Interview des Monats: The Ways of Webb – 4 Wege, die den neuen Red Bull KTM-Star in der AMA Supercross-Saison 2019 zum Erfolg führten

In seinem erst dritten Jahr als Fahrer in der AMA 450 Supercross-/Motocross-Serie ist es Cooper Webb gelungen, sich in die Geschichtsbücher einzutragen. Das Abschneiden des 23-Jährigen in der SX-Saison 2019 – seiner ersten als Red Bull KTM-Werksfahrer – war schlicht und einfach umwerfend. Der frühere 250 SX/MX-Champion (der als Profi nur für eine andere Marke gefahren ist) hat seine Rivalen mit 7 Siegen und 13 Podiumsplätzen förmlich dominiert.

Cooper Webb (USA) Las Vegas (USA) 2019 © Simon Cudby

Vergangenes Wochenende ging die Serie in Las Vegas zu Ende und kurz vor dem entscheidenden Rennen in Nevada, bei dem Cooper als Dritter auf dem Podium stand, sprachen wir mit der #2 über vier Wege, mit deren Hilfe er die rote Startnummerntafel errungen und einen der begehrtesten Titel im Motorrad-Rennsport gewonnen hat.

1) Veränderungen annehmen …
„Alles ist so schnell gegangen! Als ich zu diesem Team stieß, wusste ich sofort, dass das eine große Chance für mich war: Ich war begeistert. Ich konnte ein paar gute Resultate einfahren. Nachdem ich aber beim zweiten Rennen in Anaheim meinen ersten Sieg gefeiert hatte, ging alles verdammt schnell. Danach noch mehr Siege und die rote Startnummerntafel zu erringen (und sie zu halten), setzte dem Ganzen die Krone auf. Ich glaube, dass ich bis jetzt gute Arbeit geleistet habe …“

„Die 250er-Supercross-Klasse in den USA ist schon etwas anderes. Dort fährst du nur gegen halb so viele Konkurrenten und deine Fahrweise auf der 250er lässt sich nicht so einfach auf die 450er übertragen. Dasselbe gilt für das ganze Programm. Ich glaube, dass ich in der 250er-Klasse ein großartiges Setup hatte, und irgendwie schien ich dort alles richtig zu machen. Der Aufstieg zu den 450ern war aber hart. In meiner Rookie-Saison hatte ich ordentlich zu kämpfen. Ich verletzte mich und meine Resultate waren nicht gerade berauschend. Mein zweites Jahr war ähnlich durchwachsen oder sogar noch miserabler. Da sagte ich mir, dass meine Herangehensweise offensichtlich nicht funktionierte. Auf dem Papier hatte dieses Team alles zu bieten, was ich brauchte: die Bikes, das Personal, das Setup, die Arbeitsweise, die Präsenz in den Boxen. Das verdient Respekt.“

„Mit all den Emotionen, den Verletzungen und allem, was damit verbunden ist, ist der Rennsport oft ein Auf und Ab. Damit umzugehen ist nicht leicht und schnell geht es ums Relativieren. 2019 war ein unglaubliches Jahr, ich muss das erstmal realisieren; die Ergebnisse waren unglaublich und ich muss dafür dankbar sein, dass alles so gut gelaufen ist und ich wieder im Rennen bin. Ich bin gut auf alle möglichen Situationen vorbereitet und eine der besten Methoden ist, nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft zu leben. Du musst dich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.“

Cooper Webb (USA) KTM 450 SX-F Las Vegas (USA) 2019 © Simon Cudby

2) Offenheit …
„Meine Ziele haben sich verändert, aber nicht meine Mentalität, jedes Wochenende etwas besser zu werden. Ich lerne nach wie vor viel über mein Bike und das Team und darüber, siebzehn Läufe zu absolvieren und ein Titelanwärter zu sein.“

„Ich erachte viele Dinge als Chance, etwas zu lernen, und kam unvoreingenommen zu KTM. Ich war wahrscheinlich schon immer so, aber zu diesem Zeitpunkt war ich in einer schwierigen Situation und glücklich, dass ich mir anhören konnte, was die Jungs zu sagen hatten, und das dann umzusetzen. Meine heutigen Resultate sprechen für sich.“

