Kleider machen Champions

Brad Binder – ehemaliger Weltmeister und Star des Red Bull KTM Ajo-Teams – stellt die Ausrüstung vor, die er für seine ‚tägliche Arbeit‘ in der Moto2TM benötigt.

In einer dunklen und stillen Ecke des riesigen Media Centers des Circuit of the Americas zeigt sich Brad Binder erleichtert, dass er seine ganze Rennausrüstung trägt. Draußen raubt einem die heiße texanische Luft den Atem. Hier drinnen sorgt die Klimaanlage zuverlässig für kühle Köpfe, sodass der sympathische Südafrikaner kein Problem damit hat, sich in seine glänzende, dunkle und manchmal quietschende Lederkluft zu zwängen. Der 23-Jährige ist relativ bescheiden und unkompliziert, wenn es um die Anforderungen an die Ausrüstung geht, die es ihm erlaubt, in der heiß umkämpften Moto2TM-Klasse um jene Zehntelsekunden zu ringen, welche die vielen Starter voneinander trennen. Er zählt dabei auf die hervorragende Unterstützung verschiedener Hersteller und während er vor Rob Grays Kamera posiert, erzählt er uns, was er wo und warum einsetzt.

Brad Binder (RSA) 2019 © Rob Gray

1. Die Unterwäsche
Binder schlüpft in spezielle Ober- und Unterteile aus Stoff, die perfekt unter seiner Rennkombi Platz finden. Sie helfen dabei, seine Körpertemperatur zu regulieren und erhöhen den Tragekomfort. Dank der komplizierten Eigenschaften der Materialien, die sich um Schweißabsorption und sogar Kompression kümmern, haben sich ‚Layers‘ in Bereich der Sportbekleidung in den letzten fünf Jahren schnell weiterentwickelt.

„Das coole an diesem Material ist, dass es einen kühlenden Effekt hat, wenn es nass ist und dem Wind ausgesetzt wird“, berichtet Binder. „Es wirkt kühlend. Für den Winter ist es natürlich nicht ideal, hilft aber enorm bei der Temperaturkontrolle. Außerdem besteht die Hose aus einem Material, dass es super einfach macht, in die Lederkombi zu schlüpfen.“

„Früher trug ich lange Motocross-Socken. Heute aber sind meine Stiefel und meine Kombi Maßanfertigungen und da wären die schon recht eng. Heute trage ich Socken, die viel kürzer sind und nur bis etwa zehn Zentimeter über meine Knöchel reichen. Tatsächlich ist es schwierig, ein gutes Paar zu finden! Wenn ich welche finde, verwende ich die das ganze Jahr lang.“

„Manchmal braucht es bei einem Grand Prix gar nicht so heiß zu sein und trotzdem kannst du die Sachen nach dem Rennen auswringen! Es ist ziemlich normal, völlig durchnässt zu sein, wenn du ins Motorhome zurückkehrst. Die Rennkombi hält dich warm und wenn du auf dem Bike hart arbeitest, verlierst du im Verlauf eines Rennwochenendes schon mal an Gewicht.“

„Vor einem Rennen lege ich die Team-Bekleidung ab und schlüpfe in einen Unteranzug oder einen Layer, dehne meine Muskeln und folge meiner normalen Aufwärmroutine. Danach lege ich die Lederkombi, die Stiefel, den Rücken- und Brustpanzer an und ziehe den Reißverschluss zu. Alles andere wartet dann in der Box auf mich.“

Brad Binder (RSA) 2019 © Rob Gray

2. Die Lederkombi
Moderne Rennanzüge bestehen aus einem komplizierten Mix aus (üblicherweise) Känguru- oder Rindsleder und anderen dehnbaren Stoffen, um Flexibilität, geringes Gewicht, Belüftung und Schutz zu garantieren. Sie werden mit großer Sorgfalt hergestellt, sind überaus strapazierfähig und hochmodern. So beinhalten sie die seit zwei Jahren in der MotoGPTM vorgeschriebene Airbag-Technologie.

„Es ist unglaublich, welche Fortschritte in den letzten sechs Jahren gemacht wurden. Wenn ich meine Kombi mit der vergleiche, die ich vor ein paar Jahren verwendet habe, sind es ‚verschiedene Welten‘ in Sachen Passform und Komfort. Airbags sind jetzt vorgeschrieben. Sie sitzen im Höcker und die Panele sind im Anzug selbst verborgen. Ich glaube, ich habe einen der leichtesten im Fahrerlager.“

„Der Anzug selbst ist auf mich persönlich zugeschnitten und regelmäßig wird mein Körper neu vermessen. Bei all dem Training kann es schon sein, dass deine Arme oder dein Brustumfang größer werden. Oder, dass du schlanker wirst. Alle sechs Monate – und am Ende der Saison – wird Maß genommen und der Anzug dementsprechend geändert. Die Unterstützung an der Strecke ist unglaublich und alle Anpassungen können direkt vor Ort vorgenommen werden. Wir werden wirklich perfekt betreut.“

