The Goodwill Journey

Uns bei KTM kommen gelegentlich Geschichten von unglaublichen Leistungen oder Reisen zu Ohren, zu denen sich Menschen aus verschiedenen Gründen aufmachen. Manche der Herausforderungen, denen sich diese Menschen stellen, sind wahrhaft außergewöhnlich. Vor etwas weniger als zwei Jahren erfuhren wir im KTM-Headquarter von Wissam Al Jayyoussi, einem Mann, der eine so lange Charity-Fahrt plant, dass sie alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen könnte.

Er befindet sich nun etwa bei der Hälfte und musste bereits mit einer Reihe von Problemen wie Stürzen, Visaproblemen, Diebstahl, einem gebrochenen Handgelenk, einem versunkenen Motorrad oder einer verletzten vietnamesischen Katze fertig werden. Die Schläge, die seine KTM 1190 ADVENTURE R dabei wegstecken musste, hätten wahrscheinlich jedes andere Motorrad niedergestreckt. Aber Wissam fährt immer weiter. Seine Reise, die im März 2015 in Dubai begann, wird ihn in 2 Jahren durch 110 Länder führen und 240.000 km lang sein. Bei ungefähr 50.000 km haben wir uns mit ihm getroffen. Der Extrem-Abenteurer sammelt Spenden für Kinder in vom Krieg zerstörten Ländern – seine Aktion trägt den Namen „The Goodwill Journey“.

Wissam Al Jayyoussi & KTM 1190 ADVENTURE R

Wissam Al Jayyoussi & KTM 1190 ADVENTURE R

Nach bisher sieben Monaten hat er bereits 25 Länder besucht und mindestens 20.000 Offroad-Kilometer zurückgelegt. Dies gestaltete sich äußerst schwierig: Er musste Temperaturen von minus 20 bis über 45 Grad Celsius aushalten, dichter Schneefall, vereiste Bergstrecken und extrem gefährliches Terrain brachte Wissam viele Male zum Sturz, er schaffte es aber immer wieder, weiterzufahren. Die größte Herausforderung waren die etwa 70 Visa, die er für die Länder auf seiner Reisestrecke benötigte, und die schwierigen Bestimmungen zum Durchfahren dieser Länder mit seinem Bike.

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Auf seiner Reise sammelte er bereits viele fantastische Geschichten und die Freundlichkeit der Menschen, die ihn dabei unterstützt haben, seine Unternehmung zu überstehen. Wir haben einige der interessantesten Geschichten ausgewählt. Eine erzählt davon, wie Wissam direkt auf der Straße ein vietnamesisches Kätzchen fand, das völlig abgemagert war und wahrscheinlich nicht mehr lange überlebt hätte. Nachdem er die Tasche mit seiner Wechselkleidung am Heck seines Motorrads verloren hatte, steckte er das Kätzchen in seinen Tankrucksack und hielt immer wieder an, um es zu füttern.

„Ich war gerade in Laos und versuchte, einen Platz nahe der vietnamesischen Grenze zu erreichen, um diese am nächsten Tag zu überqueren. Irgendwann bemerkte ich, dass ich eine der Taschen, die auf der linken Satteltasche angebracht war, verloren hatte. Darin befand sich etwa die Hälfte meiner Kleidung, hauptsächlich Winterkleidung, und es sah so aus, als ob sie sich gelockert hatte und heruntergefallen war. Ich kehrte sofort um und fuhr den Weg zurück, um sie zu finden. Nach fast 15 km gab ich auf und entschied mich, es bleiben zu lassen und weiterzufahren. Ich kehrte um, um weiter in Richtung Vietnam zu fahren, als ich in der Mitte der Straße etwas sah, das Ähnlichkeit mit einer kleinen Ratte hatte. Als ich näher kam, sah ich, dass es ein Kätzchen war, das völlig abgemagert war und im Sterben lag. Ich glaube, dass sie aufgegeben hatte und sich auf die Straße geschleppt hatte, um ihr Leid zu beenden.“

Er setzte seine Fahrt in Richtung Thailand fort, wo er hoffte, einen Freund zu finden, der das kleine Kätzchen adoptieren würde. Aber auch diese Fahrt ging nicht ohne Zwischenfälle über die Bühne. Auf der Fahrt von Vietnam, auf der Wissam von einem Guide begleitet werden musste – was in vielen Ländern auf seiner Reise der Fall war – wurde der Biker auf einer engen Bergstraße von einem Lastwagen angefahren. Der Lastwagen fuhr in der Mitte der Straße den Berg herunter und traf die linke Satteltasche von Wissams Motorrad, wodurch er in die Spur neben der Straße gedrängt wurde. Obwohl der Tankrucksack durch den Aufprall weggeschleudert wurde, überlebte das Kätzchen!

