Interview des Monats: Chris Birch sucht die Herausforderung

Die Red Bull Romaniacs sind auf jedem Bike eine Herausforderung, aber auf einer KTM 1090 ADVENTURE R? Hat Chris Birch den Verstand verloren? Wir haben uns bei seiner Vorbereitungsveranstaltung, der Hellas Rally, mit Birch unterhalten, um herauszufinden, was es braucht, um Adventure-Motorräder dort zu fahren, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben!

Chris Birch, ein Mann, dem „das Enduro-Fahren mittlerweile etwas zu öde geworden ist“, macht sein Leben im Jahr 2017 sicherlich noch interessanter. Knallharte Events zu fahren ist für den Neuseeländer nichts Neues, kann er doch auf eine beeindruckende Karriere im Hard-Enduro-Sport zurückblicken. So gewann er dreimal das Roof of Africa und konnte beim Red Bull Romaniacs gleich sieben Podestplätze erringen, darunter ein Sieg im Jahr 2010.

Chris Birch (NZL) 2017 © Bastian Brüsecke

Birch ist ein Veteran der härtesten Offroad-Rennen der Welt. Für das Jahr 2017 plant er aber, eine noch größere Herausforderung zu meistern und die Romaniacs mit einer KTM 1090 ADVENTURE R in Angriff zu nehmen, sofern seine kürzlich erlittene Verletzung es zulässt.

Um sich darauf vorzubereiten, schrieb sich Chris für die siebentägige Hellas Rally, eine Navigations-Rally in Griechenland, ein. Und genau dort haben wir ihn auch getroffen. Die meisten Bikes bei der Hellas Rally sind 450er und schlussendlich sollte KTM-Fahrer Gerard Farres den Bewerb vor Stefan Svitko gewinnen. Auf seiner KTM 1090 ADVENTURE R konnte auch Chris Birch beeindruckende Resultate vorweisen. So gewann er mühelos die M5-Klasse für Adventure-Motorräder und kam im Feld von mehr als 150 Gestarteten als fantastischer Gesamt-Sechster ins Ziel.

Chris Birch (NZL) KTM 1090 ADVENTURE R Hellas Rally (GRE) 2017 © KINI Team

Was aber braucht es, um bei Bewerben wie der Hellas Rally oder den Romaniacs mit einem Adventure-Bike zu bestehen? Welche Änderungen musste Chris an seiner serienmäßigen KTM 1090 ADVENTURE R vornehmen, um gegenüber den 450er-Enduros konkurrenzfähig zu sein, und wie fährt er so ein wuchtiges Bike im Rennen?

Wie gehst du es an, mit einem solchen Bike gegen 450er-Enduros anzutreten, und was machst du als Fahrer anders als auf einer Enduro?
„Ein guter Ansatz ist, nicht an das Leistungsgewicht des Bikes zu denken, sondern an das Verhältnis zwischen meiner Power und dem Gewicht des Motorrads. Dieser Bewerb (die Hellas Rally) ist ein Rennen für 450er. Die schnellsten Jungs sind alle auf 450er-Enduros unterwegs. Da ist es natürlich ein Kraftakt, mit einem Bike zu fahren, das 200 kg wiegt. Das heißt aber nicht, dass es weniger Spaß macht!“

Welche Änderungen hast du an der serienmäßigen KTM 1090 ADVENTURE R vorgenommen, um an der Hellas Rally teilnehmen zu können?
„Es handelt sich praktisch um ein Serien-Motorrad, das weitgehend dem gleicht, das man im Geschäft kaufen kann. Wir haben die Federung ein klein wenig rekalibriert, um sie etwas steifer zu machen. Außerdem besitzt das Bike einige KTM-Tuningteile aus den KTM PowerParts: den Motorschutz, den Akrapovič-Endschalldämpfer sowie den Kupplungsdeckel. Außerdem haben wir noch für allzu tiefe Wasserdurchfahrten den serienmäßigen Papier-Luftfilter (der kein Wasser verträgt!) gegen einen aus Schaumstoff getauscht. Ach ja: Dann haben wir auch noch die Vorfilter (im Lufteinlass) aus dem KTM PowerParts-Katalog eingebaut. Ich verwende auch noch einen anderen Lenker mit geringerer Krümmung nach hinten und einer Querstrebe für die Navigations-Ausrüstung. Quinn Cody [amerikanischer Entwicklungsfahrer] hat mir außerdem empfohlen, den Schnellverschluss für den Kraftstofftank zu verwenden.“

