Interview des Monats: Mika über MotoGP – KTMs Testfahrer spricht über seine neue Herausforderung

Mika Kallio, der vor Kurzem seinen 33. Geburtstag feierte, gehört zu den erfolgreichsten Fahrern, die für KTM bei Grand Prix-Rennen gestartet sind. Während seiner fünf Jahre bei KTM, feierte der Finne zwölf GP-Siege, 32 weitere Podiumsplatzierungen und zwei Vizeweltmeistertitel.

Mika Kallio (FIN) Valencia (ESP) 2015

Mika Kallio (FIN) Valencia (ESP) 2015

In den letzten 18 Monaten haben Pit Beirer und sein Team eine erfahrene MotoGP-Mannschaft zusammengestellt. Mit einem erfahrenen Testfahrer, der das Projekt auf der Strecke voranbringt und schnell genug ist, um das Bike auf das bestmögliche Level für die Debütsaison 2017 zu bringen, ist nun auch das letzte fehlende Puzzlestück gefunden. Mika Kallio fährt seit 14 Jahren auf Topniveau, ist erfahren und schnell und gewann 2014 drei Moto2-Rennen.

Beim letzten Grand Prix der Saison 2015 trafen wir Mika in Valencia – nach einem halben Jahrzehnt in der mittleren Klasse und nur drei Wochen, bevor er zum ersten Mal auf das KTM-MotoGP-Bike steigen würde – und sprachen mit ihm über seine Entwicklung vom Moto2-Fahrer zum MotoGP-Testfahrer und einen möglichen Weg zurück in die Königsklasse …

Mika, ich weiß, du hast eine gemeinsame Vergangenheit mit KTM, aber wann hast du die Entscheidung getroffen, diese neue Aufgabe zu übernehmen?
„Vor etwa einem Jahr haben wir zum ersten Mal über die Möglichkeit gesprochen, aber mehr auf eine scherzhafte Weise und dass es schön wäre, zu KTM zurückzukehren, wenn das MotoGP-Projekt Formen annimmt. Wir sind die Saison über in Kontakt geblieben und im Sommer haben wir uns dann über die Testpläne für 2016 unterhalten. Aus verschiedenen Gründen war ich interessiert: Wie du gesagt hast, KTM und ich haben eine gemeinsame Geschichte und ich kenne viele KTM-Mitarbeiter schon sehr lange; außerdem weiß ich, dass wenn sie etwas anfangen, dann nehmen sie es sehr ernst. Das war entscheidend für mich, denn ich wusste, sie würden hart arbeiten und versuchen, die besten auf der Strecke zu sein. Für mich persönlich ist es ein tolles Gefühl, Teil eines solchen Teams zu sein und ich war schon immer der Typ Fahrer, der gerne zur Weiterentwicklung der Motorräder beiträgt, denn mich interessieren auch die kleinen Details. Während eines Rennwochenendes gehe ich die Daten bis ins kleinste Detail durch. Ich freue mich darauf, das Projekt von sagen wir Null auf das bestmögliche Niveau zu bringen. Ein weiterer Aspekt ist, dass ich viele Jahre in der Moto2 gefahren bin und diese Saison war es ziemlich schwierig für mich, gute Ergebnisse einzufahren. Ich hatte Schwierigkeiten, mit den veränderten Dunlops ein gutes Gefühl zu finden und ich wusste, sie würden ihre Strategie auch für 2016 beibehalten. Das war ein weiterer Grund, die Moto2 aufzugeben und sich einer neuen Herausforderung zu widmen.“

Mika Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

Mika Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

Wie beeinflusst ein Job als Testfahrer, bei dem du dich kaum mit anderen Fahrern auf der Strecke messen kannst, deine Karriere? 2014 lief es so gut für dich. Wie denkst du über das Jahr 2016 und darüber hinaus?
„Natürlich habe ich über alle Möglichkeiten nachgedacht und ich werde das Rennen fahren definitiv vermissen, denn als Rennfahrer willst du dich immer mit anderen messen. Aber ich muss damit klarkommen und darauf hoffen, 2017 zurückzukommen und KTM zu zeigen, dass ich schnell genug bin, um die Saison für sie zu fahren. Ich denke, meine Karriere ist noch nicht vorbei und nach einem Jahr als Testfahrer, der zur Weiterentwicklung des Projekts beiträgt, hoffe ich, in den GP zurückkehren zu können.”

