WIEN – WALD – WASSER – Teil 3

Eine Hitzewelle wie seit Jahren nicht. Kein Sommerloch in Sicht. Die 690 DUKE für zwei Wochen zu Gast. Wir erobern die Stadt, flüchten in Wälder und tauchen ein in Gewässer.

Kapitel 3: WASSER

Der Sommer hat beschlossen, noch länger zu bleiben. Spätestens ab elf Uhr vormittags beginnt die Luft zu flimmern und zu flirren. Der Wind schläft. Kein Halm, kein Blatt bewegt sich. Selbst die heuer sonst so lästigen Wespen scheinen zu ermatten. Jeder Ampel-Stopp gerät zum Schweißbad. Warum platzen Wasserhydranten immer nur in New York und nie in Wien? Wie herrlich wäre das, ein Weilchen in einer Wasserfontäne zu baden. Das könnte auch der Herzogin gefallen. Aber nicht einmal ein Springbrunnen oder eine Rasen- respektive Blumenbeet-Bewässerungsanlage schicken auch nur einen Hauch Feuchtigkeit aus. Die einzig mögliche Konsequenz daraus: gleich wieder ans Wasser. Wenigstens für ein Stündchen. Länger – und mehr, zum Beispiel schwimmen oder sich treiben lassen – ist nicht drin. Der nächste Termin steht im Kalender. Besprechungen sollten nicht wirklich im Hochsommer stattfinden.

Wienfluss

Wienfluss

Wir verweilen an Ufern.
Alleine schon der Anblick von Wasser verheißt Kühlung. Um auch der Herzogin diese Illusion zu gönnen, machen wir einen kleinen Abstecher an die Nussdorfer Wehr. Dort, wo der Donau das Wasser abgezweigt wird, um den gleichnamigen Kanal zu befüllen, dort, wo das Schleusenwerk den Niveau-Unterschied zwischen den beiden Fließgewässern ausgleicht.

Nussdorf Nussdorf 2 Nussdorf 3 Nussdorf Einlaufwerk
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Nussdorf

Fährt man von Wien nach Klosterneuburg künden stolz steinerne Löwen von der Existenz der Anlage. Man hat sie beim Vorbeieilen auf der Schnellstraße auf Augenhöhe und fragt sich immer, wie man dort hin kommt: Man muss sich durch ein paar Nebenstraßen und über Kopfsteinpflaster-Gässchen den Weg dorthin suchen. Aber die Mühe ist es allemal wert. Und im Schatten des Brückentragwerks verweilen, dem Senken oder Heben der Schiffe zuzuschauen, das vermittelt zumindest den Hauch einer Reise, einer von einem kleinem Gewässer wie diesem bis ans ganz, ganz große Wasser. Ich denke, es würde auch der Herzogin taugen, sich einzuschiffen, und die Donauufer vom Wasser aus zu sehen, bis zum Schwarzen Meer und noch weiter …

Nussdorfer Wehr 1 Nussdorfer Wehr 2 Nussdorfer Wehr
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Nussdorf Weir

Wir tauchen ein in die Nacht.
Die letzte Besprechung ist abgehakt. Der Laptop wird in den Rucksack gepackt. Langsam dämmert der Abend heran. Der Lichtpegel sinkt. Der der Temperatur nicht. Die Thermometeranzeige beharrt auch bei der mittlerweile hereingebrochenen Dunkelheit auf 35 Grad. Weit weggekommen sind wir vom Donaukanal nicht. Also bleiben wir gleich dort, peilen in Begleitung einer kleineren, einer 390er-Herzogin, das Badeschiff und die nähere Lokal-Umgebung an. Aber wie hinkommen? Die Strecke bei der Urania hinunterfahren und unsere Eisen in Sichtweite zu parken, das geht leider nicht. Motorfahrzeuge sind ja verboten. Eine Lieferfahrt – um diese Zeit – wäre auch keine glaubwürdige Begründung. Aber mit Elektrischen müsste es ja eigentlich gehen. Wenn Elektro-Fahrräder erlaubt sind, warum nicht auch E-Scooter oder E-Enduros? Wegen der Abgase wär’s ja dann nicht. Das wäre doch was für die FREERIDE E!

