#inthisyear1995: KTM übernimmt Husaberg

Schweden – rund neun Millionen Einwohner, riesige Entfernungen und nur wenige asphaltierte Straßen. Wälder, so weit das Auge reicht. Ein Land wie gemacht zum Endurofahren. Kein Wunder, dass eine Marke wie Husaberg hier entstehen konnte. 20 Jahre gehörte Husaberg zu KTM.

Die Geschichte beginnt eigentlich schon vor weit über 300 Jahren, als 1689 auf Befehl des schwedischen Königs im Städtchen Huskvarna am Vätternsee eine Waffenfabrik gegründet wurde. Später kamen Haushaltsgeräte, Fahrräder und ab 1903 auch Motorräder hinzu. Als in den 50er Jahren der Motocross-Sport auch in Europa immer populärer wurde, gehörte Husqvarna zu den Pionieren und spezialisierte sich auf Offroad-Motorräder, die in Europa und den USA Erfolg um Erfolg einfuhren. 1987 verkaufte der neue Husqvarna-Eigner, Weltmarktführer bei Haushaltsgeräten, die Motorradsparte nach Italien.
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Thomas Gustavsson und einige andere Ingenieure, die den Umzug nach Norditalien nicht mitmachen wollten, gründeten 1988 eine neue Marke: die Husaberg Motor AB. In einer Holzhütte am Vätternsee wollten sie ein außergewöhnliches Motorrad konstruieren. Ein superleichter und handlicher Viertakter sollte es sein, mit dem sie an die früheren Erfolge ihres Husqvarna-Motors anknüpfen wollten, der für eine Renaissance des Viertakters im Geländesport gesorgt hatte. Und ihnen gelang wirklich ein außergewöhnliches Motorrad. Schon nach einem Jahr konnte das erste Vorserienmodell der FE 501 präsentiert werden.

Husaberg FE 501

Husaberg FE 501

Eine nette Geschichte rankt sich um das Zustandekommen des Namens Husaberg. Als Gustavsson mit einem Prototypen bei einem Wettbewerb starten wollte und den Markennamen angeben musste, soll er sich spontan für Husaberg entschieden haben, dem Namen des Örtchens, zu dem die besagte Holzhütte gehörte.

Und 1989 glückte gleich auch der Einstieg in die Oberliga der Offroad-Hersteller. Jimmie Eriksson, ein talentierter schwedischer Nachwuchsfahrer, wurde auf Anhieb Enduro-Europameister in der 600er Viertaktklasse. Diesen Erfolg konnte er auch im folgenden Jahr wiederholen und den ersten Weltmeistertitel für Husaberg einfahren, denn 1990 war die Enduro-Europameisterschaft zur Weltmeisterschaft aufgewertet worden. Mit der 350er-Variante bekam die FE 501 eine kleine Schwester, nicht minder erfolgreich. 1991 wurden gleich beide Viertakt-Weltmeistertitel von Kent Karlsson (350 ccm) und Jaroslav Katrinak aus der früheren CSSR auf einer „Berg” gewonnen. Nach diesem ermutigenden Auftakt kamen Motocross-Modelle, später auch Cross Country- und Supermoto-Varianten, hinzu.

Die wirtschaftliche Entwicklung konnte damals aber mit den sportlichen Erfolgen nicht Schritt halten und Husaberg brauchte einen starken Partner. Kurz zuvor war KTM mit neuem Management erfolgreich durchgestartet und die Leute im oberösterreichischen Mattighofen waren genauso offroadbegeistert wie die schwedischen Husaberg-Mannen. Die Übernahme von Husaberg durch KTM im Februar 1995 war insofern nur logisch und konsequent. Entwicklung und Produktion blieben aber zunächst in Schweden.

In diese Zeit fallen drei weitere Enduro-Weltmeisterschaften durch Anders Eriksson (350 ccm Viertakt/1995), Peter Jansson (über 500 ccm Viertakt/1996) sowie Björne Carlsson (400 ccm Viertakt/1998) und drei Motocross-Weltmeisterschaften, alle gewonnen vom Belgier Joël Smets in der damaligen Königsklasse, wo 650er Viertakter gegen 500c cm Zweitakter antraten (1995, 1997, 1998).

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Joël Smets Husaberg 1997

2003 wurden auch Entwicklung und Produktion nach Mattighofen verlagert. 2010 gab es zum ersten Mal in der Husaberg-Geschichte einen Zweitakter, dafür wurde die Modellpalette gestrafft. Während sich keine Motocross-, Supermoto- oder Cross Country-Varianten mehr im Programm befanden, konzentrierte sich Husaberg nun wie in den Anfangsjahren wieder auf Enduro-Modelle.

Anfang 2013 übernahm die Pierer Industrie AG, zu der auch KTM gehört, die angeschlagene Marke Husqvarna, nach mehreren Besitzerwechseln weder wirtschaftlich noch sportlich erfolgreich wie in den früheren Glanzzeiten.

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Stefan Pierer & Husqvarna #1 2013

 „Wir bringen zusammen, was zusammen gehört”, so Stefan Pierer im Sommer 2013 zur Wiedergeburt von Husqvarna. Nach genau 25 Jahren wurde Husaberg nun wieder mit Husqvarna vereint. Basis für die zukünftigen Husqvarna-Modelle war die State-of-the-art-Technologie von Husaberg. Wenn auch der Name Husaberg nach einem Vierteljahrhundert verschwunden ist, so lebt der Geist von Thomas Gustavsson und seinen Kollegen doch in der traditionsreichen Marke Husqvarna weiter, die praktisch aus dem Stand mit Matthew Phillips und Pierre-Alexandre Renet die Junioren- und die E2-Weltmeisterschaft im Endurosport gewinnen konnte, so wie das einst auch Husaberg gelungen war.

Fotos: Leo Keller | KTM