Interview des Monats: Fünf Minuten mit Bo Bendsneyder

Im Katalanischen bedeutet das Wort ‘bo’ soviel wie ‘gut’ oder ‘von Qualität’. Die Basis des Red Bull KTM Ajo Moto3 Teams liegt nur wenige Kilometer von Barcelona, der pulsierenden Hauptstadt Kataloniens, entfernt und das Team vor Ort besteht aus Einheimischen. Die Teambasis mag zwar in unmittelbarer Hörweite zum Circuit de Catalunya (der MotoGP- und Formel 1-Strecke) liegen, aber wenn es um die Fahrer geht, wird es international.

Der Südafrikaner Brad Binder beeindruckte am letzten Wochenende in Jerez mit einem vom letzten Startplatz aus erkämpften Sieg und auch sein junger niederländischer Teamkollege Bo Bendsneyder, der 2016 seine Rookie-Saison in der Moto3 absolviert, sorgte bei den ersten vier Rennen bereits für Aufsehen. Wie sein Name bereits vermuten lässt und was sein Team in Granollers schon weiß ist, dass die Nummer ‘64’ ein besonderes Talent ist.

Bo Bendsneyder (NED) Jerez (ESP) 2016

Bo Bendsneyder (NED) Jerez (ESP) 2016

Seit einiger Zeit sind die Niederländer in den Red Bull KTM Teams kaum zu übersehen. In der MXGP stellen Namen wie Herlings, Coldenhoff und Pootjes sicher, dass die für orange bekannte Nation auch im orangen Team bestens vertreten ist. Im Straßenrennsport sind die Niederländer auf dem besten Weg, auf ihre Offroad-Kollegen aufzuholen. Genau hier kommt Bendsneyder, der Red Bull MotoGP Rookies Cup Champion aus dem Jahr 2015, ins Spiel.

Der erste Eindruck? Der 17-Jährige ist groß. Er ist auf gutem Weg, die 1,80 m zu überschreiten und dabei ist das Wachstum noch nicht abgeschlossen. Wenn er erstmal in der Moto3 erfolgreich Fuß gefasst hat, ist anzunehmen, dass er die Chance bekommen wird, sein Talent auch auf größeren Motorrädern unter Beweis zu stellen. Bo spricht mit leiser, ruhiger Stimme, zeigt sich aber selbstbewusst, als wir ihn in Jerez treffen und fragen, wie es ist, ein Rookie im Grand Prix zu sein …

Kannst du deine ersten Grands Prix und deinen Einstieg in diese Welt zusammenfassen? Es muss eine verrückte Zeit gewesen sein …
„Es war großartig. In dieses Team zu kommen, ist etwas besonderes für mich. Die ersten drei Grands Prix hielten so viele neue Erfahrungen bereit und ich war zufrieden mit den Ergebnissen. Das Team hat mir gesagt, ich kann ohne Druck fahren, also schaue ich von Wochenende zu Wochenende und arbeite hart, um gute Leistungen zu zeigen.“

Als Aufsteiger von den Rookies in die Moto3 warst du im Winter wahrscheinlich ziemlich nervös und konntest es kaum erwarten, dass es losgeht …
„Ich habe im Winter ein bisschen härter gearbeitet, mehr trainiert und bin mehr Supermoto gefahren. Ich habe mich mehr vorbereitet und das war auch nötig vor dem Wechsel in die Moto3. Natürlich ist es ein großer Schritt für einen Red Bull Rookie … aber auch dort hatte ich ein paar harte Kämpfe und in der Spanischen Meisterschaft genauso. Mein erster Grand Prix in Katar war ein bisschen schwierig zu verstehen; ich musste alles erstmal realisieren, aber jetzt habe ich das Gefühl, dass ich weiß, was die Jungs machen und dass ich das Gleiche machen kann.“

Gab es einen großen Geschwindigkeitsunterschied?
„Nicht wirklich … am Anfang musste ich erstmal mit dem neuen Motorrad, dem neuen Team und der ganzen Situation zurechtkommen, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es mir an Speed gefehlt hat.“

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Doha (QAT) 2016

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Doha (QAT) 2016

Und das Bike?
„Komplett anders; ich denke nur der Name KTM ist gleich! Es ist viel schneller und man kann viel später bremsen. Das Gesamtpaket ist viel besser. Es war schön, die Freiheit zu haben, das Bike nach Belieben wechseln zu können und KTM hat mich sehr unterstützt, weil ich ziemlich groß bin und wir deshalb die Position des Sitzes und andere Teile des Motorrads anpassen mussten. Ich denke nicht, dass die Körpergröße in der Moto3 ein Problem sein sollte; vielleicht muss ich mich auf den Geraden ein bisschen kleiner machen als die anderen Jungs, aber das ist keine große Sache.“