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Es folgte eine verrückte Geschichte: Nachdem sie ihm geholfen hatten, bestahl ihn eine Gruppe von Leuten und die Polizei unterstützte ihn mit den Videoaufzeichnungen seines Sturzes. Außerdem bestätigten Röntgenaufnahmen, dass seine Hand gebrochen war, während sein Motorrad buchstäblich zusammengeflickt werden musste, um es zur gründlichen Reparatur nach Malaysia oder Thailand zu bringen. Seine Hand wurde mit einem speziellen Gips versehen, der es ihm erlaubte, weiterzufahren, und das Kätzchen fand tatsächlich ein schönes neues Zuhause in einem Restaurant nahe der Unfallstelle!

Als wäre das alles noch nicht genug, wäre Wissam mitsamt seinem Bike beinahe ertrunken. Nachdem er tagelang gefahren war, kaum etwas gegessen hatte und von den frostigen Temperaturen bei Nacht und Schlafentzug entkräftet war, schätzte er eine Flussdurchfahrt falsch ein.

„Viele von euch kennen mich nicht persönlich, aber ich kann euch sagen, dass ich kein Typ bin, der schnell aufgibt. In den letzten Tagen aber spielte ich öfter mit dem Gedanken, nach Hause zu fahren. Nach meinem letzten Stopp war ich am frühen Morgen aufgestanden. Auf mich warteten nur 100 km Wüste und dann befestigte Straßen bis Ulan Bator und das Ende der Fahrt durch die Mongolei. 30 Meter entfernt lag ein Fluss, den ich problemlos durchfahren konnte, und 100 Meter weiter tauchte ein weiterer auf. Ich musste anhalten und mir das erst einmal durch den Kopf gehen lassen, denn er sah tief aus.“

„Ich versuchte, in Erfahrung zu bringen, ob es eine andere Furt gäbe, ich suchte links und rechts, konnte aber keinen anderen Weg finden. Auf der gegenüberliegenden Seite sah ich einige alte Traktoren und ich fragte die Leute, ob sie mein Bike übersetzen könnten, aber ich denke, sie haben mich nicht verstanden. Dann tauchte ein Auto auf, es wurde an einem Traktor festgebunden und durch den Fluss gezogen. Als ich sah, wie das Auto durch den Fluss gezogen wurde, sah er nicht so tief aus. Jedoch sollte ich erst später herausfinden, warum das Auto vom Traktor gezogen wurde. Auf jeden Fall traf ich die Entscheidung, die Durchfahrt zu wagen. Zuerst hatte ich keine Probleme, doch dann wurde der Fluss tiefer. Als ich hinunter sah, bemerkte ich, dass das Wasser bereits meine Knie erreicht hatte, und als ich nochmal hinsah, wurde mir klar, dass ich den Ausfahrtspunkt verpasst hatte. Ich versuchte noch, die Richtung zu korrigieren, was aber nicht funktionierte, da mich etwas den Fluss hinunterzog! Ich hatte nicht bemerkt, wie stark die Strömung war und musste jetzt dafür bezahlen. 5 Meter vom Ufer, wo es bereits wieder seichter wurde, ließ ich mein Motorrad fallen, es war aber immer noch tief genug, um das ganze Bike und den Motor absaufen zu lassen.“

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Mit komplett durchnässter Kleidung und völlig ruinierter Ausrüstung musste Wissam die Bergung seines Motorrads organisieren. Er konnte den Daheimgebliebenen nicht mitteilen, was passiert war, obwohl diese (per GPS) sehen konnten, dass er angehalten hatte. Und obwohl er das Bike komplett zerlegte, um das Wasser herauszubekommen, musste er noch einige Zeit auf Öl warten. Obwohl er versuchte, das Motorrad zu reparieren, stellte dies eine gewaltige Hürde dar. Er fand jemanden, der ihm half, und musste darauf warten, dass Öl aus dem nächsten Dorf geholt wurde, was mehr als vier Stunden dauerte.

„Mein Helfer bot mir ein Bett in seinem Zelt an. Er, seine Frau und sein Sohn schliefen in einem Bett und gaben mir das andere. Sie gaben mir außerdem zu essen und verlangten keine Gegenleistung. So legte ich mich schlafen. Fünf Minuten später trat jemand ins Zelt und teilte mir mit, dass mich der Statthalter eines nahegelegenen Dorfes sehen wollte. Ich fragte mich warum! Ich ging zu dem Zelt, in dem der Statthalter auf mich wartete. Als ich eintrat, fing er an „Tseren, Tseren, Tseren …“ zu sagen. Ich sagte ihm auf Englisch, dass ich ihn nicht verstehen konnte, als er mir sein Handy gab, auf dem einige SMS in englischer Sprache standen, die meine Freundin Tseren Enebish aus der Mongolei geschrieben hatte.“