„Manchmal kann es am Anfang des Jahres – oder wenn du eine Zeitlang nicht gefahren bist – etwas ‚ungewohnt‘ sein, wenn du alles angelegt hast. Nachdem du deine Ausrüstung aber eine Weile getragen und dich daran gewöhnt hast, das heißt wenn sie ‚eingetragen‘ ist, wird sie immer komfortabler. Im Jahr 2018 habe ich 18-20 Anzüge verwendet. Nach dem dritten Lauf dieses Jahres halte ich bereits bei sechs.“

Kurz bevor Binder den Reißverschluss seiner Lederkombi zuzieht, schiebt er noch einen kleinen Brustpanzer hinein – ein weiterer Bestandteil des MotoGPTM-Regelwerks. „Der Brustpanzer soll mögliche Schläge absorbieren. Er ist flexibel und extrem komfortabel. Wie viel Schutz er tatsächlich bietet, ist unklar … wahrscheinlich ist er aber besser als nichts.“

Brad Binder (RSA) 2019 © Rob Gray

3. Der Rest
Die letzten Stücke, die Binder anlegt, sind seine Stiefel, Handschuhe und sein Helm: Alle sind speziell auf ihn und seine Bedürfnisse zugeschnitten.

“Die Stiefel sind praktisch dieselben, die man im Geschäft kaufen kann, wurden aber etwas angepasst. Ich habe extrem schlanke Waden! Sie müssen also etwas angepasst werden, damit ich sie richtig gut zumachen kann. Außerdem bevorzuge ich enge Stiefel! Ich ziehe es auch vor, wenn das Profil der Stiefel um die Zehen schmaler ist, damit sie sich weniger klobig anfühlen. Ich werde bei meinen Bedürfnissen extrem gut unterstützt. Ich glaube, dass ich letztes Jahr 12 Paar Stiefel hatte und davon zwei verwendet habe. Wenn ich etwas gefunden habe, was gut passt und funktioniert, bleibe ich gerne dabei; wahrscheinlich spielt Aberglaube auch eine gewisse Rolle. Die Stiefel, die ich derzeit verwende, trage ich schon seit Mitte der letzten Saison, wenn ich mich nicht irre.“

„Die Leute reden oft über die Handschuhe und erzählen, dass sie gerne ein neues Paar tragen. Mich persönlich kümmert das nicht im Geringsten und auch die Handschuhe sind perfekt für mich angepasst. Wenn die Finger etwas zu eng sind, werden sie weiter gemacht oder gekürzt, wenn sie zu lang sind. Ich hatte 3 oder 4 Unfälle mit den Handschuhen, die ich momentan trage, und trotzdem sind sie noch wie neu. Ich weiß, dass sie aus verschiedenen Materialien bestehen, um deine Hände zu schützen, wenn du über den Asphalt schlitterst. Am Handballen ist zum Beispiel ein kleines Kohlefaser-Teil angebracht. Das Ganze kann ziemlich wissenschaftlich werden. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich bisher kaum Verletzungen an den Händen hatte.“

„Für meinen Helm wurde ein 3D-Scan von meinem Kopf gemacht und das Innere des Helms komplett angepasst. Es ist fast wie ein Innenfutter, das an alle kleinen Erhebungen angepasst ist! Es ist perfekt geformt und ich verwende das neue Modell, welches der neuen Homologation entspricht. Es ist sicher ein Kilo leichter! An einem normalen Tag verwende ich ein getöntes Visier. Wenn es geregnet hat und noch etwas Wasser auf der Strecke ist oder an nebligen Tagen trage ich ein halb getöntes Visier. Letztes Jahr brachte mein Helmhersteller ein Visier mit einer neuen Technologie heraus, bei der sich das Wasser nicht mehr oben ansammeln kann und das nie beschlägt. Seit damals muss ich mir darüber keine Sorgen mehr machen. Davor hatten wir das Dual-Visor-System, das auch bei normalen Straßenhelmen verwendet wird. Die hatten aber das Problem, dass Wasser oft zwischen die beiden Schichten gelangte. Das neue Visier ist richtig cool.“

Brad Binder (RSA) 2019 © Rob Gray

Am Ende unseres Foto-Shootings fragen wir Brad, welche Änderungen er sich für seine Rennausrüstung noch wünscht. Die Fahrer müssen sich auf dem Bike bekanntlich bewegen und auf die Bewegungen des Bikes reagieren. Flexibilität ist also alles, aber auch die Aerodynamik ist extrem wichtig, wenn es darum geht, gute Rundenzeiten hinzulegen. Also müssen die entsprechenden Elemente schlank und schmal sein. „Ich weiß wirklich nicht, was wir noch tragen oder machen können“, so Binder. „Ich glaube, dass bereits alle Aspekte perfekt abgedeckt sind!“

Fotos: Rob Gray