Interview des Monats: Nathan Watson – French Beach Race Champion & Vorschau auf die WESS-Saison

Hinter dem Gewinner der französischen Beach-Race-Meisterschaft und dem Gesamtdritten der World Enduro Super Series Nathan Watson liegen erfolgreiche 12 Rennmonate.

Nathan Watson, der für das Red Bull KTM Factory Racing Team fährt, blickt auf betriebsame und hektische 12 Monate zurück. Von Classic Enduro-Rennen über Beach Racing bis zu Abstechern in den Hard Enduro- und den Cross-Country-Bereich erzielte Watson sowohl in der World Enduro Super Series als auch in der französischen Beach-Race-Meisterschaft Top-Leistungen. Mit dem Sieg des legendären Strandrennens in Le Touquet feierte der junge Brite seinen bisher größten internationalen Erfolg.

Nathan Watson (GBR) Le Touquet (FRA) 2019 © P. Haudiquert

Außerdem trat er 2018 in der ersten WESS-Meisterschaft an – Watson ließ in dem Jahr wirklich nichts aus und sorgte in vielen verschiedenen Disziplinen für Furore. Immer sein Bestes gebend, schnitt er bei seinen ersten Starts beim Erzbergrodeo und den Red Bull Romaniacs beeindruckend gut ab, holte einen Podestplatz beim Hawkstone Park Cross-Country und gewann das Red Bull Knock Out. Seine ‚Sag-niemals-nie-Mentalität‘ verhalf ihm zu einem vielversprechenden und beeindruckenden dritten Gesamtplatz in der WESS.

Ohne die Zeit zu haben, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, wandte er sich schnell wieder seiner ersten Liebe – den Strandrennen – zu und trat in der heiß umkämpften französischen Beach-Race-Meisterschaft an. Der KTM-Pilot gewann vier von sechs Rennen und bewies damit, dass er keine Eintagsfliege ist. Sein wohl größter Triumph war der Sieg beim Saisonfinale – dem brutalen Enduropale du Touquet. Der junge Brite rollte dabei das Feld von hinten auf und erfüllte sich so einen Kindheitstraum: seinen Namen auf der Siegestrophäe bei diesem weltberühmten Rennen zu sehen.

Nathan Watson (GBR) KTM 450 SX-F Le Touquet (FRA) 2019 © P. Haudiquert

Nun sind die Feierlichkeiten vorüber und der KTM BLOG hat sich mit Nathan getroffen, um mit ihm über seine jüngsten Erfolge, seine abwechslungsreiche Saison und die WESS 2019 zu sprechen, welche im Mai beginnt …

Nathan, wir gratulieren zum Sieg bei der Enduropale du Touquet. Was ist es für ein Gefühl, sich zum Gewinner des wichtigsten Strandrennens der Welt zu krönen?
„Le Touquet zu gewinnen ist einfach fantastisch. Es ist so ein legendäres Rennen, das bereits veranstaltet wurde, bevor ich überhaupt auf der Welt war. Ich habe noch gar nicht realisiert, was ich erreicht habe. Ich habe vom Sieg bei diesem Rennen geträumt, seit ich ein Kind war, es meine ganze Rennkarriere hindurch verfolgt und gehofft, eines Tages dort zu stehen, wo ich jetzt bin. Dieses Rennen nun endlich von meiner Liste streichen zu können, ist einfach unglaublich – auf jeden Fall das Highlight meiner bisherigen Karriere.“

Was macht dieses Rennen so schwierig?
„Bei diesem Rennen kann so viel schiefgehen, was den Sieg so schwierig macht. Erstens ist die Anzahl an Startern einfach irre. Über 1000 Fahrer aller Stufen tummeln sich auf der Strecke. Die Strecke selbst ist etwa 15 Kilometer lang. Die Hälfte davon geht mit Vollgas, während die andere Hälfte über riesige Sandhügel führt. Wenn man das in Betracht zieht und drei Stunden lang langsameren Fahrern ausweichen muss, wird es körperlich anstrengend und bei den hohen Geschwindigkeiten ganz schön riskant. Es kann einiges schiefgehen und du musst an diesem einen Tag alles richtig machen.“

Dein Sieg beim Enduropale du Touquet bedeutet auch, dass du die französische Beach-Race-Meisterschaft gewonnen hast. Kam das überraschend?
„Als ich in Le Touquet ankam, war ich Zweiter im Gesamtklassement und lag 40 Punkte hinter dem Führenden Milko Potisek. Der Titel lag also eigentlich außer Reichweite. Bei diesem Rennen kann sich aber durchaus alles ändern und so schrieb ich ihn nicht völlig ab. Dennoch war ich mir sicher, dass Milko den Titel in der Tasche hatte, als wir in den letzten beiden Runden um den Rennsieg kämpften. Als ich aber die Ziellinie überquert hatte, fiel uns auf, dass er nicht mehr hinter mir lag. Die anderen Fahrer trudelten nach und nach ein und mir wurde klar, dass der Titel wieder möglich war. Wir hatten nicht wirklich damit gerechnet und es war ein willkommener Bonus, auch den Titel zu gewinnen. Die Meisterschaft mit einem Sieg beim Le Touquet zu gewinnen, ist die Krönung einer brillanten Saison. Ich kann KTM und dem Team gar nicht genug für ihre Unterstützung danken.”

