Interview des Monats: Petr Pilat über Backflips, Stürze und Meisterschaften

Der KTM BLOG sprach mit Freestyle-Star Petr Pilat über seinen Einstieg in den Sport, wie man Verletzungen überwindet und Meisterschaften gewinnt.

Petr Pilat ist ein außergewöhnlicher Fahrer. Der 24-jährige Tscheche entwickelte sich vom Motocrosser zu einer der Größen im Freestyle-Sport. Sein bisher unglaubliches Jahr, in dem er sich nach einem schlimmen Trainingssturz zurückkämpfte und die Freestyle Motocross Europameisterschaft gewann, waren für den KTM BLOG ein guter Anlass, um mit dem tschechischen Star zu sprechen.

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

„Dieses Jahr begann eigentlich ziemlich gut für mich. Am ersten Januarwochenende gewann ich die Europameisterschaft und stand dort regelmäßig auf dem Podium. Ich war hochmotiviert. Für das Wintertraining ging ich drei Wochen nach Kalifornien und alles lief ziemlich gut. Dann kam ich zurück, bin ein paar kleinere Rennen gefahren und bei der Weltmeisterschaft gestartet, die ich auf Platz 4 beendete; das war nicht brillant, aber ok“, erzählt Pilat.

Petr Pilat Kalifornien 2015

Petr Pilat Kalifornien 2015

Obwohl in guter solider Form, die ihm vordere Platzierungen einbrachte, entwickelte Pilat einen neuen Trick, den er im Training noch nie gestanden hatte, wusste aber, dass der Trick bei den Punktrichtern gut ankommen würde. Nach einem anstrengenden Tag auf seinem Trainingsgelände in Tschechien, entschied Pilat, dass ein paar letzte Trainingssprünge ein guter Abschluss für den Tag und eine gute Einstimmung auf die Abreise zur nächsten Weltmeisterschaftsrunde in Polen wären; unglücklicherweise sollte er dort nicht antreten können.

„Bei einem dieser letzten Sprünge bin ich heftig gestürzt; vielleicht war ich nicht mehr konzentriert genug oder ich war einfach nur so glücklich über diesen neuen Trick … Für eine halbe Stunde war ich bewusstlos. Ich wurde ins Krankenhaus geflogen, wo ich wegen meiner schlimmen Verletzungen für zwei Wochen bleiben musste – vielleicht ist es besser, nicht darüber zu sprechen. Anfangs dachte ich, ich müsste das ganze Jahr pausieren, aber ich habe hart gearbeitet und schon nach vier oder fünf Wochen begann ich mit der Reha. Nach nur etwa einem Monat sagten mir die Ärzte, dass der Heilungsprozess gut verliefe. Ich hatte einige Knochenbrüche, aber sobald mir der Arzt sagte, ich wäre wieder gesund, ging ich raus Motocross fahren.“

Zu diesem Zeitpunkt auf Platz 2 der Europameisterschaft, stieg Pilat nur ein paar Tage vor dem letzten Saisonrennen wieder aufs Motorrad. Obwohl nicht zu 100% fit und ohne wirkliches Training, nahm der KTM Fahrer die Herausforderung an, um seine noch verbleibende Chance auf den Titelgewinn zu nutzen. Das Risiko zahlte sich aus; Pilat gewann die Meisterschaft, eine besondere Leistung angesichts des Jahres, das er hinter sich hatte.

Luc Ackermann, Petr Pilat & Brice Izzo Night of the Jumps Hamburg 2015

Luc Ackermann, Petr Pilat & Brice Izzo Night of the Jumps Hamburg 2015

„Es war ein spezielles Gefühl, diese Meisterschaft zu gewinnen, nach allem, was wir durchgemacht hatten. Im Training habe ich wieder angefangen, meinen neuen Trick zu üben und zum Glück haben wir jetzt gerade eine kleine Pause. Im Oktober stehen die nächsten Veranstaltungen an; wir haben also ein bisschen Zeit, um uns vorzubereiten. Leider habe ich viele Rennen der Weltmeisterschaft verpasst und liege auf dem zwölften Platz, was nicht besonders gut ist.“

„Im Juli habe ich meine Show auf meinem Trainingsgelände in Tschechien gezeigt und damit 10-jähriges Jubiläum gefeiert; eine ziemlich große Veranstaltung. Zwischen sechs- und siebentausend Zuschauer waren vor Ort; ich war so überrascht und im Ziel musste ich fast weinen. Alles lag in meiner Hand, ich habe alles organisiert und oft war es ziemlich stressig. Zur Zeit spreche ich mit meinen Sponsoren, es ist Sommer und ich genieße das Training.“

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Pilats Vater war Motocross- und Endurofahrer, der immer gehofft hatte, dass sein Sohn die gleiche Leidenschaft entwickeln würde. Angefangen mit einem 50ccm Motorrad im Alter von drei Jahren, teilte Petr von Anfang an die Leidenschaft seines Vaters für den Motorradsport. Zweimal wurde er tschechischer Juniorenmeister und 2002 (im Alter von 11) italienischer Motocrossmeister, nebenbei startete er auch noch bei Supercross-Rennen.

