The Hard Yards: Wie man sich auf das Fahren in der MotoGP™ vorbereitet

Red Bull KTM-Werksfahrer Bradley Smith und Pol Espargaró verraten, wie sie körperlich in Form kommen, um die Strapazen der MotoGPTM zu meistern.

Das Beschleunigen und Bremsen (während dessen Fahrer oft mehr als 1,4 G ausgesetzt sind – zum Vergleich: Kampfjet-Piloten müssen beim Fliegen und Manövrieren kurzzeitig 8-9 G aushalten) sind zwei der körperlich anspruchsvollsten Elemente, wenn es darum geht, ein 160 kg schweres MotoGPTM-Bike um die neunzehn Kurse der FIM-Weltmeisterschaft zu prügeln. Nach einem ganzen Jahr in der obersten Liga kennen das Red Bull KTM-Team und seine Fahrer Bradley Smith (27) und Pol Espargaró (26) – beide erfahrene Grand Prix-Sieger und Titelinhaber – die KTM RC16 und die Eigenheiten des österreichischen Bikes in- und auswendig.

Bradley Smith (GBR, #38) & Pol Espargaró (ESP, #44) KTM RC16 Losail (QAT) 2018 © Marcin Kin

In Natura sind MotoGPTM-Fahrer meist klein, gelenkig und athletisch. Alle 24 Fahrer der Weltmeisterschaft trainieren und testen unglaublich hart – nicht nur, um leicht, flexibel und dynamisch zu bleiben, sondern auch, um stark genug zu sein, ein Motorrad zu bändigen, mit dem nur Wenige umgehen können … ganz zu schweigen davon, dass sie dabei regelmäßig an die Grenzen der Physik gehen.

Vor allem Smith bereitet sich mit geradezu wissenschaftlichen Methoden auf die Saison vor. Abgesehen von den Rennen selbst und einem halben Dutzend Tests pro Jahr, haben MotoGPTM-Athleten schließlich nur selten die Möglichkeit, ihre Rennmotorräder unter Wettkampfbedingungen zu bewegen. Das gibt den Fahrern die Zeit, ihre Form und ihre Fähigkeiten auf andere Weise – etwa in anderen Motorrad-Sportarten oder mit anderen Trainingsmethoden – zu verbessern.

„Ich verwende Polar-Technologie, um meine Herzfrequenz und meinen Lactatgehalt zu messen, was ich für besonders wichtig halte. So findest du heraus, was biologisch in deinem Körper vorgeht“, verrät Smith. „Es gibt Aufschluss über aerobe und anaerobe Grenzwerte. Außerdem kannst du noch Watt-Zähler verwenden und deine Trainingsintervalle und -bereiche ganz genau definieren. Ich kenne bei meinen Trainingssitzungen immer meine Werte, teste alle sechs Wochen aber auch neue Herangehensweisen und Trainingsbereiche.“

Bradley Smith (GBR) KTM RC16 Losail (QAT) 2018 © Marcin Kin

Die Tatsache, dass Smith seine körperliche Fitness so genau aufzeichnet und studiert, zeigt, welchen Belastungen der Körper beim Renneinsatz in der MotoGPTM ausgesetzt ist. Und, dass es schwierig ist, diese auf andere Weise zu simulieren. „Meine Herzfrequenz ist am MotoGPTM-Bike am Höchsten und ich habe es bisher nicht geschafft, beim Radfahren oder Laufen ähnliche Werte zu erreichen. Das zeigt, auf welchem Niveau wir fahren“, so Smith. „Wenn man die Herzfrequenz mit dem Lactatgehalt vergleicht, verhält es sich etwas anders, und ich glaube, dass das Adrenalin sowie die Wärmeableitung in der Lederkombi eine Rolle spielen. Und auch die Atmung aufgrund der Beschleunigung, der du ausgesetzt bist, wenn du dich am Bike festhältst.“