Du bist also der Typ von Fahrer, dem es nichts ausmacht, durch technische Arbeit Zehntel für Zehntel von den Rundenzeiten abzufeilen?
„Das ist ein wichtiger Teil des Jobs und ich denke jeder, egal in welchem Team, sieht gerne Fortschritte. KTM hat mich ausgewählt, weil sie darauf vertrauen, dass ich der richtige für den Job bin. Normalerweise ist es eine meiner Stärken, gute Informationen und Details einzubringen, die die Entwicklung voranbringen. Ich freue mich darauf, das Bike zu testen und ich denke es wird für uns alle ein befriedigendes Gefühl sein, wenn wir erste Verbesserungen sehen.“

Mika Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

Mika Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

KTM ist im Offroad-Sport ein bedeutender Name und bekannt für starke Motoren. Nach einigen Jahren auf einem 600ccm-Motor, ist es bestimmt eine aufregende Erfahrung, auf einem Bike zu sitzen, das ein bisschen ‘verrückt’ ist?
„[lacht] Ich bin 2009 und 2010 in der MotoGP gefahren und dann in der Moto2; die Leistung war etwas, das ich wirklich vermisste habe! Es ist unbeschreiblich, diese Leistung zu spüren. Ich denke nicht, dass der Unterschied ein Problem sein wird. In der Vergangenheit habe ich mit einem Superbike trainiert und auch bei Michelin-Tests bin ich mit einem größeren Bike gefahren. Ich weiß, was mich bei KTM erwartet und dass sie schon immer sehr gut in der Entwicklung leistungsstarker Motoren waren.“

Laut Pit Beirer wird das Team in Österreich angesiedelt sein und zeitweise KTM Spanien als zweite Basis nutzen. Wie sieht dein Plan aus?
„Es ist gut, dass wir noch einen Test vor der Winterpause machen können und so direkt ein Teil des Teams zu sein. Ich werde ein paar Runden zur Eingewöhnung brauchen, aber ich habe schon mit Alex [Hofmann] gesprochen und er sagt, dass das Bike bereits eine gute Balance und eigentlich keine großen Schwächen hat. Und der Motor soll ziemlich kraftvoll sein! Es ist ein so junges Projekt, da gibt es normalerweise in allen Bereichen Verbesserungspotenzial. Bei den Tests muss man halt herausfinden, ob eher bei der Leistung, bei der Elektronik oder am Chassis. Nach den vielen Jahren in der Moto2 muss ich erstmal ein paar Runden fahren, um ein Gefühl für das Bike zu bekommen und meinen Fahrstil anpassen.“

MIka Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

MIka Kallio (FIN) KTM RC16 Valencia (ESP) 2015

Und Moto3? Gibt es Pläne, dass du auch dort aushilfst?
„Wir haben darüber bisher noch nicht gesprochen und ich denke, wir werden uns ausschließlich auf das MotoGP-Bike konzentrieren. Es sind zwei komplett verschiedene Motorräder und wenn man anfängt die zwei Projekte zu stark zu vermischen, wird uns das nicht weiterhelfen.“

Eine Rückkehr zu KTM bedeutet, dass du eine ziemlich große Auswahl an Offroad-Bikes hast …?
„[lacht] Man kann nie wissen! Ich erinnere mich, als ich früher für KTM gefahren bin, hatte ich immer die besten Motocross-Bikes, aber ich habe sie gar nicht so viel auf der Motocross-Strecke genutzt … vielmehr bin ich damit im Winter Eisrennen gefahren. Im Grunde war es das ganz normale Bike, nur dass wir die Federelemente geändert haben und natürlich hatten die Reifen Spikes. Seit diesen Tagen fahre ich die Rennen jedes Jahr mit einer KTM und in der Garage habe ich immer noch eine 250 und 450 … und sogar die 560 Supermoto! Vielleicht kann ich sie gegen eine paar neue Bikes eintauschen!“

Fotos: Philip Platzer