MotoGP™-Test: Tony Cairoli über sein KTM-Debüt auf Asphalt

Könnte einer der besten Motocrosser aller Zeiten ernsthaft einen Berufswechsel in Erwägung ziehen? Mitte Oktober erfüllte sich für Tony Cairoli in Valencia ein langgehegter Wunsch: ein Test mit dem KTM-MotoGPTM-Bike. Bilder haben wir bereits gesehen, aber jetzt wollen wir auch hören, was der Sizilianer über sein Debüt mit der KTM RC16 zu sagen hat.

Tony Cairoli (ITA) KTM RC16 Valencia (ESP) 2017

Die letzten Wochen sagen eine Menge über den MXGP-Weltmeister Tony Cairoli. Nur einen Monat nach dem Gewinn seines neunten FIM-Titels feierte er umgeben von Familie und Freunden seine Hochzeit mit Jill. Die Flitterwochen wurden allerdings um ein paar Tage verschoben, so dass Cairoli einen langgehegten Traum realisieren und einige Runden mit dem KTM-MotoGPTM-Bike drehen konnte. An einem sonnigen Tag stattete Cairoli dem Red Bull KTM Test Team auf dem Ricardo Tormo Circuit in Valencia einen Besuch ab. Tolle Leute, gute Zeit.

Der erfahrene 32-Jährige erschien ungewöhnlich nachdenklich im Fahrerlager. Der für Motocrosser eher ungewohnte Airoh-Vollvisierhelm sowie die Lederkombi waren die offensichtlichen Hinweise, dass der Speed der Nummer 222 bei diesem Test auf eine neue, etwas andere Probe gestellt werden würde. Dem ersten Aufheulen des Motors folgte ein detailliertes Briefing durch das Testteam, das mit seiner, wenn auch oft im Hintergrund stattfindenden Arbeit, eine entscheidende Rolle im ersten Jahr des erfolgreichen KTM-Auftritts in der MotoGPTM spielt. Vom offiziellen Testfahrer Mika Kallio erhielt Cairoli wertvolle Tipps, um ihm die Umstellung von seiner KTM 450 SX-F auf die KTM RC16 zu erleichtern.

Mika Kallio (FIN), Tony Cairoli (ITA) & Team Valencia (ESP) 2017

Sobald die Reifenwärmer entfernt wurden, ging das MotoGPTM-Bike mit der Nummer 222 auf die Strecke. Im Verlauf des 22 Runden umfassenden Tests fühlte sich Cairoli immer wohler, wurde immer schneller und fuhr am Ende mit immer größerer Schräglage.

„Das, was mich am meisten beeindruckt hat, sind die Bremsen und die unglaubliche Beschleunigung; es ist gar nicht so einfach, das Limit eines Bikes zu finden, das sich so perfekt und ausbalanciert anfühlt“, beschrieb Cairoli seine Eindrücke. „Der Grip in den Kurven ist erstaunlich. Es ist zehn Jahre her, dass ich zuletzt ein MotoGPTM-Bike getestet habe und man spürt die Verbesserungen und den höheren Kurvenspeed sofort. Ich bin zwar nur ein paar Runden gefahren, aber am Ende hatte ich ein gutes Gefühl und ich dachte, ich könnte mehr pushen.“

„Während der ersten Runden hatte ich ein paar Probleme mit der umgedrehten Schaltung, aber nach ein paar Fehlern konnte ich mich gut darauf einstellen“, fügte er hinzu. „Zum Glück war Mika da; er hat so viel Erfahrung. Er hat mir ein paar wirklich wertvolle Tipps gegeben und ich konnte ihm folgen, um die richtige Linie zu finden und so einige Fehler vom Anfang ausbügeln: Vielen Dank Mika!“

Mika Kallio (FIN, #36) & Tony Cairoli (ITA, #222) KTM RC16 Valencia (ESP) 2017

„Ich habe mich unheimlich auf diese Möglichkeit gefreut; leider war die Zeit begrenzt, so dass ich nicht noch mehr Runden fahren konnte. Ich hoffe, dass ich beim nächsten Mal mehr Runden fahren und so näher ans Limit kommen kann“, sagte TC. „Es ist ein unglaublicher Adrenalinstoß, mit mehr als 300 km/h zu fahren, denn wir sind solche Geschwindigkeiten nicht gewöhnt. Es war einfach nur großartig.“

Angesprochen auf einen Vergleich zwischen Offroad und Street sagte Cairoli: „Du musst dich an eine Linie halten und hast nicht die Möglichkeit, die Linie zu ändern, so wie wir es machen, um ein besseres Gefühl zu haben“, erklärt er. „Du musst in jeder Runde der idealen Linie folgen und versuchen, alles perfekt zu machen.“

„Ein großes Dankeschön an KTM und das Testteam für diese Möglichkeit. Ich hoffe, ich bekomme irgendwann nochmal so eine Chance. Ich mag Herausforderungen und probiere gerne neue Dinge aus. Es war das erste Mal, dass ich mit einer Schräglage von 59 Grad gefahren bin und den Ellbogen auf dem Asphalt hatte!“

Tony Cairoli (ITA) KTM RC16 Valencia (ESP) 2017

Trotz jahrelanger Erfahrung als Rennfahrer, war der phenomenale Speed der KTM eine ganz neue Erfahrung für Cairoli. Sein erfolgreicher Test mit der KTM RC16 fügt sich nahtlos in seine Karriere ein, wenn man bedenkt, zu welchem Erfolg und welcher Bekanntheit er der damals bahnbrechenden KTM 350 SX-F mit fünf MXGP-Titeln zwischen 2004 und 2010 verholfen hat. Obwohl mittlerweile in den 30ern, dominiert Cairoli seinen Sport und genauso wie ein anderer berühmter Italiener, macht er keine Anstalten nachzulassen.

Fotos: Stefano Taglioni/KTM
Video: Black&Rad