Donaukanal

Donaukanal

Es ist aber grade nicht. Noch nicht. Also bleiben die Mattighofnerinnen am Franz Josefs-Kai stehen und wir entern die Lokalmeile am Kanal-Ufer per Pedes. Genießen literweise Soda mit Zitrone und Apfelsaft, lassen uns vom fröhlichen Geschnatter der dicht gedrängten Menge, von Grillfeuer-Rauch und Insektenschutzmittel-Wolken umwabern, starren in die träge dahinziehende, von Lichtreflexen durchsetzte Flut des Donaukanals. Auch dem Wasser ist heiß.

Wir besuchen Afrika.
Wasser anschauen ist gut. Darin eintauchen ist besser. Zwar nicht unbedingt im Donaukanal und auch nicht nur in der Badewanne, wie im Home Office. Da ist die Neue Donau noch viel besser, selbst wenn sie nach drei Wochen Dauerhitze schon längst nicht mehr so kühl wie sonst ist. Geschätzt 25, 26 Grad wird das Wasser schon haben, am Ufer, selbst am schattigen, auf der Seite der Donauinsel. Nicht weit davon ziehen, wie jedes Jahr, gerade die „Afrika Tage“ ein. Jenes Festival, das für zwei Wochen verspricht, eine Idee afrikanischen Lebensgefühls zu vermitteln. Wettermäßig, wie es das Klischee besagt, passt’s jedenfalls heuer. Auch wenn am Äquator gerade Monsun angesagt ist und in Südafrika Winter. Regenzeiten, die haben wir gewöhnlich Ende Juli/Anfang August in Wien auch recht häufig, gerne mit Sturm und unsommerlicher Kühle. Aber dieses Jahr eben nicht.

Afrika-Tage 1 Afrika-Tage 2 Afrika-Tage 3
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Africa Days

Auch deshalb übersiedeln die Herzogin und ich gleich für ein paar Tage an den Donaustrand. Erledigen die wichtigsten Wege entweder möglichst im Morgengrauen oder gegen Abend, wenn’s statt 38 bis 42 Grad deren nur noch 29 bis 30 hat. Tagsüber residiert die Mattighofnerin dann im notdürftigen Schatten unterm Zelt-Vordach. Und ich wechsle im Stundentakt zwischen staubiger Festival-Wiese und schattigem Donauinselstrand inklusive ausgiebiger Schwimmrunden. Letztere bis spät in die Nacht. Und bereits ab den frühen Morgenstunden, wenn schon die allerersten Sonnenstrahlen die Zelte aufheizen, bevor die Herzogin ausreitet, um Einkäufe zu erledigen oder Pakete zur Post zu bringen beziehungsweise von dort abzuholen.

Donaustrand 1 Donaustrand 2 Donaustrand 3 Donaustrand 4
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Danube

Wir nehmen Abschied.
Die vierzehn Tage des herzoglichen Gastspiels sind um. Sie muss wieder nach Mattighofen zurück. Wie im Flug ist die Zeit vergangen, viel zu schnell. Und das ganz ohne Regen. Eine kleine Runde drehen wir noch durch den Wiener Wald, bevor ich sie zurücklassen muss. Eine Zigarettenpause noch. Was würde ich machen, wenn sie mein wäre? Ihr ein hübsches kurzes Heck verpassen. Sie mit einem feschen Auspuff-Endtopf schmücken. Und das Fahrgestell, das täte ich meinem (Leicht-)Gewicht anpassen und es ein wenig straffen. Doch halt! Lange Abschiede sind nicht meins. Zumal ich weiß: Nächstes Jahr, da gibt’s ein Wiedersehen. Dann soll’s endlich wieder einmal quer über die Alpen gehen, in die Provence, bis ans Meer und zwischen die Arme der Rhône. Wir wollen die Pferde der Camargue sehen, den Flamingos zuschauen, die Blüte des Salzes schmecken und roten Reis essen. Unter anderem. Ich versprech’s!

Fotos: Veronika Hiller-Asso, Beatrix Keckeis-Hiller, Seppi Linsbichler