IMMER NACH VORN, NIE ZURÜCK: DIE GESCHICHTE VON JOACIM BOIVE

READY TO RACE ist so viel mehr als nur ein Marken-Claim. Obwohl er die Performance-Produkte von KTM perfekt beschreibt, definiert er auch die Geisteshaltung von KTM. Und nichts ist besser dazu geeignet, das zu erläutern, als Joacim Boives Geschichte.

William Arthur Ward sagte einmal, dass Probleme manche Menschen in die Verzweiflung treiben. Und andere dazu motivieren, Rekorde zu brechen. Auf den in Schweden geborenen Joacim Boive trifft das voll zu. Er beweist, dass das Leben immer lebenswert ist – egal, wie herausfordernd es sein kann.

Joacim Boive mit seiner KTM 450 EXC-F und seiner KTM 1290 SUPER DUKE R.
PC @WilliamBoive

Als Teenager wurde bei Joacim eine seltene Form von Krebs diagnostiziert, der die Knochen seines rechten Beins befallen hatte. Leider mussten die Ärzte das Bein amputieren und Joacim musste lernen, mit einer für viele unvorstellbaren Behinderung zu leben.

Dennoch ist ‚Behinderung‘ ein Wort, das im Wortschatz von Joacim nicht vorkommt. Ganz im Gegenteil: Er behandelte diesen Schicksalsschlag wie ein lästiges Hindernis, das es zu überwinden galt.

Als Junge war Joacim – wie die meisten von uns – von der Welt der Motorräder fasziniert. Damals wünschte er sich nichts mehr, als endlich 15 zu werden und ein 50-cm3-Moped fahren zu dürfen. Aufgrund seiner Situation und der Notwendigkeit, mobil zu sein, gestattete die schwedische Regierung ihm ausnahmsweise, bereits mit 13 ein Moped zu fahren.

Für Joacim ist seine Behinderung “nur” ein Hindernis, das es zu überwinden galt. Hier überwindet er Hindernisse mit seiner KTM 450 EXC-F.
PC @KimmoIlvonen (enduroschool.com)

Laut Joacim half ihm die Aussicht auf ein brandneues 50-cm3-Moped dabei, während seiner Krebsbehandlung nicht aufzugeben. Natürlich, so sagt er, blieb dieses Motorrad nicht lange im Serienzustand und wurde schnell zu einem Street-Racer umgebaut. Was auch zu einigen Unfällen führte. Er aber liebte sein Moped und fuhr es das ganze Jahr über – er zog sogar Spike-Reifen auf, um damit in den eiskalten Wintermonaten weiterfahren zu können.

Logischerweise bestand er darauf, auf eine 125er aufzurüsten, sobald er 16 wurde. Es dauerte nicht lange, bis eine neue 125er in der elterlichen Garage stand.

Darin lag die nächste Herausforderung.

In Schweden hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie jemand mit nur einem Bein um einen Motorradführerschein angesucht – die Behörde zeigte sich skeptisch. Kurz darauf fand Joacim ein Schlupfloch und überzeugte die Behörde davon, eine spezielle Vorrichtung verwenden zu dürfen, mit der er die Hinterradbremse bedienen konnte, ohne seinen rechten Fuß zu benötigen.

Joacim war der erste Mensch mit nur einem Bein, der je in Schweden um einen Motorradführerschein ansuchte.
PC @hassebjor_hbphotography

Das war lange bevor Daumenbremsen auf den Markt kamen und es war Einiges an Erfindungsreichtum erforderlich, um ein wirksames System zu entwerfen. So verbrachte sein Vater viele schlaflose Nächte in seiner Werkstatt und perfektionierte schließlich eine Lösung, bei der die Hinterradbremse mittels eines Pedals hinter der linken Fußraste bedient wurde. Ein voller Erfolg!

Nun galt es nur noch, das „kleine Problem“ zu lösen, wie Joacim seine Krücken mitführen könnte. Sein Vater schloss sich eine weitere Nacht in seiner Werkstatt ein und entwickelte ein Paar zusammenklappbare Krücken, die ganz einfach in einem Rucksack mitzunehmen waren – Joacim verwendet diese noch heute!