Nathan Watson (GBR) & Team Le Touquet (FRA) 2019 © P. Haudiquert

Der Meisterschaftstitel, der Sieg beim Enduropale du Touquet und, natürlich, beim Red Bull Knock Out, bescherte KTM eine unglaubliche Beach-Racing-Saison. Welche Faktoren führten zu dieser Dominanz?
„Beach-Racing ist ein Team-Sport. Ich glaube, dass nicht viele Leute wissen, wie komplex dieser Sport eigentlich ist. Es gibt so viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen – die Länge der Strecke, die Stabilität des Sandes, die Anzahl der Fahrer und wie alle diese Dinge den Kraftstoffverbrauch und die Boxenstopp-Strategie beeinflussen. Ich habe das Glück, ein großartiges Team hinter mir zu haben, insbesondere meinen Team Manager Tof Meyer, der mit voller Leidenschaft bei der Sache ist. Er war früher der Trainer von Antoine Meo und übernahm das Team-Management als Antoine in den Rally-Sport wechselte. Sein Wissensschatz in diesem Sport ist enorm. Er übersieht nichts – das geht sogar so weit, dass er weiß, welche Seite der Startlinie den kompaktesten Sand hat und daher die besten Starts ermöglicht. Wenn du mit 1000 anderen Fahrern am Start stehst, entscheiden solche Details über Sieg oder Niederlage und mit Tofs Erfahrung wurden wir zu jenem Team, dass es zu schlagen gilt.“

Inwiefern unterscheidet sich das Beach-Race-Setup deiner KTM 450 SX-F von der Motocross-Variante?
„Meine KTM 450 SX-F ist ein ganz spezielles Bike. Es funktioniert nur bei einem Strandrennen perfekt, da es auf 80 Prozent Vollgas ausgelegt ist und weil das Setup so einzigartig und hart ist. Wir verwenden eine längere Schwinge, um den Radstand zu vergrößern und die Stabilität bei solch hohen Geschwindigkeiten zu verbessern. Die Gabel wurde unter die Oberkante der Gabelbrücke verlagert, um den Radstand noch etwas zu verlängern. Mit engen 180-Grad-Kehren tut sie sich deshalb schwer. Die Federung ist vorne und hinten härter und steifer, weil die Strecke nur wenige Kurven hat. Das Hauptziel ist, dass das Bike beim Geradeausfahren und über die Sandhügel perfekt funktioniert. Für die Hauptgerade brauchst du eine hohe Endgeschwindigkeit, aber trotzdem ein gutes Ansprechverhalten für die Hügel. Um dem zu begegnen, verwenden wir ein 6-Gang-Enduro-Getriebe, wobei die Abstufung immer vom Streckenlayout abhängig ist. Für Le Touquet verwendeten wir ein Übersetzungsverhältnis von 13:50. Ich fahre generell lieber mit einem Kettenrad mit 50 Zähnen, um auf den Hügeln schnell zu sein, was aber dazu führen kann, dass der Motor auf den Geraden zu hoch dreht. Auf der Hauptgeraden verlor ich so etwas Zeit, machte aber in den Hügeln alles wieder wett.“

Nathan Watson (GBR) KTM 450 SX-F Le Touquet (FRA) 2019 © P. Haudiquert

Was erwartest du dir nach deinem dritten Gesamtrang 2018 von der bevorstehenden Saison der World Enduro Super Series?
„Die Mischung der Events im Kalender dieses Jahres gefällt mir gut. Die Hälfte sind Classic Enduro-Veranstaltungen, die andere Hard Enduro-Rennen. Ausgesprochene Spezialisten sind also nicht automatisch im Vorteil. Nach einem Jahr in der WESS weiß ich heute besser, was mich bei den Hard Enduro-Rennen erwartet. Letztes Jahr habe ich bei diesen Rennen schnell viel dazugelernt und dadurch kann ich mein Training und meine Vorbereitung ganz genau ausrichten. Was für mich etwas überraschend kam, war, wie stark sich die einzelnen Hard Enduro-Rennen voneinander unterscheiden. Jedes Classic Enduro-Rennen folgt dem gleichen Format und der gleichen Routine, während das Erzbergrodeo vier Stunden und die Red Bull Romaniacs fünf Tage lang dauern.”

Welche Events sind deiner Meinung nach besonders und bei welchen erwartest du dir die besten Resultate?
„Abgesehen von den Strandrennen bin ich im Kern ein Classic Enduro-Fahrer und werde meine besten Ergebnisse wohl in diesem Bereich abliefern. Das Hawkstone Park Cross-Country ist mein Heimrennen. 2018 wurde ich dort Zweiter und würde nächsten September gerne ganz oben am Podium stehen. Wie wichtig ein Sieg in dieser Serie sein kann, habe ich am eigenen Leib erfahren. Mein Sieg beim Red Bull Knock Out hob mich noch auf den dritten Gesamtrang, also werde ich alles daran setzen, zu gewinnen, wo immer es mir möglich ist. Bei vier Classic Enduro-Rennen im Kalender habe ich eine gute Chance, meinen dritten Gesamtplatz vom letzten Jahr zu verbessern.“

Nathan Watson (GBR) KTM 350 EXC-F Hawkstone Park (GBR) 2018 © Future7Media

Die World Enduro Super Series 2019 beginnt mit dem Extreme XL Lagares in Portugal vom 10. Bis 12. Mai.

Fotos: P. Haudiquert | Future7Media