzter Besuch im Werk in Österreich war im Jahr 2019. Seit seinem letzten Besuch in seinem ‚Heimatort‘ hat sich der KTM-Auftritt in Mattighofen ungemein gewandelt. Selbst in Murrieta expandiert und floriert KTM Nordamerika. Die Art und Weise, auf die sich das Unternehmen seit seinem Weggang entwickelt hat, ist ein weiterer Aspekt, der Nicoll beeindruckt – besonders die bestens laufende Rennabteilung und ihr Engagement in der MotoGP™. „Es ist toll. KTM ist in Mattighofen nicht wiederzuerkennen, und hier ist es genauso“, fällt ihm auf. „Es ist großartig, das mitanzusehen. KTM hat das richtige Management. Und hat während der globalen Rezession genau das Richtige getan und weiter nach vorn geblickt. KTM hat sich seinen Erfolg wohlverdient. Und dann der Einstieg in den Asphalt-Rennsport; unglaublich, wie gut der gelaufen ist. Als wir uns damals in der 125er- und 250er-Klasse engagierten, war das toll, aber beim Versuch, in der MotoGP™ Motorenlieferant zu sein, waren Erfolge fast außer Reichweite. Nach dem Einstieg [2016] machte KTM schnell große Fortschritte. KTM war immer schon ein Rennunternehmen, selbst als ich in den 1980ern für KTM fuhr. KTM war ein Unternehmen, dessen Wurzeln im Rennsport lagen. Und es fühlt sich immer noch so an, während man bei der Konkurrenz den Eindruck hat, dass es sich um große Konzerne handelt, die mal eben einen Ausflug auf die Rennstrecke machen. Bei KTM steht der Rennsport im Vordergrund – das ist das Geheimnis des Erfolgs von KTM.“