Rückschläge überwinden und Träume verfolgen – nichts kann sich in Joacim Boives Weg stellen.
PC @WilliamBoive

Je älter er wurde, desto stärker wurde auch der Wunsch in ihm, auf größere, schnellere Maschinen umzusteigen. Ein Unfall mit seiner 125er vereitelte diesen Umstieg aber um ein Haar. Seine Eltern meinten, er solle auf ein Offroad-Motorrad umsteigen, da dieses – so glaubten sie – langsamer sein würde.

Trotz seiner Beschwerden, dass er überall als Letzter ankommen würde (seine Freunde fuhren alle Sportmotorräder), setzten sich seine Eltern durch und es wurde entschieden, eine leicht gebrauchte Dual-Sport-Maschine mit 650 cm3 Hubraum anzuschaffen.

Diese war sicher nicht das schnellste Bike des Viertels, konnte aber eines ganz gut: Wheelies. Schnell fuhr er kilometerweit auf dem Hinterrad, und das ohne eine traditionelle Hinterradbremse zu haben.

Wheelies mit nur einem Bein? Kein Problem für Joacim und seine KTM 1290 SUPER DUKE R.
PC @FredrikLundgren (bike.se)

Über die Jahre verfeinerte Joacim sein Können immer weiter und wurde immer besser. Irgendwann legte er sich dann seine erste KTM zu: eine brandneue 2005er Enduro vom Typ KTM 640 LC-4, bei der er keine Kosten scheute. Joacim baute die LC-4 ENDURO schnell zu einer Supermoto mit 51 PS und jeder Menge Drehmoment um.

Dann schlug das Pech wieder zu.

Joacim touchierte mit seiner modifizierten 640 eine Leitschiene, brach sich seine Wirbelsäule an drei Stellen und zerschmetterte sein Becken. Seine Motorrad-Karriere schien für immer vorbei zu sein.

Es sollte 12 Jahre dauern, bis Joacim wieder auf einem Motorrad saß und erst hier beginnt seine eigentliche Geschichte.

Joacim Boive ist READY TO RACE Enduro.
PC @YaseminBoive

Heute stehen zwei der feinsten KTMs aller Zeiten in seiner Garage: eine 2014er KTM 1290 SUPER DUKE R und eine brandneue KTM 300 EXC TPI ERZBERGRODEO der Generation 2021, und Joacim plant, sich seiner bisher größten Herausforderung zu stellen.

Vor einigen Jahren – unterstützt von seiner liebevollen Ehefrau – beschloss Joacim, an professionellen Motorrad-Rennen teilzunehmen. Er hat vor, etwas zu versuchen, was noch nie zuvor versucht wurde.

Von den Leistungen so berühmter Fahrer wie Manuel Lettenbichler, Toby Price, Billy Bolt und Graham Jarvis angespornt, beschloss Joacim, sich im Enduro-Sport Inspiration zu holen. „Enduro! Was soll daran so schwierig sein?!“, sagte er sich.

Joacim freut sich darauf, mit seiner KTM 300 EXC TPI ERZBERGRODEO an Enduro Rennen teilzunehmen
PC @YaseminBoive

KTM Skandinavien erklärte sich schnell bereit, ihn zu unterstützen, und versorgte ihn mit einer KTM 450 EXC-F SIX DAYS der Generation 2021. Jedoch war Joacim noch nie zuvor mit einem Offroad-Motorrad gefahren und hatte anfangs Probleme.

In der wilden und rauen Welt des Enduro-Rennsports können sich Fahrer so gut wie nie hinsetzen. Also musste er lernen, das Bike auf der Fußraste (ja genau, auf EINER Fußraste) zu balancieren, anstatt auf reinen Speed zu setzen.

