Erfolgreich in der Moto3: Grand Prix-Star Brad Binder

Die Moto3 ist ein herausfordernder Schauplatz, aber eine gute Schule für die besten der jungen MotoGP-Talente. Oft kämpfen zehn oder mehr Fahrer auf ihren 250ccm-Motorrädern ums Podium. Wie fühlt es sich an, einer dieser Fahrer zu sein und vielleicht nach einem anstrengenden Rennen auf dem Podium mit Champagner belohnt zu werden?

Beim achtzehnten und letzten Saisonrennen der Motorrad-Weltmeisterschaft 2015 auf dem Circuit Ricardo Tormo in Valencia trafen wir den Südafrikaner Brad Binder und wollten von ihm wissen, was es braucht, um in der kleinsten WM-Klasse erfolgreich zu sein. Der 20-Jährige aus Potchefstroom, der während der Saison in Spanien trainiert, hat mit seinem Werksmotorrad aus dem Red Bull KTM Ajo Team bisher vier Podiumsplätze eingefahren und verpasste bei den Überseerennen mit einem dritten Platz auf Phillip Island und einem zweiten Platz in der Hitze von Sepang nur knapp seinen ersten Sieg.

Brad Binder Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

Brad Binder Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

„2015 war ein ziemlich wechselhaftes Jahr für mich“, erzählt er uns im mit Lederkombis und Stiefeln vollgepackten Teil des Trucks, den er sich mit Karel Hanika teilt. „Ich habe viel von mir erwartet … vielleicht ein bisschen zu viel. Am Anfang hatte ich wirklich mit dem Bike zu kämpfen, aber dann haben wir in Misano ein neues Chassis bekommen und ab diesem Zeitpunkt lief es viel besser. Es hat einen großen Unterschied gemacht und seitdem konnten wir regelmäßig ums Podium fahren; seit wir das neue Chassis bekommen haben, habe ich dreimal dort oben gestanden. Ich freue mich, dass ich ein weiteres Jahr mit dem Team habe, denn ich kann mich nur verbessern.“

Brad Binder & Karel Hanika Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

Brad Binder & Karel Hanika Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

Das Team in seiner Box …
Binder ist im Red Bull MotoGP Rookies Cup gefahren, daher ist er mit der KTM RC250 GP bestens vertraut und daran gewöhnt, sich in einer Gruppe von starken Fahrern zu behaupten. Nach drei Jahren im Grand Prix mit drei verschiedenen Fabrikaten, weiß die Nummer ‘41’, wie entscheidend die Unterstützung des Teams auf und neben der Strecke ist.

„In der Moto3 geht es so eng zu, dass das Motorrad eine wichtige Rolle spielt und ein gutes Team um dich zu haben, ist eine große Hilfe. Man entwickelt so etwas wie seine eigene Sprache mit dem Team. Wenn man über Chattering oder ähnliche Probleme spricht, dann hat jeder seine eigenen Worte und Beschreibungen für dieses Problem. Am Ende hilft es dabei, sich gegenseitig besser zu verstehen und die Jungs wissen auf Anhieb, was sie tun müssen. Je mehr Erfahrung man zusammen hat, desto einfacher wird es. Das beste daran, Fahrer in einem Werksteam zu sein ist, dass dort einfach die besten Leute arbeiten. Heute [Freitag in Valencia] lag ich 0,2 Sekunden hinter der schnellsten Zeit und war damit Achter! 0,2 Sekunden … das kann man sich kaum vorstellen!“

Brad Binder Sachsenring (GER) 2015 © KTM

Brad Binder Sachsenring (GER) 2015 © KTM

Der Kopf ist wichtig für den Erfolg …
Moto3-Rennen ähneln nicht selten einem unkoordinierten Bienenschwarm und bei den unzähligen Positionswechseln müssen sich die Fahrer mindestens genauso sehr nach hinten wie nach vorne orientieren. Vor allem geht es in solchen Situationen aber darum, ruhig zu bleiben, einen kühlen Kopf zu behalten und einen Plan zu haben.

