Fertigung des Moto3-Renners in Kleinserie

Kein Hersteller hat mit Sport mehr am Hut als KTM. Um das auf GP-Level auf Anhieb erfolgreiche Moto3-Programm abzurunden, folgt für Kundenteams und Nachwuchsfahrer nationaler Serien nun eine Kleinserie reinrassiger Rennmaschinen. Dafür wurden in Mattighofen 40 Moto3-Bikes assembliert. Der neue Production Racer RC250R ist bis auf Kleinigkeiten eine Kopie der Weltmeistermaschine, mit der Sandro Cortese 2012 den Titel gewonnen hat.

 

 

40 Maschinen sind als Stückzahl zu viel, um zum Beispiel in der Rennabteilung von ein paar Spezialisten aufgebaut zu werden; und gleichzeitig zu wenig für eines der vier Serienmaschinen-Produktionsbänder im Mattighofener Hauptwerk. Also kam für die Endmontage Produktionslinie Nr. 5 zum Einsatz, die ansonsten für Schulung und Training bei Neumodellen verwendet wird. Kürzer und besonders flexibel ausgelegt, ist diese Linie für Klein- und Sonderserien geradezu prädestiniert.

 

 

Fotos: Marcus Erlmoser

 

Die industrielle Fertigung der RC250R erfolgte auf höchstem Niveau. Für Konzept und Entwicklung der RC250R war die Rennabteilung zuständig, die bei bestimmten Aufgaben wiederum auf Know-how und Manpower des KTM-Entwicklungszentrums zugreifen kann. In einem arbeitsamen Winter wurden alle für den Produktionprozess notwendigen Teile konstruiert, angefertigt oder in Abstimmung mit Zulieferern hergestellt.

Der sorgfältige Zusammenbau der Maschinen wurde in drei Tranchen bewerkstelligt, wegen der Kürze des Produktionsbandes. Etwa 10 Mitarbeiter, zusammengestellt aus Rennabteilung und Produktion, waren damit zwei Wochen beschäftigt. Auch einige KTM-Auszubildende (im letzten Lehrjahr) waren mit von der Partie und extrem motiviert bei der Sache, wie man sich denken kann.

Die Moto3-Einzylinder-Triebwerke wurden im KTM Motorenwerk im benachbarten Munderfing in den benötigten Stückzahlen produziert und einbaufertig ans Montageband geliefert. Ebenfalls in Munderfing wurden die bildschönen Gitterrohrrahmen hergestellt, und zwar bei der KTM-Tochterfirma WP Suspension. Dazu können wir gleich anmerken, dass die KTM-Rahmenfertigung über den Jahreswechsel von einer Halle des früheren Werks in Mattighofen hierhin umgezogen ist. Chassiskomponenten- und Rahmenbau sind nun also gemeinsam in einem neu errichteten und imposantem WP-Komplex untergebracht.

Die KTM RC250R präsentiert sich als kompromißloses Renngerät. Superkompakt und bis in Detail liebevoll durchkonstruiert, alles ist vom Feinsten und wurde speziell angefertigt. Etliche Komponenten stammen von namhaften Zulieferern: Upside-Down-Gabel und Federbein lieferte WP Suspension, Brembo steuerte die Bremsanlagen bei. Auf leichte Felgen von OZ-Racing sind Dunlop Slicks aufgezogen. Die Bordelektronik lieferte GET by Athena aus Italien, das Race-Dashbord die Firma Koso.

Einzelne Teile wurden aus Vollaluminium gefräst (Gabelbrücken, Lenkerklemmen). Alle Carbon-Teile (Verkleidung, Rahmenheck/Sitz, Kotflügel) steuerte die Firma Wethje bei. Die Aluminiumschwingen fertigte der deutsche Zulieferspezialist MAFO Systemtechnik. Kolben und Pleuel stammen von Pankl Racing Systems. Die Auspuffanlagen aus leichtem Titan zauberte Akrapovic.

Eingesetzt werden die Moto3-Maschinen in Meisterschaften wie der deutschen IDM,  der italienischen CIV, der spanischen CEV und der britischen BSB. Interessant – die meisten Kunden holen ihr Racebike lieber selbst im Werk in Österreich ab (anstatt es anliefern zu lassen) und packen bei der Gelegenheit auch mit ein, was sonst noch dazu gehört: Hauptständer, diverse Übersetzungen, Spezialwerkzeuge, Handbuch, Ersatzteilkatalog, Downloadkabel, Deko-Klebesätze und einiges mehr.

Früher waren im Straßenrennsport in der 125er Klasse Zweitakter üblich, die nicht nur kapriziöser zu fahren waren sondern auch technisch intensiv bemuttert werden wollten. Der neue Moto3-Renner von KTM glänzt vor diesem Hintergrund mit beeindruckenden Laufzeiten: 4.000 km beträgt der Motorservice-Intervall bei Drehzahlen um 13.500 Touren.  Wer 14.000/min drehen will, kann dies tun; allerdings wird dann nach 2000 km Laufzeit eine Überholung des Viertakt-Singles empfohlen.