Welche signifikanten Unterschiede ergeben sich, wenn man ein Adventure-Bike im Rennen einsetzt? Muss man insgesamt härter arbeiten oder gibt es auch Momente, in denen es leichter als eine 450er zu fahren ist?
„Die Zusammenarbeit mit dem Bike war echt gut! Um ehrlich zu sein, ist es eigentlich zu jeder Zeit schwieriger, weil es schlechter verzögert und beschleunigt und das auf die Substanz geht. In den Hochgeschwindigkeitsabschnitten hole ich so gut wie keine Zeit heraus, verliere aber viel in den Brems- und Beschleunigungszonen. Im Prinzip muss ich viel öfter im Stehen fahren, um das Bike dazu zu bringen, zu tun, was ich will. In diesem Event gibt es meiner Meinung nach keinen Abschnitt, in dem ein Adventure-Bike besser ist. Das soll aber nicht heißen, dass es unmöglich ist, ein solches einzusetzen – besonders in den anderen Klassen, wo man gegen andere Adventure-Motorräder fährt.“

Chris Birchs KTM 1090 ADVENTURE R © Bastian Brüsecke

Und dort ist die KTM 1090 ADVENTURE R bereits serienmäßig sehr konkurrenzfähig …
„Absolut, und das sagt viel über das Bike aus. Die KTM 1090 ADVENTURE R ist ein sehr leistungsfähiges Motorrad. Meines ist unter all den anderen da draußen wahrscheinlich das am wenigsten modifizierte. So viele andere Bikes werden mit sündteuren Teilen vollgestopft, um sie konkurrenzfähig zu machen, und dann komme ich mit einem praktisch serienmäßigen Motorrad, das, wie man sagt, von vornherein READY TO RACE ist.“

Von der mechanischen Seite her scheint es nicht viel Wartungsarbeit zu benötigen, um es jeden Tag fit zu machen …
„Nein, gar nicht. Clemens (KTM-Werksmechaniker) wechselt Reifen sowie die Bremsflüssigkeit fast jeden Tag – schließlich ist viel hartes Bremsen angesagt. Einmal haben wir den Luftfilter gewechselt, was aber eine riesige Zeitverschwendung war – der war nämlich noch wie neu. Und abgesehen von Kettenöl war es das dann auch schon.“

Wir haben gehört, dass du auf diesem Bike auch an den diesjährigen Red Bull Romaniacs teilnehmen wirst. Wie zur Hölle darf man sich das denn vorstellen?!
„Ha! Natürlich haben mich das schon viele Leute gefragt. Meine ehrliche Antwort ist, dass ich nicht weiß, was mich in Rumänien erwartet, da ich dort noch nie in der Iron-Klasse gestartet bin. Ich glaube, dass es fahrerisch anstrengender sein wird, aber wenigstens werden die Tage dort kürzer sein als bei dieser Rally. Und dann wird es ganz sicher noch einige typische Romaniacs-Momente geben, in denen ich mich fragen werde: „Oh Gott, wie soll ich da denn jemals raufkommen?!“ Die Hellas Rally war auf eine andere Art anstrengend: lange Abschnitte, auf denen man viel körperliche Arbeit leisten musste. Ich freue mich auf die Romaniacs, aber es wird sicher hart werden!“

Fotos: Bastian Brüsecke | KINI Team