Joacim ist ein ziemlich schneller Fahrer und glaubte, dass er schon würde mithalten können, wurde bei seinen ersten Einsätzen aber schnell auf den Boden der Tatsachen geholt. Er musste viel dazulernen, sagt aber, dass der Enduro-Sport seinen Motorrad-Horizont erweitert und ihm völlig neue Möglichkeiten eröffnet hat – ganz abgesehen davon, dass er seine Fitness deutlich verbessert hat. Die anderen Fahrer auf den Strecken waren ihm ebenfalls eine große Hilfe und gaben ihm viele Tipps.

Joacim musste erst lernen, wie er seine Enduro-Maschine auf nur einer Fußraste balancieren kann.
PC @WilliamBoive

Auf sein Training angesprochen sagt Joacim, dass er sich nun, da er älter ist, noch stärker fordern muss. In jüngeren Jahren konnte er essen, was er wollte, und musste nicht viel tun, um in Form zu bleiben. Heute aber legt er einen gesunden Lebensstil an den Tag, ist seit acht Jahren Vegetarier und trainiert so hart, dass die meisten Männer Probleme hätten, mit ihm mitzuhalten.

An Wochentagen läuft er jeden Morgen zumindest 5 km weit, macht einige Diamant-Liegestütze, Klimmzüge und – über den Tag verteilt – Gleichgewichtsübungen. Drei Tage die Woche konzentriert er sich auf die Körpermitte und verbessert seine Kraft mit Hilfe von Kettlebell-Swings. Im Winter, so Joacim, dient das Schneeschaufeln als überraschend gutes Training für die Körpermitte. An anderen Tagen radelt er mit seinem Mountainbike durch die Wälder um sein Haus oder legt einige schnelle Runden auf seiner KTM 300 EXC hin.

Um beim Thema KTM 300 EXC TPI zu bleiben: Laut Joacim hat er sich – da er mit einem 4-Takt-Bike in den Enduro-Sport eingestiegen ist – in 30 Jahren immer auf die Motorbremswirkung verlassen und immer nur die Vorderradbremse verwendet. Seit er aber auf ein 2-Takt-Bike umgestiegen ist, musste er aufgrund der abwesenden Motorbremswirkung einige Modifikationen vornehmen. Joacims KTM 300 EXC TPI ERZBERGRODEO ist fast komplett serienmäßig, mit Ausnahme der Fußrasten und der mit der Hand bedienten Hinterradbremse.

Joacim bereitet sich mit seiner KTM 300 EXC TPI ERZBERGRODEO auf das Swedish Enduro Classic vor
PC @YaseminBoive

Er plant, heuer am Swedish Enduro Classic – das aus drei Rennen besteht – teilzunehmen, bei dem Fahrer wenigstens drei Runden pro Rennen schaffen müssen. Der erste Lauf findet im Juli in Stångebroslaget statt. Im September folgt ein Rennen in Ränneslätt und das große Finale steigt im Oktober beim Gotland Grand National.

Das Gotland Grand National ist das weltweit größte Enduro-Rennen. Eine Runde hat 20 km und fordert Mensch und Maschine bis ans Äußerste.

Joacim beim Training mit dem 7-fachen Enduro-Weltmeister Anders Erikkson
PC @YaseminBoive

Danach will Joacim beim Bahusian Extreme Enduro antreten, für das er ganz neue Fähigkeiten entwickeln muss, die ihm – so sagt er – auch bei seinen regulären Enduro-Fahrten zugutekommen sollten.

Und das soll noch nicht alles sein. Joacim hat bereits anklingen lassen, dass er als erster Mensch mit einem Bein an einem nationalen Supermoto-Rennen teilnehmen will.

“Es gibt nur einen Weg … nach vorn” – Joacim Boive
PC @Lars premiumvisuals.se

Auf die Frage, was er jemandem raten würde, der ähnlichen Herausforderungen gegenübersteht, sagt Joacim einfach:

„Es ist eine Entscheidung. Das Leben ist eine Sache der Mentalität und dessen, wie wir Dingen begegnen. Entweder betrachtet man ein Problem als unüberwindbares Hindernis, oder man sieht Hindernisse als Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Schlussendlich gibt es nur einen Weg …

… nach vorn.“