#inthisyear2016: 60 Jahre Six Days-Erfolge

Wenn am Vorabend der 91. Internationalen Six Days Enduro (ISDE) im spanischen Navarra alle Motorräder im Parc Fermé stehen, wird wie seit vielen Jahren eine Farbe dominieren: orange. Dabei hatte vor sechs Jahrzehnten bei der 31. Internationalen Sechstagefahrt im bayerischen Garmisch-Partenkirchen alles ganz klein angefangen. Egon Dornauer und Kurt Statzinger gewannen die ersten beiden Goldmedaillen für KTM, denen im Laufe der Jahrzehnte unzählige weitere folgen sollten.

medaille

Das 1. International Six Days Reliability Trial (ISDT) fand vom 18. bis 23. August 1913 im schottischen Carlisle statt. Es war eine Zuverlässigkeitsfahrt über sechs Tage für Motorräder und Dreiräder, bei der neben Seitenwagenmaschinen auch die vor allen Dingen in England beliebten Three Wheeler startberechtigt waren. Die verschiedenen Nationalmannschaften kämpften auf Fahrzeugen, die in ihrem jeweiligen Heimatland produziert worden sein mussten, um die „Trophy“. Wenn das Reglement im Laufe der Jahre auch mehrfach geändert wurde, hat die Grundidee bis heute Bestand: Die angetretenen Mannschaften sollen möglichst komplett nach sechs Tagen das Ziel erreichen. Gewonnen hat damals Großbritannien – William Gibb fuhr eine 350er Douglas mit 2,75 PS, Billy Little saß auf einer 500er Premier mit 3,5 PS und Charlie Collier lenkte ein 1000er Matchless-Gespann mit stolzen 8 PS. Wegen des Ersten Weltkrieges fand das 2. ISDT erst 1920 in Grenoble/Frankreich statt, wo die Schweizer auf ihren Condor- und Motosacoche-Maschinen die „Trophy“ gewannen. 1924 waren zum ersten mal auch Nationen ohne eigene Motorradproduktion dabei, die sich um die „Silbervase“ bewarben. Anfangs bestand jede Mannschaft aus drei Fahrern, seit Ende der 1940er Jahre kämpften dann Fünfer-Teams um die Trophy und Dreier-Teams um die Silbervase. Weil die Motorräder immer zuverlässiger wurden, wollte die FIM vor 60 Jahren den Schwierigkeitsgrad erhöhen und ab 1956 bestanden Trophy-Mannschaften aus sechs und Silbervasen-Mannschaften aus vier Fahrern, die alle ohne fremde Hilfe nach sechs Tagen ins Ziel kommen mussten, um gewertet zu werden. Später wurden die „Six Days“ oft die „Olympiade des Motorradsports“ genannt.

Weil die Mannschaft von Westdeutschland 1955 im tschechischen Gottwaldov, dem heutigen Zlin, die Trophy gewonnen hatte, fand das ISDT 1956 in Garmisch-Partenkirchen statt. Der noch junge Motorradhersteller KTM, der erst drei Jahre zuvor die Motorradproduktion aufgenommen hatte, war gleich mit vier Fahrern, die nach sechs harten Tagen alle ins Ziel kamen, im österreichischen Trophy-Team vertreten. Neben den ersten Goldmedaillen, die Egon Dornauer und Kurt Statzinger auf 125ern gewonnen hatten, brachten Fridolin Muck und Ing. Helmut Schachner, die in der 175er Klasse gestartet waren, Bronzemedaillen heim nach Mattighofen. Damals waren nicht weniger als 42 verschiedene Fabrikate von A-dler bis Z-ündapp am Start, von denen die meisten nicht mehr existieren. Heute sind nur noch KTM und Husqvarna im Enduro-Sport aktiv.

Egon Dornauer 1956

Egon Dornauer Garmisch-Partenkirchen (GER) 1956

Von der Motorradkrise Ende der 1950er Jahre war auch KTM betroffen und stellte die Motorradproduktion ein, konzentrierte sich stattdessen auf den Markt der 50ccm-Maschinen, für die damals hohe Zuwachsraten zu erwarten waren. Erst 1964, als die Sechstagefahrt in Erfurt in der ehemaligen DDR stattfand, war KTM wieder mit einer Fabrikmannschaft dabei, aber der Stein kam erst so richtig ins Rollen, nachdem der Amerikaner John Penton 1968 bei KTM-Geländemaschinen nach seinen Vorstellungen bauen ließ. Bei den „Sei Giorni“ im italienischen San Pellegrino waren bereits 13 Penton-KTM am Start und ein Jahr später in „Ga-Pa“, wie Garmisch-Partenkirchen bei den Geländefans in aller Welt nur genannt wurde, vertrauten schon Fahrer aus sieben Nationen den kleinen 2-Taktern aus Mattighofen. Der Bann war gebrochen und nach dem Verkaufsstart der neuen Modelle mit eigenem KTM-Motor waren die österreichischen Maschinen erste Wahl für erfolgshungrige Privatfahrer.