„Man muss abwägen zwischen alles wagen und clever sein. Wenn zehn andere Fahrer um dich herum sind, die alle um den Sieg fahren wollen, dann muss man aggressiv, aber gleichzeitig auch clever sein und reif und durchdacht handeln. Es bringt nichts, in die Vollen zu gehen und zu versuchen, jede Runde anzuführen, denn damit zeigt man allen, wo man stark und wo man schwach ist, was es ihnen leichter macht, dich zu schlagen.“

„Meist ist immer eine Gruppe von acht bis zehn Fahrern um dich herum, egal was man tut und das macht es so schwierig. Wenn man ein schlechtes Qualifying hat, verliert man auf einmal 0,3 Sekunden oder mehr und muss vom fünfzehnten Platz starten; das sind schlechte Voraussetzungen. Im Mittelfeld und weiter hinten muss man vorsichtiger sein, denn die Fahrer dort sind nicht so erfahren und versuchen manchmal dumme Manöver. Vorne an der Spitze sind es normalerweise immer die gleichen Leute, die ums Podium und um den Sieg fahren und sie wissen, was zu tun ist, daher gibt es weniger Probleme. Ein Aspekt, der am schwierigsten zu lernen ist, ist die richtige Balance und Zeit fürs Mitfahren bzw. aggressives Fahren und Zweikämpfe zu finden. Wenn nur noch drei Runden zu fahren sind, dann ist das keine Frage, dann weiß man, es ist Zeit und gibt einfach alles für den Sieg.“

Brad Binder KTM RC250 GP Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

Brad Binder KTM RC250 GP Valencia (ESP) 2015 © Ray Archer

Sei dir bewusst, wer du bist und was du erreichen willst …
Sich in der MotoGP durchzusetzen, kann schwierig sein. Das Paddock ist ein hartumkämpfter Ort, beeinflusst von Charakteren, Interessen und Macht sowie verschiedenster, internationaler Persönlichkeiten, die die gleichen Ziele und Träume verfolgen. Binder weiß, dass es Mittel und Wege gibt, seinen Namen ins Gespräch zu bringen und sich trotz des konstanten Drucks, sich immer wieder beweisen zu müssen, auf dem höchsten Level des Motorradrennsports zu etablieren. „Es gibt einige Leute, die gerne im Rampenlicht stehen und andere sind eher ruhiger; ich gehöre zu den Ruhigeren! Ich bin gerne für mich und konzentriere mich auf meinen Job. Ich bin nicht hier, damit die Leute über mich reden oder um irgendwie aufzufallen. Ich möchte, dass meine Leistungen und Ergebnisse für sich sprechen: Nicht, dass das bisher allzu oft der Fall gewesen wäre!“

Die Nationalität eines Fahrers kann ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die MotoGP-Saison umfasst 18 Rennen in 13 Ländern und umspannt einen Zeitraum von neun Monaten. Dabei ist es nicht immer einfach, fernab seiner Heimat zu sein. „In Südafrika haben wir einen anderen Lifestyle und es fühlt sich an, als gäbe es dort kaum Beschränkungen. Wenn man dann nach Europa kommt, wo einfach vieles anders ist, um ein professioneller Rennfahrer zu sein, dann will man den Erfolg umso mehr. Man ist schon so weit gekommen und hat so viel investiert, dass man nochmal 10% extra gibt, wenn es auf der Strecke nicht so gut läuft.“

„Am Ende des Tages kommt es nicht darauf an, wie alt du bist oder wie viele Jahre man schon dabei ist; die Teams wollen jemanden, der siegen und aufs Podium fahren kann“, erzählt Binder und spielt damit auf den immensen Druck an, der auf den Fahrern lastet. „Ich habe mich entschieden, ein weiteres Jahr in der Moto3 zu fahren, denn ich glaube, dass dieses zusätzliche Jahr einen entscheidenden Unterschied machen kann. Ich möchte stärker sein, von meinen Erfahrungen aus 2015 profitieren und sie für eine gute Saison 2016 nutzen.“

Brad Binder Le Mans (FRA) 2015 © KTM

Brad Binder Le Mans (FRA) 2015 © KTM

Fotos: Ray Archer | KTMimages.com