MXGP-WERKSBIKES UND IHRE SPEZIAL-TEILE

Die Weltmeistermaschine KTM 250 SX-F ist dem Serienmodell in vielerlei Hinsicht erstaunlich ähnlich. Das Motorrad, das Tom Vialle, Rene Hofer und Mattia Guadagnini bewegen, besitzt allerdings einige ganz auf die Bedürfnisse dieser Red Bull KTM Factory Racing-Werksfahrer zugeschnittene, spezielle Teile und Modifikationen. Und die brauchen sie auch, wenn sie in der MX2-Klasse um Siege mitfahren wollen. Ihre Bikes sind dank zusätzlichem Feintuning noch mehr READY TO RACE für den GP-Rennsport. Das Team von Red Bull KTM Factory Racing hat sich ein paar Minuten Zeit genommen, um uns dazu Frage und Antwort zu stehen …

Tom Vialle vom Red Bull KTM Factory Racing Team auf seiner KTM 250 SX-F in Maggiora, Italien
PC @RayArcher

Die KTM 250 SX-F mit der Startnummer 28 glänzt beim FIM-Motocross-Grand-Prix von Italien unter der Markise des Team-Trucks. Wenige Stunden nachdem sie uns als Vorzeigeobjekt dafür diente, was ein MX2-Bike zu einem ‚Werksbike‘ macht, fuhr diese Maschine den zweiten Sieg in drei Rennen ein und machte Guadagnini zum Träger der roten Startnummerntafel und dem Führenden in der Weltmeisterschaft 2021. Diese Rennbikes werden im härtesten Testlabor eingesetzt, das man sich vorstellen kann, und dienen somit auch als Entwicklungsträger für Serienmodelle der Zukunft.

Mattia Guadagnini auf dem Weg zum Sieg in Maggiora, Italien
PC @RayArcher

In der Offroad-Welt hat insbesondere die KTM 250 SX-F die Bezeichnung ‚Vollblut-Rennmotorrad‘ verdient. Sie wurde im Jahr 2003 zum ersten Mal vorgestellt und gewann 2004 gleich ihre erste MX2-Weltmeisterschaft. Seitdem hat sie mit acht verschiedenen Fahrern 12 weitere Titel errungen. Sie kontrolliert die MX2-Klasse seit 2016 nach Belieben.

Im Vergleich zur MXGP-Klasse – wo 450-cm3-Motoren mehr als genug Power für die aktuellen 1,6 km langen Grand-Prix-Kurse leisten und gleichzeitig auf Fahrbarkeit ausgelegt werden – sind die 250-cm3-Aggregate der MX2-Kategorie auf maximale Leistung getrimmt. Dank der für das Setup (Elektronik) wichtigen Komponenten und jenen, die Haltbarkeit, Zuverlässigkeit und Performance garantieren, erfüllen alle Werksbikes dieser Klasse das in den Regeln vorgeschriebene Mindestgewicht.

Tom Vialle’s Mechaniker Harry Norton in der Box
PC @RayArcher

Und wie bereitet Red Bull KTM seine Bikes auf die Schlacht vor? Wir haben Tom Vialles Mechaniker Harry Norton gebeten, uns eine kurze Tour der speziellen Teile am Bike mit der Startnummer 28 zu geben …

Lenker – Kupplung und Gasdrehgriff

„Das Gehäuse des Kupplungshebels ist ein Werksteil von Brembo und ist statt oben auf der Rückseite des Lenkers montiert. Es ist robuster und wird aus einem einzigen Stück Metall gefräst. Somit ist das Teil wesentlich widerstandsfähiger. Außerdem ist es beschichtet und sieht richtig cool aus.

Das Kupplungsgehäuse auf Tom Vialle’s KTM 250 SX-F ist aus einem einzigen Stück Metall gefräst
PC @AdamWheeler

Auch auf der Gasseite tauschen wir das Serien-Teil gegen ein Gasgriffgehäuse, das komplett aus Aluminium CNC gefräst wird. Auch das dient dazu, das Teil widerstandsfähiger zu machen. Damit kann es bei einem Sturz nicht kaputtgehen (was den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage in einer Weltmeisterschaft bedeuten kann).

