Ihr Job ist Motorradfahren – KTM F&E Abteilung Dauerlauf

Zur Entwicklung neuer Motorräder gehört es, fleißig zu fahren und Kilometer abzuspulen. Dafür ist in der KTM F&E die Abteilung Dauerlauf zuständig.

Eine Abteilung in der KTM Fahrzeugentwicklung, die jedes Motorrad durchlaufen muss, neben einer Vielzahl harter Prüfstand-Testprozeduren, ist der Dauerlauf. Hier werden im Straßenverkehr Kilometer abgespult und praktische Erfahrungen gesammelt. Erprobt werden Prototypen, neue Fahrzeuge und Komponenten. Stets über Laufleistungen, die von den verantwortlichen Projektleitern vorgegeben werden. Das können kurzzeitig über 3.000 Kilometer sein, bis zu Langzeittests über 50.000 Kilometer, gelegentlich auch bis zu 100.000 Kilometer.

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Für die Durchführung von Dauerläufen, die stets an ein bestimmtes Projekt gebunden sind, kommen hauptberufliche und freiberufliche Testfahrer zum Einsatz, die wirklich den ganzen Tag nur Motorrad fahren. Der Stamm besteht aus etwa 20 Testfahrern, die abwechselnd koordiniert zum Einsatz kommen. Um die Abläufe kümmern sich ein Abteilungsleiter, vier Mechaniker, eine Dame für die Dokumentation sowie ein oder zwei Auszubildende.

Zwischen 600 und 800 km wird pro Tag mit jedem Fahrzeug gefahren. Im Normalfall fünf Tage in der Woche, manchmal auch am Wochenende. Im Winter wird für drei Monate auf eine der Kanarischen Inseln ausgewichen, weil das Wetter in der Alpenrepublik Österreich bei tiefen Temperaturen, Schnee und Eis dann kein Fahren zulässt. So können die Fahrzeuge weiter auch den Winter hindurch bewegt werden.

Was getestet und ausprobiert wird, ist immer abhängig vom Fahrzeug und dem jeweiligen Entwicklungsstadium. Wenn es um spezielle Prüfungen geht, kann es sein, dass besondere Fahrstrecken mit speziellen Anforderungsprofilen unter bestimmten Belastungszuständen absolviert werden. Ansonsten werden meist Funktion, Haltbarkeit und Verschleißverhalten des Fahrzeugs überprüft.

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Die Fahrweise in Dauerlauf-Prozeduren ist nahe dran an dem, wie ein Motorrad vom Endkunden bewegt wird. Vielleicht ein bisschen schärfer, weil KTM Testfahrer durchweg geübte und routinierte Fahrer sind. Wenn hohe Lastzustände gefordert sind, wird auf Rennstrecken ausgewichen oder es werden Fahrten auf deutschen Autobahnen angesetzt, über einen längeren Zeitraum mit hohen Drehzahlen unter hohem Vollgasanteil. Ansonsten läuft der Fahrbetrieb normal auf Landstraßen und Autobahnen ab.

Der Testfahrerkreis setzt sich unterschiedlich zusammen. Ein relativ kleiner Stamm fährt hauptberuflich jeden Tag Motorrad. Einige betreiben den Testfahrerjob in ihrer Freizeit, aber auch dann ganze Tage. Ein tägliches Pensum von mehreren hundert Kilometern muss man nicht nur körperlich verkraften, sondern auch wollen. Die Bezeichnung „Knochenjob“ ist dabei nicht übertrieben. Bei 35 Grad im Sommer oder vier Grad im Herbst und Regen kann eigentlich vergnügliches Motorradfahren durchaus auch ganz schön anstrengend machen.

Als Testfahrer-Faustregel kann man ansetzen: Die Leute haben durchweg viel Erfahrung und können sich selbst gut einschätzen. Da sind zum Beispiel Fahrtraining-Instruktoren dabei, ebenso Motorradpolizisten oder Pensionäre. Etliche Testfahrer kommen schon aus der eher sportlichen Richtung, haben die Rennambitionen aber grundsätzlich unter Kontrolle. In erster Linie geht es darum, die geforderten Kilometer mit den Bikes zu fahren.

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Bei Dauerläufen wird gewissenhaft Protokoll geführt. Alle Beobachtungen, Anmerkungen und begleitend anfallenden Arbeiten werden aufgezeichnet – digital am Computer, nicht auf Papier. Das spart Zeit und erleichtert der Werkstatt, wie allen Abteilungen der Fahrzeugentwicklung, den Überblick und Zugriff auf die Daten.

Dauerlauf-Prozedere sehen bei 125ern nicht anders aus als bei Big-Bikes. Mit der Ausnahme, dass die Gesamtdistanzen kürzer und das Tagespensum kleiner ausfällt. Ansonsten sind die Abläufe ähnlich, auch die Testfahrer sind die Gleichen. Auch wenn das Dauerlauf-Hauptgeschäft Onroad abgewickelt wird, gehören Offroadmodelle natürlich ebenfalls dazu. Wenn im Winter Insel-Testen im Süden angesagt ist, werden den KTM Dauerlauf-Testern auch immer wieder EXC-Modelle mit anvertraut, mit dem Auftrag, mal eben 150 oder 200 Stunden mitbewegt zu werden.

Natürlich fahren alle KTM Entwickler selbst Motorrad. Ohne Führerschein arbeitet hier bekanntlich niemand. Aber Entwicklungstechniker und Projektleiter fehlt die Zeit für länger andauernde Testfahrten und das Abspulen tausender Kilometer. Im Prototypenstadium stehen Funktion, Fahreindrücke und Abstimmung des Fahrzeugs im Vordergrund. Bei der Motorradentwicklung Kilometer zu machen, mit Fokus auf der Dauerhaltbarkeit, das bleibt die Aufgabe der Abteilung Dauerlauf.

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Fotos: Buenos Dias

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