Penton-Team Garmisch-Partenkirchen 1969

Penton-Team Garmisch-Partenkirchen (GER) 1969

1973 fand das ISDT zum ersten mal in Übersee statt. Beim Heimspiel in Dalton/Massachusetts landete die amerikanische Trophy-Mannschaft, die geschlossen auf Penton-KTM gestartet war, auf einem hervorragenden 5. Platz.

Six Days-Team USA 1973

Six Days-Team Dalton (USA) 1973

Vor 40 Jahren war der heutige Red Bull Ring in der österreichischen Steiermark Austragungsort der Six Days. Im Fahrerlager dominierte die Farbe blau – die damalige „Kriegsbemalung“ der KTM SIX DAYS-Maschinen. Beinahe jeder dritte der gut 300 Teilnehmer vertraute einer KTM. Eine gute Wahl, denn 20 Jahre nach den ersten beiden Goldmedaillen kamen gleich 49 KTM-Fahrer nach sechs Tagen mit „Gold“ ins Ziel, dazu gewannen Harald Strößenreuther und Alessandro Gritti die 125ccm- und die 250ccm-Klasse.

Six Days Red Bull Ring (AUT) 1976 © Wim Verspanonk

Six Days Red Bull Ring (AUT) 1976 © Wim Verspaandonk

Zum letzten Mal wurde das ISDT 1980 im französischen Brioude ausgetragen, bevor 1981 das Enduro-Zeitalter begann, mit geändertem Namen (International Six Days Enduro/ISDE), neuem Reglement, gestraffter Klasseneinteilung und seit 1994 sogar mit einem Streichergebnis für die Trophy- und Vasenmannschaften. Und auch nach dem neuen Reglement setzten die Fahrer auf die schnellen und zuverlässigen KTM-Enduros, die es vor 30 Jahren erstmals sogar ab Werk in speziellen Six Days-Ausführungen gab, wie das auch heute noch bei den mit vielen PowerParts veredelten SIX DAYS-Modellen der Fall ist. Viele gut durchdachte Kleinigkeiten ersparten den Fahrern die aufwendige Vorbereitung ihrer Maschinen – sie wurden damals READY TO RACE ins oberitalienische Bergamo geliefert, dem Austragungsort der „Sei Giorni“. Die Motoren waren speziell am Prüfstand ausgesucht worden, ein serienmäßiger Mittelständer erleichterte den Radausbau oder ein doppelwandiger Auspuff schützte vor Steinschlag.

Italien dominierte in den 1990er Jahren, wenn es um den Gewinn der Trophy ging. Natürlich war das nicht zuletzt der Verdienst des rührigen KTM-Importeurs Arnaldo Farioli, dessen Top-Fahrer wie Stefano Passeri, Mario Rinaldi oder Giovanni Sala feste Größen in den Teams der Italiener waren.

Giovanni Sala (ITA)

Giovanni Sala (ITA)

In den vergangenen Jahren hat KTM den Support für ISDE-Teilnehmer kontinuierlich perfektioniert und bietet für Profi- und Amateurfahrer ein umfassendes Service-Paket. Die Privatfahrer können sich voll auf den Wettbewerb konzentrieren, während KTM die technische Unterstützung und Betreuung der Fahrer übernimmt. Darüberhinaus können für die Sechstagefahrt 2- und 4-Takt-Motorräder gemietet werden, die in Navarra READY TO RACE bereitgestellt werden.

Erstmals wurden die Trophy-Teams auf vier Fahrer, die Junior Trophy-Teams auf drei Fahrer reduziert, nachdem sie sechs Jahrzehnte aus sechs bzw. vier Fahrern bestanden. Für die nationalen Verbände war es immer schwerer geworden, die Kosten für die Nationalteams aufzubringen und es wurde sogar schon darüber nachgedacht, die Six Days nur noch alle zwei Jahre auszurichten. 465 Club- und Einzelfahrer, die gestern ihr Motorrad zur Startrampe geschoben haben, beweisen aber ganz deutlich, wie populär auch nach über 100 Jahren die „Olympiade des Motorradsports“ noch ist.

Mehr Informationen zu den Six Days 2016 gibt es hier.

Fotos: KTM | Wim Verspaandonk