Stefan Everts in Ernee/F: Blick in den Rueckspiegel

Beim Frankreich-GP in Ernée kamen bei Red Bull KTM Teammanager Stefan Everts einige schöne Erinnerungen auf, schließlich konnte der zehnfache MX-Weltmeister auf der Piste 300 km westlich von Paris in der Saison 2003 gleich drei Rennsiege (125, MXGP und 650) an einem Tag feiern. Und 2006 gelang dem Belgier hier sein 14. Saisonsieg (bei 15 Saisonrennen); mit phänomenalen 101 GP-Siegen zog er anschließend einen Schlußstrich unter seine extrem erfolgreiche Karriere als Motocross-Rennfahrer.

Stefan Everts advises Jeffrey Herlings before the Qatar GP

»Nervös war ich 2006 vor meinem Rücktritt keinesfalls«, blendete Everts zurück, »nur sehr emotional.« Es hat mir das Herz gebrochen, diesen Schritt zu vollziehen. Aber mein Entschluß stand fest und ich habe auch nie ernsthaft in Erwägung gezogen, meine Meinung noch einmal zu ändern. Aber ich erinnere mich gut, dass ich bereits vor dem letzten Start eine gewisse Melancholie verspürte.«

 

Stefan Everts war 15 Jahre als Crossprofi aktiv, ebenso lang war er in Ernée auf der anspruchsvollen Piste mit den typischen Steilhängen angetreten. »Es war einfach zu Ende. Mir war klar, das dieser Zeitpunkt einmal kommen würde. Trotzdem war es nicht einfach. Es existiert eine DVD über dieses Event; mein Sohn kramt sie manchmal hervor, dann schauen wir sie gemeinsam an. Bei der Aufstellung am Startgatter Mühe hatte ich bereits ein paar Tränen in den Augen. Es war ein sehr emotionaler Moment. Es ist schwierig, die Erinnerung daran zu unterdrücken; es kommt immer alles wieder hoch, wenn ich hier in Ernée bin.«

Tony Cairoli jumps the big hill at Ernee last week

 

»Manche Strecken sind eben etwas Besonderes. Ernée gehörte für mich dazu, genau so wie Foxhill in England oder Namur in Belgien (dort gewann er 2006 den MX1-WM-Titel). Auf diesen Strecken konnte ich schöne und wichtige Erfolge feiern; nur beim Motocross der Nationen 2005 klappte in Ernée herzlich wenig. Aber das blieb die einzige Ausnahme.«

 

Everts Dreifach-GP-Sieg in der Saison 2003 war historisch einmalig; niemand hat bis heute etwas Vergleichbares geschafft. »Drei Rennen in drei Klassen zu gewinnen war etwas Besonderes und ziemlich unglaublich. Immer wenn ich nach Ernée zurückkehrte, werden ich von allen seiten darauf angesprochen.«, erzählte Everts. »Im letzten Rennen kämpfte ich mit Vico und kam dabei zu Fall, für eine Weile glaubte ich selbst nicht mehr daran (an den Triple-Erfolg), aber dann klappte es doch noch. Ich erinnere mich auch gut an die anschließende Doping-Kontrolle. Drei Stunden hat es gedauert, bis ich eine Urinprobe abgeben konnte. Ich hatte mich absolut verausgabt und war innerlich ausgetrocknet. Alle Leute und Fans warteten auf mich um zu feiern, aber ich sass da nur rum, um endlich pullern zu können.«

 

Die französische Cross-Piste ist ein Zuschauermagnet. 39.000 Fans verfolgten heuer die Rennen und erlebten einen Doppelsieg der Red Bull KTM-Mannschaft. Tony Cairoli sahnte den Gesamtsieg in der MX1-Klasse ab, Jeffrey Herlings triumphierte in der MX2-Kategorie. Die Atmosphäre war großartig wie immer – sehr laut und ansteckend begeisternd. »Ernee ist wirklich etwas Besonderes,« stimmt Everts zu, »der große Zuschauerhügel ist immer prall gefüllt. Als ich damals dreimal auf dem Podest ganz oben stand und auf diese riesige Menschenmenge blickte, fühlte ich mich wie ein König. Dieses Jahr kam ein Fan und zeigte mir ein Foto, wie er den Helm fing, den ich damals vor Freude ins Publikum geworfen habe. Er erzählte mir, dass er sich mächtig strecken musste, bis er das Ding sicher hatte. Seine Freude darüber war selbst nach 10 Jahren noch lebendig, bemerkenswert.«

 

Stefan Everts heuerte Ende 2006 bei KTM an und zählt in seiner Managerfunktion zu den Schlüsselfiguren des Motocrossprogramms in Mattighofen. Er steht den Fahrern Herlings und Teamkollege Jordi Tissier mit Rat und Tat zur Seite und hält auch immer ein Auge auf mögliche Nachwuchstalente. »Mir taugt es sehr, dass ich weiter bei den Rennen vor Ort sein und mich nützlich machen kann. Es gefällt mir, Destinatonen wie Katar oder Thailand zu entdecken. Schade ist nur, dass wir da nicht früher schon gefahren sind. Auf jeden Fall ist es angenehm und cool, weiter in Rennsport involviert zu sein und etwas bewegen zu können.«