Was unterscheidet den Production-Racer von den im GP-Sport eingesetzten Maschinen? Ing. Wolfgang Felber, Leiter KTM Kundenrennsport: »Unterschiede gibt es lediglich im Detail. Das GP-Bike läuft mit der vorgeschriebenen Einheitselektronik von Dell’Orto, hat eine andere Auspuffanlage, Felgen aus Magnesium sowie modifizierte Bremsen und WP-Werksfederelemente, um noch etwas Gewicht einzusparen.«

Auch der von KTM ausgerüstete Red Bull Rookies Cup wird 2013 auf Moto3-Bikes umgestellt. Neben den 40 Production Racern vom Band wurde in Mattighofen deshalb noch Material für 27 weitere RC250R-Maschinen produziert und in Bausätzen verpackt nach Spanien speditiert. Diese werden im Hauptquartier des Rookies Cup in Manresa bei Barcelona final zusammengebaut, damit die betreuenden Mechaniker und Techniker die neuen Viertakt-Renner gleich von Anfang an im Detail kennen lernen.

 

Die technischen Daten der KTM RC 250 R, Production Racer 2013

 

ANTRIEB

 

Motor: Einzylinder-Viertakt, DOHC

Hubraum: 249,5 ccm

Bohrung/Hub: 81 x 48,5 mm

Leistung: 37 kW (50 PS) bei 13.000 U/min

max. Drehmoment: 28 Nm bei 11.000 U/min

Verdichtungsverhältnis: 14,5

Batterie: 12 V, 0,8 Ah

Getriebe: 6-Gang-Kassettengetriebe (2 optionale Übersetzungsversionen)

Einlaßsystem: Doppel-Einspritzdüsen-Drosselklappenkörper, oval, Ø 50

Kühlung: WP Wasserkühler + WP Öl-Wasser Wärmetauscher

Generator: 12 V / 70 W

Schmierung: Semi-Trockensumpf, eine Druck- und zwei Saugpumpen

Primärtrieb: geradeverzahnter Stirnräder

Ventiltrieb: radiale Ventile, Steuerkette mit Zwischentrieb, DLC-beschichtete Schlepphebel

Kupplung: Mehrscheiben-Nasskupplung

Motormanagement/Zündung: GET by Athena ECU, GET by Athena Software MAYA EVO. Motorbremse, Traktionskontrolle, Startparameter, Einspritzparameter, Zündparameter, Boxengassen-Tempobegrenzer und Schaltunterbrecher einstellbar. Mit Schnittstelle für Datenaufzeichnung.

 

FAHRWERK

 

Rahmen: Stahlgitterrohrrahmen mit einstellbarem Steuerkopf und Schwingendrehpunkt

Heckrahmen: Wethje Kohlefaser-Composit, einteilig

Schwinge: Aluminium geschweißt

Lenker: Klemmen gefräst aus Aluminium, Lenkerrohre wechselbar

Aufhängung vorne: WP Upside-Down-Gabel RCMA 3548 / Ø 35 mm, Federvorspannung einstellbar, Druck- u. Zugstufendämpfung in 20 Stufen einstellbar

Aufhängung hinten: WP Federbein BAVP 4618, Länge einstellbar, hydraulischer Federvorspannungsversteller, High- + Low-Speed-Druckstufendämpfung und Zugstufendämpfung in 20 Stufen einstellbar

 

Gabelbrücken: gefräst aus Aluminium, Offset einstellbar (28/30 mm)

Bremse vorne: Brembo Einscheibenanlage mit 290 mm Ø, Brembo Radial-Bremssattel und Brembo Radial-Hauptbremszylinder

Bremse hinten: Braking-Bremsscheibe mit 190 mm Ø, Formula Radialsattel und Formula Fußbremszylinder

Felge v/h: OZ Aluminium-Schmiedefelgen, 2,5 x 17 Zoll / 3,5 x 17 Zoll

Reifen v/h: Dunlop 95/75-R17 / 115/75-R17 / Moto3 M Slick

Sekundärtrieb: Kette 415, Ritzel 16 – 18 Zähne, Kettenrad 34 – 42 Zähne

Auspuffsystem: Akrapovic Voll-Titan mit Einzelschalldämpfer, 107 dB, zusätzlich 100/103 dB-Killer

Steuerkopfwinkel: ± 1° einstellbar mit optionalen Steuerkopf-Einsätzen

Schwingarmdrehpunkt: ± 4 mm einstellbar mit optionalen Drehpunkt-Einsätzen

DATEN

 

Radstand: 1210 mm ± 35 mm

Fahrhöhe: einstellbar ± 6 mm


Sitzhöhe: 760 mm

Tankinhalt: 10,5 l

Gewicht: ca. 82 kg (ohne Treibstoff)

Preis: 45.000 Euro (zzgl. Steuer)

 

 

GENE

 

GP125 (Geometrie, Ergonomie, Aerodynamik, Komponenten)

GP-MOTO3-MOTOR (Layout Zylinderkopf und Drosselklappenkörper)

RC8 R SBK (Elektronik, Rahmen-Know-how, Werkstoffverarbeitung)

MX (Schmiersystem, Getriebe, Kupplung, Kinematik Ventiltrieb)