„Das Vertrauen ins Motorrad ist wieder eine andere Sache“, fügt er hinzu. „Genauso wie der Rhythmus und deine mentale Kraft. An manchen Tagen fühlst du dich, als ob du gleich abkratzen würdest, obwohl du nicht einmal in einem Zweikampf bist und deine Herzfrequenz nur auf 93 % ist. An anderen Tagen bist du im Rhythmus und erreichst 103 %, fühlst dich aber, als ob da noch mehr ginge. Dinge wie den mentalen Aspekt oder die Konzentration kann man nicht messen; das sind aber genau die Elemente, wo bereits kleine Schwächen alles zehnmal so schwierig machen. Also versuchen wir, die ‚kontrollierbaren‘ Dinge zu kontrollieren und kümmern uns draußen auf der Strecke um den Rest.“

Als wir ihn nach einer Trainingsmethode fragen, die den Beanspruchungen der MotoGPTM am nächsten kommt, verrät uns Smith, dass eine Concept2-Rudermaschine so ihre Vorteile hat. „Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich die Concept2 wählen – das entspricht am ehesten dem, was wir auf dem Bike tun.“

Bradley Smith (GBR) KTM RC16 Losail (QAT) 2018 © Marcin Kin

Pol Espargaró, der wesentlich kleiner ist als Smith, stimmt dem zu, betont aber gleichzeitig, wie wichtig Krafttraining ist: „Die Rudermaschine funktioniert sehr gut und stellt eines der besten Trainingswerkzeuge für Motorrad-Rennfahrer dar, weil sie genau die richtigen Teile des Körpers stärkt. Abgesehen vom Fahrrad verwende ich dieses Gerät häufig. Ich mache aber auch viel Gewichtstraining, mit geringer Belastung und vielen Wiederholungen, um meine Muskeln so leicht, aber gleichzeitig so stark wie möglich zu machen. Dadurch werden sie nicht zu groß und schwer, so dass sich Dinge wie Arm-Pump vermeiden lassen.“

„Du solltest so viel wie möglich über deinen Körper und deine Herzfrequenz wissen“, ist der Katalane überzeugt. „Wir verwenden Geräte, um sie zu überwachen, und ich habe einen Trainer, um immer auf Kurs zu bleiben. Vor Beginn der Saison war es etwas schwierig für mich, da ich nach meinem Sturz [in Sepang] nicht viel Zeit hatte – nur eineinhalb Wochen bis zum Saisonstart in Katar. Vor dem ersten GP fühlte ich mich daher etwas schlapp.“

Pol Espargaró (ESP) KTM RC16 Losail (QAT) 2018 © Marcin Kin

Viele Instagram-Bilder und Geschichten belegen, dass die meisten MotoGPTM-Fahrer beinahe ständig auf einem Fahrrad oder Motorrad sitzen. Sie sind ständig aktiv. Für Top-Fitness am Bike gibt es aber kein Patentrezept. Espargaró: „Jeder Fahrer trainiert und fühlt anders. Es kommt auch auf dein Gewicht und deine Körpergröße an. Im Vergleich zu meinem Bruder Aleix, der größer ist als ich, muss ich zum Beispiel viel mehr Muskeltraining machen, während er viel Fahrrad fährt, um sein Gewicht niedrig zu halten.“

Motocross-Profis machen im Winter oder vor Beginn der Saison typischerweise Basistraining, was viel schweres Ausdauer- und Fitnesstraining beinhaltet. Wenden MotoGPTM-Fahrer die gleiche Taktik an oder profitieren sie von einer Saison, die von März bis November gestreut ist und ihnen mehr Zeit abseits des Motorrads gibt als den MX-Jungs? „Ich trainiere das ganze Jahr lang mehr oder weniger gleich hart“, so Pol. „Am Wochenende versuche ich immer, etwas Motorrad zu fahren. Ich liebe Supermoto, aber das kannst du bei kaltem Wetter praktisch vergessen. Dann fahre ich etwas Enduro oder Ähnliches, denn dabei verletzt man sich nicht so leicht wie beim Motocross. Ich versuche einfach, so viel wie möglich zu trainieren.“

KTM RC16 Losail (QAT) 2018 © Marcin Kin

Fotos: Marcin Kin