KTM 790 DUKE: Der Berg ruft

Nachdem sie mit der KTM 1290 SUPER DUKE R im Jahr 2017 beim Pikes Peak International Hill Climb einen neuen Streckenrekord für Motorräder aufstellten, kehren KTM und Chris Fillmore am 24. Juni mit der neuen KTM 790 DUKE zurück. Ihr Ziel – der Sieg in der Middleweight-Klasse und der Streckenrekord. Vor dieser monumentalen Aufgabe gab Chris dem KTM BLOG ein Interview.

Chris Fillmore (USA) KTM 790 DUKE © Brapp Snapps Media

Es gibt viele herausfordernde Veranstaltungen in der Welt des Motorradrennsports, aber nur wenige sind so verrückt wie der Broadmoor Pikes Peak International Hill Climb.

Das ‚Race to the Clouds‘ ist ein jährlich stattfindendes Bergrennen für Autos und Motorräder zum Gipfel des Pikes Peak – America‘s Mountain im US-amerikanischen Colorado. 2018 feiert der PPHC sein 102-jähriges Bestehen und fordert mit seiner Länge von 19,99 km und 156 Kurven in großer Höhe seit jeher Mensch und Maschine. Viele Fehler dürfen sich die Fahrer nicht erlauben, wenn sie das Ziel auf 4.300 m Seehöhe erreichen wollen. Dieser Tatsache müssen alle Starter ins Auge blicken.

Letztes Jahr bescherte der ehemalige AMA Superbike-Rennfahrer Chris Fillmore KTM auf seiner KTM 1290 SUPER DUKE R den Klassensieg in der Heavyweight-Klasse, den Gesamtsieg bei den Motorrädern sowie einen neuen Streckenrekord von 9:49,625. Solltest du es nicht schon gesehen haben, hier gibt’s das Video …

Als ein Unternehmen, das immer READY TO RACE ist, stellt sich KTM immer wieder neuen Herausforderungen – oft in Zusammenarbeit mit motivierten Rennfahrern wie Fillmore. Die Idee, mit der neuen KTM 790 DUKE auf den Berg zurückzukehren und den Middleweight-Klassensieg sowie den Rundenrekord zu holen, ließ intern schnell viele orangefarbene Herzen höherschlagen.

In der Middleweight-Kategorie sind 2- und 4-Takt-Bikes mit 1 bis 4 Zylindern und einem Hubraum von 501-850 ccm startberechtigt. Der LC8c-Reihen-2-Zylinder der KTM 790 DUKE hat 799 ccm Hubraum und wuchtet 105 PS sowie 86 Nm Drehmoment auf die Kurbelwelle. Aufgrund des extremen Höhenunterschiedes der Strecke – der Start liegt auf 2.860 m Seehöhe – verlieren die Motoren alle 305 m, die es höher hinaufgeht, ca. 3 % ihrer Leistung. Von der körperlichen Belastung für den Fahrer ganz zu schweigen.

Der aktuelle Middleweight-Streckenrekord von 10:34,967 wurde 2017 von Codie Vahsholtz, auf einer Husqvarna Supermoto aufgestellt. Was noch beeindruckender ist: Davey Durelle stellte in der Lightweight-Klasse einen neuen Rekord auf, der nur eine halbe Sekunde unter Vahsholtz‘ Zeit lag und fährt 2018 in der Middleweight-Division.

„Natürlich hätten wir mit der 1290 zurückkehren und versuchen können, noch schneller zu sein. Stattdessen nehmen wir die Einführung der neuen KTM 790 DUKE auf dem nordamerikanischen Markt Ende des Jahres zum Anlass, es mit diesem Bike zu versuchen und noch mehr Geschichte zu schreiben“, verrät uns der in Michigan geborene Chris Fillmore in seinem zurückhaltenden, lockeren Stil.

Chris Fillmore (USA) KTM 790 DUKE © Brapp Snapps Media

Wir trafen den 31-jährigen Chris auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz bei KTM Nordamerika in Kalifornien, nachdem er vom offiziellen Pikes Peak-‚Reifentest‘ zurückgekehrt war. Da er das Bike erst später als geplant erhalten hatte, konnte die #11 nicht viel testen, was diesen Test zu seiner letzten Chance machte, das Setup vor dem Event, der am 18. Juni startet und am 24. Juni mit dem Rennen endet, zu perfektionieren.

„Dieses Jahr haben wir viel Konkurrenz in allen Klassen und Davey ist bereits extrem gut unterwegs“, erklärt uns Chris. „Ich glaube, dass dieses Jahr Streckenrekorde purzeln werden – mit Ausnahme meines absoluten Rekordes, hoffe ich – ich hoffe aber, die Middleweight-Kategorie mit einem neuen Rekord gewinnen zu können und auch die Gesamtwertung bei den Motorrädern für mich entscheiden zu können. Wir werden sehen!“

KTM hat die KTM 790 DUKE nicht als Rennstrecken-Waffe entwickelt. Dennoch ist jedes Motorrad des Sportmotorcycle-Herstellers READY TO RACE und damit brauchte es nicht viel, um ‚The Scalpel‘ noch schärfer zu machen.

