TPI im Alltag

Von der Modellvorstellung am legendären Erzberg bis zum Erzbergrodeo selbst – die KTM 250 EXC TPI hat bereits eine harte Zeit hinter sich. Ihre Reise führte sie von nationalen Enduro- und Extreme-Endurorennen über ein Rennen im Rahmen der EnduroGP-Serie bis zu einem brutalen 3-stündigen Strandrennen. Wie aber hat sich die revolutionäre 2-Takt-Technologie abseits der großen Events im Alltag bewährt?

KTM 250 EXC TPI © Andrea Belluschi/Future7Media

Diese KTM 250 EXC TPI rollte 2017 als eine der ersten vom Fließband. Als Presse-Motorrad war ihr Start ins Leben bereits von Strapazen gekennzeichnet und dann wurde sie noch als eines von zwei TPI-Modellen bei Rennen auf der ganzen Welt – inklusive Erzbergrodeo – eingesetzt. Eine echte Feuertaufe für Fahrer und Maschine und eine, aus der wir beide – abgesehen von ein paar Kratzern – irgendwie unbeschadet hervorgingen.

Mit einer Mischung aus Freude und Faszination fand die KTM 250 EXC TPI eine Woche später ihren Weg in meine Garage. Tausende Kilometer von den wachsamen Augen von KTM entfernt, fühlte ich mich in jenen ersten Wochen, als hätte ich ein Baby gestohlen. Man hatte mir ein ziemlich einzigartiges Bike anvertraut und ich konnte damit machen, was ich wollte. Eigentlich wollte ich aber nur fahren.

Jonathan Pearson (GBR) KTM 250 EXC TPI © Andrea Belluschi/Future7Media

Entschlossen, den neuen TPI-Motor einem harten Test zu unterziehen, setzte ich alles daran, das Bike unter vielen verschiedenen Bedingungen und auf möglichst vielen Terrains zu testen – bei hohen und niedrigen Temperaturen, auf verschiedenen Seehöhen und in langsamen wie schnellen Rennen. Ich mag keine halben Sachen.

Bei all diesen Events musste ich das Bike selbst warten und vorbereiten. Seit das Bike die Werkshallen in Mattighofen verlassen hat, hat es niemand mehr in den Händen gehabt. Ich selbst wechsle das Öl und die Reifen, überprüfe die die Technik, reinige die Luftfilter und schmiere die Kette.

Jonathan Pearson (GBR) KTM 250 EXC TPI © Andrea Belluschi/Future7Media

Da die KTM 250 EXC TPI sich alle Teile mit Ausnahme des TPI-Motors mit der KTM 250 EXC von 2017 teilt, unterschied sie sich im Alltag kaum von anderen KTMs. Außer mir hat nur mein örtlicher KTM-Händler Hand an sie gelegt, um eine aktualisierte Software auf das Steuergerät zu laden.

Die Abwesenheit eines Vergasers bedeutet, dass das gesamte Kraftstoffsystem weniger empfindlich auf Wassereintritt reagiert und insgesamt weniger problematisch ist. Ich brauche mich weder darum zu sorgen, dass Wasser oder Schmutz in den Vergaser gelangen, noch darum, die Bedüsung für verschiedene Events zu ändern. Darüber hinaus ist es natürlich eine riesige Erleichterung, den Kraftstoff nicht mehr vormischen zu müssen – der Öltank hat sich als robust erwiesen – und der TPI-Motor ist sowohl beim Kraftstoff als auch beim Öl ein Muster an Sparsamkeit.

Es war faszinierend, zu erfahren, wie der TPI-Motor funktioniert und wie er sich von Vergaser-2-Taktern und 4-Taktern mit elektronischer Einspritzung unterscheidet. Meiner Meinung nach fährt sie Steigungen besser hinauf als eine 250er mit Vergaser. Anstatt das Gas nur in einem gewissen Drehzahlbereich gut anzunehmen, reagiert der TPI-Motor bei jeder Drehzahl gleich gut. Für mich ist das ein klarer Vorteil – das Gas tut bei jeder Drehzahl und jeder Geschwindigkeit genau das, was ich erwarte. Genau wie ein 4-Takt-Motor mit elektronischer Einspritzung. Natürlich fühlt sie sich im ganz oberen Drehzahlbereich ‚fetter‘ an, davon ließen wir uns am Erzberg aber nicht aufhalten. Technische Abschnitte fahre ich langsam und mit weniger Kupplungseinsatz. Stattdessen verlasse ich mich auf den Gasdrehgriff und so stirbt mir der Motor seltener ab.

Jonathan Pearson (GBR) KTM 250 EXC TPI © Future7Media

Nach den drei ultra-harten Stunden des Weston Beach Race hatte ich mit einer ellenlangen Liste an zu tauschenden Teilen gerechnet. Stattdessen zeigte sich ein völlig anderes Bild – ich musste nur die völlig zerstörten hinteren Bremsbeläge sowie das Öl und die Filter tauschen, eine neue Federklammer für die Kette anbringen und etwas Kühlflüssigkeit auffüllen. Das war‘s. Wie die Kupplung nach diesem Härtetest aussah? Völlig in Ordnung. Eventuell muss ich bald die Griffe austauschen.

Erst kürzlich – nach mehr als 30 Rennstunden – ließ ich die WP Xplor-Gabel und das Federbein überholen. Verblüffenderweise zeigte sich dabei, dass das Öl und die Dichtungen nach all diesen Strapazen in einem nahezu perfekten Zustand waren – die Innenseite der Gabel sah praktisch wie neu aus. Nur das Öl im Federbein hatte sich etwas verfärbt – aber das ist angesichts der unzähligen Arbeitsstunden auch kein Wunder.

Fotos: Andrea Belluschi/Future7Media