Worte eines Weltmeisters: Jeffrey Herlings – #1 der MX2

Der Gewinn seiner dritten MX2-FIM-Motocross-Weltmeisterschaft in nur sieben Jahren, in Red Bull KTM-Farben und kurz vor seinem zweiundzwanzigsten Geburtstag verlief für Jeffrey Herlings nicht ohne Probleme, steckte aber dennoch voller aufregender Überraschungen.

Jeffrey Herlings (NED) KTM 250 SX-F Glen Helen (USA) 2016

Jeffrey Herlings (NED) KTM 250 SX-F Glen Helen (USA) 2016

Ein gebrochener Oberschenkel, eine ausgerenkte Hüfte, ein zerfleischter kleiner Finger und zwei gebrochene Schlüsselbeine verhinderten 61 GP-Siege,  vollkommene Dominanz und eine Flutwelle an Emotionen. Dass der junge Niederländer einer der weltweit außergewöhnlichsten Motocrosser ist, steht außer Frage. Auf Sand kann ihm niemand das Wasser reichen und die Siegesserie bei seinem Heim-Grand-Prix in Valkenswaard (südlich von Eindhoven) ist einer seiner bemerkenswertesten Erfolge: die Nummer ‘84’ feierte dort als 15-Jähriger den ersten GP-Sieg und ist auf heimischem Boden seit 2010 ungeschlagen.

Manchmal übermütig und ausgelassen, ist Jeffrey gleichzeitig zugänglich, bescheiden und scheint immer ein offenes Ohr für seine Fans zu haben. In Glen Helen, beim letzten Rennen einer denkwürdigen Saison 2016, baten wir den frischgebackenen Weltmeister um ein paar Minuten seiner Zeit …

War der Titelgewinn in Charlotte emotional? In der Vergangenheit hast du deinen Gefühlen mehr freien Lauf gelassen …
„Ich hatte einfach keine Zeit! Ich musste mich konzentrieren, um für den zweiten Lauf in guter Form sein. Wenn du das Gefühl hast, du bist vom Glück verlassen – so wie ich in den letzten beiden Jahren – dann fühlst du dich in einem solchen Moment wie ein kleines Kind. Es ist eine große Erleichterung, wenn du die Ziellinie überquerst und nach so vielen Rückschlägen einfach nur denkst ‘wir haben es endlich geschafft …’ Auf das zweite Rennen in Charlotte konnte ich mich nicht mehr konzentrieren; ich war die ganze Zeit am Telefon, das gesamte Team war überglücklich und ich hatte keine Zeit zu essen!“

Jeffrey Herlings (NED) & KTM Team Charlotte (USA) 2016

Jeffrey Herlings (NED) & KTM Team Charlotte (USA) 2016

Haben die letzten Tage nach dem dritten Titelgewinn geholfen, die beiden schwierigen Jahre zu vergessen?
„Irgendwie schon, aber ich habe dennoch einen gewissen Druck gespürt, denn der letzte GP in Glen Helen stand bevor, dann werden wir mit der 450 SX-F testen und müssen uns auf die Nations vorbereiten. Der Sieg war eine große Erleichterung, aber sofort warten neue Aufgaben und Herausforderungen auf dich. Die Leute reden bereits über 2017, über Febvre, Gajser und Cairoli. Der Erfolg hilft dir dabei, manche Dinge zu vergessen, aber gleichzeitig hast du keine Zeit, das Erreichte zu genießen.“

Ist das das Schlechte am Rennsport? Dass es immer Vollgas weitergeht …?
„Ja. Du kannst dich das ganze Jahr darauf konzentrieren und dafür arbeiten, die Weltmeisterschaft zu gewinnen, aber kaum sieben Tage später musst du wieder für eine neue Aufgabe bereit sein! Das ist Teil unseres Sports, dafür werden wir bezahlt … Schade, dass wir die Weltmeisterschaft nicht in Europa gewonnen haben, wo wir mehr hätten feiern können. In Amerika mussten kurz nach dem Rennen die Kisten gepackt werden und das Team hatte Flüge früh am nächsten Morgen … aber hey, eine Weltmeisterschaft ist eine Weltmeisterschaft.“

Der erste Titel war das Ergebnis eines großartigen Zweikampfs mit Tommy Searle. Der zweite war pure Dominanz. Welches Wort fällt dir für den dritten Titel ein?
„Totale Dominanz. Vor Glen Helen hatte ich 13 von 14 GPs gewonnen und während der ganzen Saison nur drei Läufe verloren – es müssten also etwa 28 Laufsiege sein. Ich denke, wie bei meiner zweiten Weltmeisterschaft, kann man es Dominanz nennen. Es ist nie einfach und es war ein harter Weg, wieder die Nummer 1 zu werden.“

Jeffrey Herlings (NED) KTM 250 SX-F Glen Helen (USA) 2016

Jeffrey Herlings (NED) KTM 250 SX-F Glen Helen (USA) 2016

Als du letztes Jahr im Krankenhausbett lagst, wolltest du da unbedingt auf dieses Niveau zurück …?
„Nein, ich wollte einfach aufgeben! Nachdem ich mir den Oberschenkel gebrochen hatte, wollte ich schnellstmöglich wieder aufs Motorrad steigen und Rennen fahren, aber die Verletzung an der Hüfte war etwas ganz anderes. Wenn du wieder gesund bist, wieder laufen kannst und keine Schmerzen mehr spürst, dann denkst du ans Training und daran, wie schnell du wieder auf das Bike steigen kannst …“

Du hast doch bestimmt einen Plan, um es dir nach diesem Erfolg und nach Ende der Saison gut gehen zu lassen …
„Das sollte ich wahrscheinlich, aber um ehrlich zu sein, habe ich mir darüber kaum Gedanken gemacht. Ich möchte nicht vorschnell handeln und in den letzten Jahre hatte ich immer Pläne; wollte hierhin, dort Rennen fahren, dies und das kaufen und am Ende war es immer ein einziges Chaos. Diesmal habe ich also nichts geplant und schaue einfach von Tag zu Tag. Aber natürlich werde ich irgendwo Urlaub machen!“

Fotos: KTM