„Das Serien-Bike ist bereits auf einem sehr hohen Niveau. Das weiß ich, weil ich es zusammen mit Jeremy McWilliams auf einer spanischen Rennstrecke mit vielen Konkurrenzmodellen vergleichen konnte, was sehr vielversprechend war“, so Chris, der davon beinahe überrascht zu sein scheint. „Wir begannen mit einer Serienmaschine und wühlten uns durch den KTM PowerParts-Katalog – fügten ein paar Wave-Bremsscheiben, eine Fußrastenanlage, eine Einzelsitzbank und einige andere feine Teile hinzu. Außerdem entfernten wir die Beleuchtung, verpassten der Federung ein paar härtere Federn, zogen andere Reifen auf, installierten eine spezielle Komplettanlage von Akrapovič und den Brembo-Hauptbremszylinder der KTM 1290 SUPER DUKE R. Beim Testen auf dem Auto Club Speedway in Fontana war ich nach einem Tag nur 2 Sekunden langsamer als meine beste Zeit auf der 1290!“

KTM 790 DUKE © Bryan Mills

Rundstrecken-Tests sind eine Sache, beim Reifentest am Pikes Peak – der zwei Tage lang auf jeweils einer Hälfte des Kurses abgehalten wird – fand Chris aber schnell heraus, dass ein hubraumschwächeres Bike einen anderen Fahrstil erfordert. Einen wesentlich engagierteren nämlich.

„Das hat mich beim Testen am meisten überrascht“, erklärt Chris. „Dieses neue Bike ist fantastisch – so wendig und so einfach in Schräglage zu bringen. Auf der 1290 konnte ich etwas fauler fahren, die Power und das wuchtige Drehmoment ihr Ding machen lassen und einfach nur hart bremsen. Mit der KTM 790 DUKE kann ich viel höhere Kurvengeschwindigkeiten fahren, und das muss ich auch, wenn ich den Klassenrekord und den Gesamtsieg anvisieren möchte.“

Chris betont, dass er im mittleren Abschnitt der Strecke – wo sich viele Serpentinen befinden, die im 3. Gang genommen werden – den Leistungsnachteil der 790 gegenüber der 1290 am stärksten spürt. Um Zeit gutzumachen, muss er hier engagierter fahren. Die Höchstgeschwindigkeit seines diesjährigen Bikes liegt außerdem um 32 km/h unter der der KTM 1290 SUPER DUKE R. Mit weniger Power steigt für Fillmore also das Risiko, da er den Vorderreifen stärker fordern muss. Angesichts der Tatsache, dass sich neben der Strecke gähnende Abgründe auftun, nicht gerade ideal …

„Nach dem Fahren sind nur die Seiten der Reifen warm, nicht aber die Mitte. Das sagt eigentlich schon alles“, so Chris. „Ich muss gleichmäßiger fahren. Und weniger aggressiv. Ich muss etwas methodischer vorgehen, über Dinge nachdenken und mich auf den Kurvenspeed konzentrieren, habe aber nur einen begrenzten Grip zur Verfügung. Deshalb möchte ich den Vorderreifen nicht bis ans Äußerste fordern.

„Letztes Jahr waren meine Zeiten beim Testen nicht unter den besten. Was mir dann trotzdem zum Sieg verhalf, waren wahrscheinlich meine Konstanz über die gesamte Distanz und die ganze Strecke. Ein ganzes Jahr später kenne ich die Strecke ein bisschen besser – besonders den unteren Teil mit den vielen Kurven im 4. und 5. Gang. Dort wird sich die 790 richtig wohlfühlen.“

Chris Fillmore (USA) KTM 790 DUKE © Brapp Snapps Media

Die KTM 790 DUKE wird erst gegen Ende des Jahres in den USA verfügbar sein, Chris kann sich also glücklich schätzen, bereits vorab viel Zeit auf dem Bike verbringen zu dürfen. Und was gefällt ihm am besten an der neuen DUKE?

„Ich mag das Handling. Es ist definitiv eine Stärke des neuen Bikes, das sich außerdem wie ein kleines Bike anfühlt – kompakt und wendig. Sogar in der Garage lässt es sich ganz einfach vom Ständer nehmen und herumrollen. Die Optik finde ich auch ganz toll. Anfangs war ich kein Fan davon, wie sich das Design vom Konzept bis zum Serienbike geändert hat, aber jetzt mag ich es mehr als das der 1290.“

Fotos: Brapp Snapps Media | Bryan Mills
Video: KTM