„Tseren wurde mir von einem anderen Freund vorgestellt und ist eine Figur des öffentlichen Lebens und eine äußerst angesehene Frau in der Mongolei. Sie hatte es geschafft, mich mitten in der Wüste zu finden und den Chef des nächstgelegenen Dorfes zu mir ins Nirgendwo zu schicken, um mir in wenigen Stunden zu helfen. Das bedeutete, dass mich mein Freund anrufen konnte, und er hatte sogar einen Motorrad-Mechaniker neben sich sitzen. Die beiden instruierten mich: Öl einfüllen, den Motor 20 Minuten laufen lassen und dann dieses Öl entsorgen. Dann sollte ich 3 Liter Diesel statt Motoröl einfüllen und den Motor für 2 Minuten laufen lassen. Zum Schluss füllte ich frisches Öl ein und setzte meine Fahrt fort.“

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Wissam musste noch auf mehr Öl warten, doch als er schließlich weiterfahren konnte, bemerkte er ein Leck am Ölfilterdeckel. Als er ihn festschrauben wollte, riss er die Schraube ab und das gesamte Motoröl lief aus. Er fand einen KTM-Händler in Ulan Bator und musste das Bike mit einem Pickup-Truck hinbringen. Dort half ihm der Händler vor Ort, soweit er konnte.

„Der Händler war sehr nett und professionell. Sie nahmen das Motorrad, checkten es komplett durch und reinigten alle Teile, wuschen den Motor mit drei Ölwechseln aus, erneuerten die Schraube und führten eine Diagnose durch. Sie gaben mir sogar einen neuen Sitzbankbezug und verlangten kein Geld. Die Straßen der Mongolei gehören vielleicht zu den härtesten der Welt, aber die Menschen sind die freundlichsten, die man sich vorstellen kann. Alle halfen mir, egal ob sie mich kannten oder nicht, und verlangten keine Gegenleistung. Die Menschen, die so wenig haben, gaben mir so viel.“

Sein Motorrad – eine KTM 1190 ADVENTURE R, die in diesen brutalen Bedingungen wirklich auf die härteste Probe gestellt wurde – ist für Wissam etwas ganz Besonderes.

„Speziell in Sachen Zuverlässigkeit ist der Unterschied zwischen meiner KTM und anderen Motorrädern, die ich gefahren bin, massiv. Die KTM übertraf das letzte Motorrad, das ich hatte, in jeder Beziehung. Auf 50.000 km ging ein Gabeldichtring kaputt, mit dem ich aber noch 3.000 km weiterfuhr, bevor die Gabel komplett ausgetauscht werden wurde. Außerdem ging mir eine Kraftstoffpumpe kaputt, was aber meine eigene Schuld war. Russisches Benzin ist sehr schmutzig, und auch in Asien ist Benzin normalerweise von schlechter Qualität. Trotzdem wechselte ich für 33.000 km den Kraftstofffilter nicht, wodurch er völlig verstopfte, was die Kraftstoffpumpe überforderte und schließlich abbrennen ließ. Trotzdem machte das Bike nicht schlapp. Ich musste nur langsam bis zu meinem nächsten Ziel fahren, wo ich den Filter wechselte.“

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„Ich möchte noch ein paar Worte über etwas sagen, was sehr wichtig ist. Die KTM-Händler auf der ganzen Welt übertreffen alle anderen Händler. Sie sind derartig nett und hilfsbereit, dass es einen mit viel Dankbarkeit erfüllt. Wir wurden Freunde und die meisten lehnten es sogar ab, für ihre Arbeit bezahlt zu werden. Sie haben alles gewechselt, was im Rahmen der Garantie zu wechseln war. All das trägt dazu bei, dass meine Gesamterfahrung wesentlich besser war als bei irgendeinem anderen Motorrad, das ich je ausprobiert habe.“

Wissams Reise geht weiter. Die Heilung seiner Handverletzung, die er sich in Thailand zugezogen hatte, nahm drei Monate in Anspruch und wenn dieser BLOG veröffentlicht wird, befindet er sich gerade irgendwo in Australien – fest entschlossen, die nächsten 33.000 km anzugehen. Egal, wie beschwerlich seine Reise auch ist, er ist der Überzeugung, dass das Leben der Kinder, für die er fährt, mindestens genauso hart ist – sie müssen tagtäglich mit viel mehr fertig werden, als die meisten von uns im ganzen Leben. Sein Ziel ist es, mehr als 2 Millionen US-Dollar an Spendengeldern zu sammeln.

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Mehr Informationen zu The Goodwill Journey gibt es hier.

Fotos: Wissam Al Jayyoussi