„Wenn du nicht Teil von Baker‘s Factory bist, hörst du viele Geschichten … ich glaube aber, dass es mir sehr geholfen hat, völlig unvoreingenommen dort hinzugehen. Ich glaube, dass das die richtige Einstellung ist: Du musst auf Aldon hören und ihm vertrauen. Du musst Menschen wie ihm oder auch anderen Teammitgliedern Vertrauen schenken – andernfalls wird das nichts. So bin ich an die Sache herangegangen und es hat sich ausgezahlt. Trotzdem lerne ich nach wie vor viel und bin immer noch dabei, mich an das Programm zu gewöhnen. Um ehrlich zu sein, hatte ich etwas anderes erwartet. Natürlich arbeiten wir verdammt hart, es macht aber auch viel Spaß und die Menschen sind großartig. Ich habe dieses Abenteuer mehr genossen als jedes andere, an dem ich bisher teilgenommen habe. Es war schon aufregend und ganz ehrlich muss ich sagen, dass ich manchmal Zweifel hatte, ob ich es durchstehen werde … Vieles von dem, was wir machen, ist geheim. An manchen Tagen hasste ich mein Leben. In den ersten Wochen musste ich mich einmal sogar auf dem Bike übergeben! Damals habe ich schon ein paar Dinge in Frage gestellt, meine Ziele aber nie aus den Augen verloren. Ich musste mich einfach anpassen und mich selbst bis zum Äußersten fordern.“

Cooper Webb (USA) KTM 450 SX-F Las Vegas (USA) 2019 © Simon Cudby

3) Vertrauen in ein neues Team
„Ich war schon immer ein entspannter Typ und daran interessiert, neue Dinge zu lernen.“

„Im täglichen Leben fällt es einem oft schwer, Menschen zu vertrauen, zumindest mir geht es so. Als ich zu KTM stieß, hatte ich an keiner einzigen Person Zweifel. Ich wusste, dass diesem Team niemand in der Szene das Wasser reichen konnte, und das hat mich angezogen. Von den Mechanikern bis zu Roger, Ian, dem Management und Pit: Alle verfolgen das gleiche Ziel, und was ich im Vergleich zu anderen Teams so cool fand, ist die Tatsache, dass es personell zwar kleiner ist, der CEO aber pausenlos mit Roger und den Mechanikern kommuniziert, und dass alle siegen und gute Resultate abliefern wollen. Man braucht sich nur anzusehen, was dieses Team in den letzten fünf Jahren erreicht hat – und mit wem.“

„Das hat mich sofort überzeugt und ich hatte das Gefühl, genau hineinzupassen. Ich hatte die Unterstützung gefunden, nach der ich gesucht hatte. Ein gutes Team im Rücken zu haben, dem du nicht nur glauben, sondern auch vertrauen kannst, ist ein riesiger Vorteil. Das ist eine große Sache und ein gutes Gefühl.“

Cooper Webb (USA) & Marvin Musquin (FRA) Las Vegas (USA) 2019 © Simon Cudby

4) Kühlen Kopf bewahren
„Ich konnte in paar gute Resultate einfahren. Nachdem ich meinen ersten Sieg gefeiert hatte, ging alles verdammt schnell.“

„Für mich ist das Wichtigste, in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu leben. Das Ziel ist der Meisterschaftstitel – meine Mentalität ist aber, Rennen zu gewinnen und mein Bestes zu geben. Es gibt immer etwas zu verbessern und so konzentriere ich mich darauf, anstatt auf die Meisterschaft.“

„Druck gibt es immer … ich habe aber schon immer gesagt, dass ich es genieße, in dieser Situation zu sein: Dafür trainieren wir und wenn wir in diesem Sport erfolgreich sein wollen, gehört das dazu. Du musst einfach lernen, mit dem Drumherum umzugehen. Ich fahre jedenfalls lieber im Rampenlicht als hinter dem Vorhang.“

„Ich glaube, dass mentales Training für einen Champion und Spitzenfahrer aber ebenso wichtig ist. Dieser Sport fordert dich mental und körperlich und ich versuche, das anzunehmen. Mir hat es noch nie an Motivation gemangelt. Wenn ich bei den Jungs nach Unterstützung suche, dann um mich zu beruhigen und die Dinge in das richtige Licht zu rücken. Jeder hat mal einen schlechten Tag: An solchen helfen sie mir, positiv zu bleiben und nach vorne zu blicken. Darin ist dieses Team wirklich gut.“

Cooper Webb (USA) & Red Bull KTM Factory Racing Team KTM 450 SX-F Las Vegas (USA) 2019 © Simon Cudby

Fotos: Simon Cudby