Erzähl uns ein bisschen war darüber, woher du kommst?
„Ich lebe als Einzelkind mit meinen Eltern in Rotterdam; bin dort geboren und aufgewachsen. Meine Mutter arbeitet, während mein Vater mich bei den Rennen unterstützt. Ich habe eine Freundin und wir wohnen alle ziemlich nah beieinander.“

Die Niederlande sind bekannt für ihre guten Motocross-Fahrer; gab es in deiner Karriere einen Punkt, an dem du dich zwischen Offroad oder Straße entscheiden musstest?
„Ich bin eigentlich nie wirklich mit einem Motocross-Bike gefahren … immer nur auf der Straße und als ich zwölf war, haben wir entschieden, dass ich versuchen sollte, ein professioneller Rennfahrer zu werden. Mein Vater arbeitet etwas weniger, so dass er mich begleiten kann … ich würde sagen, die Zeit mit 12 oder 13 war wichtig, um eine Entscheidung zu treffen.“

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Austin (USA) 2016

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Austin (USA) 2016

Wo bist du gefahren?
„Ich bin mit einer Honda NSF100 und einer Moriwaki in der Deutschen Meisterschaft und in den Niederlanden ein paar Cup-Serien gefahren. Nachdem ich in Deutschland in der Moto3 gestartet bin, stieg ich zu den Red Bull Rookies und in die Spanische Meisterschaft auf.“

Waren die Red Bull Rookies die ideale Plattform, um in den Grand Prix aufzusteigen und dort gleich auf höchstem Niveau mitfahren zu können?
„Es hat definitiv geholfen, mehr übers Rennen fahren und die Moto3 zu lernen … aber ich habe auch viel aus der Spanischen Meisterschaft mitgenommen. Der größte Unterschied war, dass ich in Spanien ein Team um mich hatte und bei den Rookies hat sich eine Person um vier Fahrer gekümmert! Bei den Rookies haben alle das gleiche Bike, du lernst also viel darüber, wie du es benutzt und welchen Unterscheid du als Fahrer machen kannst. Für mich war es perfekt, in diesen beiden verschiedenen ‘Schulen’ zu lernen. Die Rookies waren intensiv; einige der Jungs sind so jung und es kann manchmal etwas verrückt zugehen! Aber es war toll, so gute Zweikämpfe zu erleben, auch weil ich letztes Jahr die meisten davon gewonnen habe.“

Wärst du Spanier oder Italiener, wäre es wahrscheinlich schwieriger, einen Eindruck zu hinterlassen, aber hast du dich als einer der wenigen Niederländer schon etwas an das Rampenlicht gewöhnt?
„Ja, die Aufmerksamkeit ist größer geworden … aber in der Superbike fährt Michael Van Der Mark und er ist im Moment der bekannte Name in den Niederlanden. Da habe ich noch Glück! Ich spüre ein bisschen Druck, aber es hilft mir, bessere Leistungen zu bringen, von daher ist es kein großes Problem. Fahrer wie Jeffrey [Herlings] haben in den Niederlanden eine gewisse Bekanntheit erlangt und er hat viel gewonnen, aber er ist immer noch nicht super berühmt. Wir werden sehen, wie es sich für mich entwickelt, aber aktuell ich konzentriere mich nur aufs Fahren.“

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Jerez (ESP)

Bo Bendsneyder (NED) KTM RC 250 GP Jerez (ESP) 2016

Hast du einen konkreten Plan für die nächsten Jahre? Sagst du dir ‘Ok, 2017 möchte ich dort sein, 2018 da …’?
„Im Moment ist es nur wichtig, so viel wie möglich zu lernen und dann mache ich mir über Verbesserungen im nächsten Jahr Gedanken. Im Moment liegt mein Fokus nur auf der aktuellen Saison.“

Du arbeitest manchmal mit Johann Zarco [Moto2-Weltmeister] zusammen; wie ist das so?
„Ja, er hilft mir in den schwierigen Momenten. Er kommt rüber und gibt mir Tipps. Er hat viel Erfahrung und ich kann ihm erzählen, in welchen Ecken ich Probleme habe. Dann ist er an der Strecke und schaut es ich an. Es ist großartig einen Weltmeister als Trainer zu haben!“

Wie wird das Rennen in Assen sein?
„Dort wird sehr viel los sein, aber ich freue mich darauf, denn ich weiß, meine Familie, Freunde und Fans werden da sein.“

Bo Bendsneyder (NED) Doha (QAT) 2016

Bo Bendsneyder (NED) Doha (QAT) 2016

Fotos: KTM