Das Gasgriffgehäuse ist besonders stark, um den Renn-Bedingungen gerecht zu werden
PC @AdamWheeler

Gleich zu Beginn der Saison bestellen wir einen ganzen Schwung davon, brauchen aber nur sehr wenige davon. Dabei handelt es sich auch um ein Teil, das nicht für jeden gemacht ist. Jedes Rennmotorrad hat einen solchen Gasdrehgriff und der hält normalerweise die ganze Saison. Die Dinger gehen nicht kaputt und werden nur nach einem schweren Sturz getauscht, nach dem sie zerkratzt sind.“

Tom Vialle’s Motorrad hat ein aus Aluminium CNC gefrästes Gasgriffgehäuse
PC @AdamWheeler

Hinterrad-Bremshebel

„Hierbei handelt es sich um 3-D-gedrucktes Titan, also eine recht neue Technologie. Sie sieht genauso aus wie das Standard-Teil, ist aber extrem robust und haltbar. Der Hebel widersteht harten Schlägen, wie sie auf diesem Niveau oft vorkommen. Mit 3-D-gedrucktem Titan arbeiten wir erst seit der letzten Saison.

Der Hinterrad-Bremshebel von Tom Vialle’s KTM 250 SX-F ist aus 3-D-gedrucktem Titan
PC @AdamWheeler

Toms Fußrasten selbst bestehen aus geschweißtem Titan, da er eine unterschiedliche Form bevorzugt; der Auftritt und der Durchmesser sind etwas anders. Toms Setup ist prinzipiell recht neutral. An seinem Lenker, seinen Bremsen und den anderen Bedieneinheiten ist nichts ungewöhnlich.“

Tom Vialle’s Fußrasten sind aus geschweißtem Titan
PC @AdamWheeler

Bremsenschutz vorn und hinten

„Kite produziert für uns eine Halterung für den hinteren Bremsenschutz, der aus zwei fixen Aluminium-Halterungen besteht, an denen wir unseren Kohlefaser-Schutz anbringen, der den Bremssattel vor Beschädigungen bewahrt, wenn der Fahrer etwa tiefe Furchen durchfährt, in denen der Bremskolben zurückgedrückt werden kann.

Der Kohlefaser-Schutz bewahrt den Bremssattel vor Beschädigungen
PC @AdamWheeler

Auch für vorn haben wir einen Schutz, damit der Bremssattel nicht nach innen gedrückt werden und die Vorderradbremse nicht ausfallen kann.“

Auch vorne wird die Bremse durch einen Kohlefaser-Schutz geschützt
PC @AdamWheeler

Krümmer

„Der Krümmer ist eines der coolsten Teile an unserem Bike. Ein Teil des Krümmers besteht aus gegossenem Titan. Der Auslasskanal mündet in den Standard-Titan-Krümmer von Akrapovič, aber dann haben wir diesen Abschnitt, der an das Bike angepasst ist. Statt die Abschnitte mit Federn zu verbinden, ist alles angeschraubt. Wie viele andere Teile, die wir verändern, muss der Krümmer für den Grand-Prix-Sport robuster gestaltet sein. Wir können die Motorcharakteristik an den Krümmer anpassen. Ich glaube, dass Akrapovič das einzige Unternehmen ist, das solche Krümmer baut, da der Gussprozess sehr aufwendig ist. Einfach ist das nicht. Dank dieses Teils müssen wir uns weniger Sorgen machen, dass etwas Unvorhergesehenes mit dem Motor passiert, wenn das Bike zu Fall kommt.

Die KTM 250 SX-F von Tom Vialle hat einen aus Titan gegossenen Krümmer
PC @AdamWheeler

Alles, was wir tun, dient dazu, Risiken zu minimieren. Wir wollen die Wahrscheinlichkeit eines technischen Gebrechens so weit wie möglich reduzieren, auch wenn das manchmal bedeutet, dass wir das Gewicht steigern müssen … im Gegenzug bekommen wir aber ein robusteres Bike. Auf diesem Niveau brauchen wir diese Schutzmaßnahmen, da die Bikes viel höheren Belastungen ausgesetzt sind und viel öfter mit anderen Bikes kollidieren. Wir versuchen immer, die Komponenten noch robuster zu machen.“