Weiterentwicklung der TPI-Motoren für den Enduro-Einsatz: Wie man die Schnellsten noch schneller macht

Seit der Einführung der TPI-Modelle von KTM im Modelljahr 2018 wurden diese 2-Takter mit elektronischer Kraftstoffeinspritzung im Zuge einer „steilen Lernkurve“ konstant weiterentwickelt. Die Präsentation der Bikes für das Modelljahr 2020 in Spanien bot eine gute Gelegenheit, nachzufragen, was die Forschungs- und Entwicklungsabteilung und die Werksteams von KTM unternommen haben, um die jüngste Generation noch schneller zu machen …

KTM EXC MY2020 © Sebas Romero

Inzwischen sind die bahnbrechenden Enduros KTM 250 EXC TPI und KTM 300 EXC TPI, mit denen KTM im Modelljahr 2018 die Szene aufgemischt hatte, weithin bekannt. Die Transfer Port Injection markierte einen Quantensprung in der Motorradgeschichte und eine grundlegende Revolution der 2-Takt-Technik.

Bereits die erste Generation der TPI-Motoren erwies sich als sparsamer und – dank der Tatsache, dass das Vormischen des Kraftstoffs entfiel – pflegeleichter als die Vorgänger. Außerdem machten sie die Einstellung des Vergasers auf Wetterbedingungen und Seehöhe sowie dementsprechende Kenntnisse endgültig überflüssig. Eine neue Generation war geboren.

KTM 300 EXC TPI MY2020 © Marco Campelli

Trotz ihres schnellen Erfolgs ruhte sich das Forschungs- und Entwicklungsteam nicht auf seinen Lorbeeren aus. Noch bevor das erste Produktionsjahr vorüber war, hatte man Feedback von Besitzern und Werksteams gesammelt und machte sich daran, die TPI-Motoren zu verbessern.

Laut KTMs Head of Engine Offroad & Motocross, Michael Viertlmayr, verlief der Verbesserungsprozess stetig, beinhaltete aber eine Lernkurve, bei der die Hardware und vor allem die Elektronik-Software, welche die TPI-Motoren steuert, verbessert wurden.

Die Rennabteilung spielte bei der Weiterentwicklung der TPI-Motoren von Anfang an eine wichtige Rolle. Werksfahrer wie Jonny Walker und Taddy Blazusiak empfingen die TPIs in der Rennsaison 2018 mit offenen Armen und die Bikes bewiesen in der World Enduro Super Series sofort ihre Stärke.

Jonny Walker (GBR) KTM 350 EXC-F MY2020 © Marco Campelli

Währenddessen ging die Entwicklung der TPI-Motoren weiter. Die Rennteams trugen maßgeblich zur Weiterentwicklung der Software und der Kennlinien bei, um die Konstanz sowie das Feedback vom Motor und dem Hinterrad-Grip zu verbessern.

Rennfahrer wünschen sich immer mehr Power aus dem Drehzahlkeller, einen ruhigeren Motorlauf und mehr Kontrolle, und sobald die Rennabteilung diese Forderungen umsetzt, kommen die entsprechenden Vorteile auch Nicht-Rennfahrern und den Serienmodellen zugute.

Das beste Beispiel waren neue und unterschiedliche Kennlinien, die Besitzer einer TPI der ersten Generation bei ihrem KTM-Händler aufspielen lassen konnten.

„Ich war praktisch von Anfang an in die Entwicklung der TPI-Bikes involviert“, erklärt Blazusiak. „Die TPIs marktreif zu machen, dauerte ziemlich lange und manche Bikes waren nicht gut zu fahren. Bei den 4-Taktern war das aber anfänglich genauso.“

„Wie bei allen anderen Neuerungen ist es ein Prozess und in einigen Jahren werden wir zurückblicken und uns fragen, wie sich Bikes mit Vergasern so lange halten konnten“, so Taddy.

Taddy Blazusiak (POL) KTM 350 EXC-F MY2020 © Marco Campelli

Bei der Präsentation der 2020-Modelle im Mai 2019 wurde kein Geheimnis daraus gemacht, dass die neuesten KTM-Motoren mit elektronischer Kraftstoffeinspritzung jetzt ‚runder‘ sind. „Die Toleranzen sollten minimal sein. Darauf zielten wir bei den neuen Bikes ab“, so Joachim Sauer. „Die TPI-Technologie an sich wurde kaum verändert, ist jetzt aber noch schneller. Es ging darum, das Bike zu optimieren – die Steuerwalze im neuen Zylinder arbeitet jetzt perfekt mit der neuen Auspuffanlage zusammen, außerdem haben wir einen neuen Umgebungsluft-Drucksensor und einen neuen Drosselklappenkörper eingebaut, um die Leistungsabgabe präziser zu machen.“

Viertlmayr fügt hinzu, dass die Software für das Forschungs- und Entwicklungsteam nun die gleiche Priorität wie die Hardware hat, und erzählt uns außerdem, welch überwältigende Anzahl von Arbeitsstunden jeweils in die 100 Software-Updates der TPI-Motoren geflossen sind.

Alle Entwicklungen laufen immer wieder darauf hinaus, das so wichtige Fahrgefühl mit dem Bike zu verbessern, und so konzentrierte man sich auch bei den 2020-Modellen auf diesen Bereich. Mit einem neuen Zylinderkopf mit erhöhtem Verdichtungsverhältnis beim 250ccm-Motor, neu gestalteten Auslasskanälen für höhere Präzision, einer neuen Auspuffanlage, einem neuen Luftfilterkasten und neuen ECU-Kennlinien wurde das neue Modell – in Sauers Worten – „abgerundet“.

Das Ergebnis ist eine neue Generation von TPI-Modellen (zusammen mit der brandneuen KTM 150 EXC TPI zählt die Familie nun 3 Bikes), die in Sachen Fahrgefühl irgendwo zwischen der ersten TPI-Generation und einem Vergaser-Bike angesiedelt ist.

„Wir haben versucht, das Beste aus beiden Welten zu vereinen“, so Viertlmayr. „Die Kontrollierbarkeit und das ausgezeichnete Fahrgefühl der Vergaser-Version mit den Vorteilen der elektronischen Kraftstoffeinspritzung, die da wären: Laufruhe, kein Eindringen von Kraftstoff in den Motor beim Bergabfahren und das saubere Ansprechverhalten, das viele Fahrer von Beginn an am TPI-Motor geschätzt haben. Und ich glaube, dass wir all das mit den 2020-Modellen erreicht haben.“

Und wie geht es mit der Evolution des TPI-Motors weiter? „Wir haben viele Ideen und Pläne, um ihn in Zukunft noch besser zu machen“, fährt Viertlmayr fort. „Wir werden uns auch künftig stark auf die Entwicklung der 2-Takt-TPIs konzentrieren. Wir beabsichtigen, die Emissionen der Bikes zu reduzieren, und arbeiten eng mit der Rennabteilung zusammen, um ihre Fahrbarkeit noch weiter zu verbessern.“

Wenn es um Weiterentwicklungen im Offroad-Motorrad-Sektor geht, gab es in der jüngeren Geschichte wohl keine wichtigere Errungenschaft als diese 2-Takt-Motoren mit Transfer Port Injection. In einer Welt, die von Software und Technik dominiert wird, geben die KTM EXC TPI-Modelle die Richtung vor, in die sich die Offroad-Motorräder der Zukunft entwickeln werden.

KTM EXC TPI MY2020 © Sebas Romero

Fotos: Sebas Romero | Marco Campelli