Zurück in die Zukunft

Die goldene Ära des Motorrad-Straßenrennsports in den 1970er Jahren war geprägt von Motorsporthelden wie dem 15-fachen Weltmeister Giacomo Agostini, dem 13-fachen Weltmeister Ángel Nieto, dem 7-fachen Weltmeister Phil Read und vielen anderen. Es war das Jahrzehnt des Continental Circus, die Ära von Helden und spannenden Rennen, legendärem Paddock-Leben und wahrer Freundschaft, als alle Fahrer noch eine große Familie waren.

Pentti & Nita Korhonen

Pentti & Nita Korhonen

Es war aber auch die Zeit, als Sicherheit bei den Rennen noch nicht eine so große Rolle spielte wie heutzutage. Viele Fahrer starben und Orte, an denen damals GP-Rennen ausgetragen wurden, lassen einen heute den Atem anhalten. Normalerweise gab es auf den Strecken keine Auslaufzonen oder ähnliche Sicherheitsmaßnahmen. Nicht selten stellten sich die Fahrer in dem Wissen in die Startaufstellung, dass sie während des Rennens einen weiteren Freund verlieren würden.

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Einer dieser extrem gefährlichen GPs war Opatija in Kroatien – damals Jugoslawien – wo zwischen 1969 und 1977 Weltmeisterschaftsrennen stattfanden. Wegen dem großartigen Blick auf die Adriaküste, war Opatija auch als „Monaco des Motorradrennsports“ bekannt. Anfang des Jahres besuchten wir diesen Ort, um uns selbst ein Bild von den extremen Bedingungen zu machen, unter denen die Helden der 1970er um ihr Leben kämpften. Begleitet wurden wir auf dieser speziellen Zeitreise von einem besonderen Gast … und es gibt einen speziellen Grund, warum gerade sie uns auf dieser Reise begleitete.

1975, vor genau 40 Jahren, wehte die finnische Flagge ganz oben auf dem Podium des Jugoslawien-GP. Der Finne Pentti Korhonen gewann das Rennen der 350ccm-Klasse beim letzten Saisonrennen. Gleichzeitig sicherte er sich mit seinem Sieg die Bronzemedaille in der 350ccm-Weltmeisterschaft, während der venezolanische Star Johnny Cecotto den Titel gewann und die italienische RR-Legende Giacomo Agostini die Saison auf Platz 2 beendete. Korhonen war einer der Topfahrer in den 1970ern. Zwischen 1973 und 1979 kämpfte er auf professionellem Niveau in allen Weltmeisterschaftsklassen (125ccm – 1000ccm), erreichte zehn Podiumsplätze, 337 Weltmeisterschaftspunkte und gewann 1977 das Barcelona 24-Stunden-Rennen zusammen mit Christian Huguet.

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Pentti Korhonen gewann den Opatija-GP mit der Arwidson Team 350 TZ Yamaha mit 70 PS und einem Zweizylinder-2-Takt-Kolbenventil-Motor. Das japanische Bike kam im Frühjahr als Production Racer auf den Markt und wurde im Laufe der Saison modifiziert. Für den GP in Jugoslawien musste auch der Vergaser, die Zündeinstellung und der Zylinder adaptiert werden, um maximales Drehmoment zu erzielen. In Opatija folgt auf die Start-Ziel-Gerade eine rechte Haarnadelkurve bergauf; extrem anspruchsvoll für die Kupplung, weshalb das Ritzel für den kleinsten Gang speziell für das Saisonfinale angepasst wurde.

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Um das 40. Jubiläum der Erfolge des Finnen zu feiern, besuchte seine Tochter Nita Korhonen mit uns erstmals die Strecke in Opatija. Obwohl sie als aktive Fahrerin bereits in der ATV Supermoto-Serie gefahren und ihr ganzes Leben schon im Motorsport aktiv ist, ist sie zuvor noch nie auf einer Rennstrecke gefahren. Aber bevor wir ihr unsere KTM RC 390 für den Test auf der Strecke in Rijeka – ganz in der Nähe der Stadt Opatija – gaben, besuchten wir die legendäre alte Strecke.

Auf der rechten Seite fällt eine steile Küste zur Adria ab, auf der linken Seite begrenzen Felsen und Häuser die schmalen Asphaltstraßen unter der kroatischen Sonne. Vor 40 Jahren war die Szenerie exakt die gleiche, aber damals kämpfte Nitas Vater auf diesen Straßen mit einem Topspeed von etwa 250 km/h um den Sieg. Heute ist es kaum vorstellbar, dass unter solchen Bedingungen Weltmeisterschaftsläufe stattfanden. Das ehemalige Fahrerlager, die mittlerweile bewachsenen Zuschauertribünen und der Campingplatz, auf dem vermutlich immer noch die gleichen Wohnwagen stehen, sehen fast noch genauso aus wie zu der Zeit, als Nitas Eltern an der Strecke waren. Man kann sich leicht vorstellen, wie alles vor 40 Jahren ausgesehen hat. Es ist eine dieser legendären GP-Strecken, die all die Jahrzehnte nahezu unverändert überstanden hat.

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Wir setzen unsere Reise zur aktuellen Rennstrecke in Grobnik in der Nähe von Rijeka fort, wo Nita ihre ersten Erfahrungen mit der KTM RC 390 macht.

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Obwohl sie keine Erfahrung auf der Rennstrecke hat, fühlt sich Nita mit der KTM auf Anhieb wohl. Durch das geringe Gewicht und das einfache Handling genießt sie es gleich ab der ersten Runde, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. In 40 Jahren haben sich Bikes und Strecken komplett verändert, soweit, dass Fahrer heute sowohl auf der Straße als auch auf der Rennstrecke unter sicheren Bedingungen fahren können. Trotzdem ist es auch nach all den Jahren ganz leicht, sich das Gesicht von Pentti Korhonen nach seinem Sieg vorzustellen. Man muss sich nur das breite Grinsen seiner Tochter anschauen, als sie nach den ersten Runden ihren Helm abnimmt. Eines hat sich in all den Jahren nicht verändert: Für einige von uns, ist Motorsport alles!

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Fotos: Pentti & Nita Korhonen, Peter Ziegler | Video: Jester Entertainment