Nach diesen Erfolgen schlug der tschechische Freestyler Petr Kuchar, sozusagen der Großvater des Freestylesports in Tschechien, vor, er solle es mal mit Freestyle probieren. Natürlich nutzte Petr seine Chance; bereits bei einigen siegreichen Zieldurchfahrten bei Motocrossrennen hatte er Tricks ausprobiert.

Mit 13 Jahren lag er nach einem schlimmen Sturz im Freestyle-Training im Koma und rang mit dem Tod. Nach seiner Genesung musste er eine Entscheidung entweder für die eine oder andere Disziplin treffen. Petr entschied sich gegen Motocross, investierte weiterhin viel Zeit in das Training seiner Tricks und landete 2005 als zu diesem Zeitpunkt jüngster Fahrer einen Backflip, mit 14 Jahren auf einem 125ccm Motorrad statt der normalerweise im FMX üblichen 250ccm Bikes.

Trotz eines vollgepackten Terminkalenders besuchte Pilat vor Kurzem die KTM Zentrale in Mattighofen, um u.a. die FREERIDE E zu testen – und nahm gleich ein Bike mit nach Hause.

In den FMX-Wettkämpfen unterscheidet sich das Motorrad nicht besonders groß vom Serienmotorrad. Sein neuer Trick, genannt Captain Pilat Flip, ist vielleicht sein aufregendster, aber die Backflips nach wie vor die schwierigsten, die ein paar Änderungen am Motorrad voraussetzen.

„Ich liebe die Zweitakter. Ich fahre die 250 SX mit härteren Federelementen, einem niedrigeren Sitz, um etwas mehr Raum zu haben, und weniger Plastikteilen, aber eigentlich ist es nicht wirklich viel, das wir ändern. Der größte Unterschied sind wahrscheinlich der zusätzliche Lenkungsdämpfer und die klappbaren Hebel, die wir für ein paar Backflip-Kombinationen brauchen. Neben der Technik, spielt aber auch das Design der Bikes eine Rolle!“

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

In den vergangenen Monaten hat Josh Sheehan einen dreifachen Backflip gestanden und man kann gespannt sein, was zukünftig im Freestyle-Motocross noch möglich sein wird. Petr liebt das Freiheitsgefühl, die Möglichkeit immer neue Tricks zu erfinden und ist überzeugt, dass in Zukunft noch viel mehr mit einem Motorrad möglich sein kann.

„Ich habe keine Antwort auf die Zukunft. 2001 oder 2002 landete Carey Hart den ersten Backflip und es war so ein Wow-Moment, ein Backflip auf einem Motorrad. Ein paar Jahre später war es schon möglich, den Backflip mit anderen Tricks zu kombinieren. Vor ein paar Monaten dann zeigte Josh Sheehan einen dreifachen Backflip, das ist verrückt! Ich kann nicht sagen, was wir in Zukunft in der Lage sein werden zu tun. Einige der aktuellen Tricks sind ziemlich riskant, andere einfach nur verrückt, aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Momentan arbeite ich einfach weiter hart an mir und versuche, neue Tricks zu zeigen.“

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Petr Pilat KTM 250 SX 2015

Nach einer langen Zeit mit KTM hat Petr die Messlatte in seiner verhältnismäßig eher kurzen Karriere bereits ziemlich hoch gelegt. Er ist eines der Aushängeschilder des FMX-Sports und hat Kuchars Erbe in Tschechien übernommen. Von der Möglichkeit, auch auf der Straße Motorrad zu fahren, zeigt er sich nicht besonders begeistert!

„2004 begann die Zusammenarbeit mit KTM; es sind also schon zehn Jahre. Bei KTM gibt es viele nette Leute, ich hatte nie Probleme mit dem Motorrad und ich bin sehr froh und stolz, zum KTM Team zu gehören; sie haben mir sehr geholfen.“

„Ich habe den Motorradführerschein, aber um ehrlich zu sein, habe ich ein bisschen Angst, auf der Straße zu fahren! Außerdem bin ich die meiste Zeit mit dem Training beschäftigt und habe gar nicht so viel Zeit, andere Motorräder zu fahren. Zuhause habe ich eine 350 SX-F zum Motocross fahren und trainieren, aber das ist es eigentlich auch schon!“

Fotos: Petr Pilat | Martin Kozak