Der Alleskönner unter den Bikern: Stuntfahrer Aaron Colton

Du dachtest, du hättest dein Motorrad gut im Griff? Sicher? Stuntfahrer Aaron Colton fährt in einer anderen Liga.

KTM hat die Mittel und oftmals auch die richtigen Talente. Während es Cairoli, Dungey, Blazusiak, Miller und Meo in ihren jeweiligen Sportarten weltweit in die Schlagzeilen schaffen, gibt es auf der anderen Seite auch die Sportler, die auf den orangen Bikes eine nicht weniger beeindruckende Show zeigen, aber trotzdem nicht im Fokus der Medien stehen.

Wir wollen die Gelegenheit nutzen und einen dieser unbekannteren KTM Fahrer vorstellen: Aaron Colton.
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Fans des Streetbike-Freestyle werden den Namen kennen. Mit unvergleichlichem Talent, viel Selbstvertrauen und einer Portion Extravaganz tauchte der damals 14-jährige Amerikaner in der Szene auf und gilt seitdem als Wunderkind auf zwei Rädern. Unterstützt von Red Bull, zählt er mit seiner KTM 690 DUKE mittlerweile zu den besten Stuntfahrern. Der König der freihändigen Wheelies beherrscht eine Vielzahl von Tricks auf zwei Rädern (oftmals auch nur auf einem) und lässt im Drift die Hinterreifen qualmen. Vor allem ist der Showman aber ein außerordentlich freundlicher Typ, den wir in seinem Haus in Santa Monica, Kalifornien treffen.

Coltons Art ist genauso makellos wie seine Garage. Ein 22-jähriger, bereits seit fast zehn Jahren im Geschäft, der seinen Sport sehr ernst nimmt. Colton bestreitet Events wie die XDL Sportbike Freestyle Meisterschaft und zeigte seine atemberaubende Red Bull Show quer durch die USA und weltweit. Zur Zeit begeistert er seine neugewonnen Fans auf den Philippinen und wird im Rahmen einiger internationaler Termine eventuell auch bei der FIFA Fußballweltmeisterschaft in Brasilien zu sehen sein. Im Oktober steht in New York mit der Produktion eines spektakulären Videos schon das nächste ehrgeizige Projekt auf dem Plan. Aber dazu später mehr.

Nachdem Ray Archer ein paar Bilder von Aaron mit seiner 690er eingefangen hat, setzen wir uns in seinem Wohnzimmer für ein kurzes Interview zusammen. Trotz seines jungen Alters, ist uns schnell klar, dass wir mit einem sehr talentierten und erfahrenen Fahrer sprechen. Der ursprünglich aus Minnesota stammende, ehemalige Schützling von Christian Pfeiffer, lebt mit seiner Verlobten mittlerweile für einen großen Teil des Jahres in LA und gehört mittlerweile zu den Sportlern, die den Freestylesport voranbringen, nachdem er sich zuvor in vielen anderen Rennserien versucht hatte.
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Kann man sagen, dass du als Freestyler und Teilzeitrennfahrer ein bissschen was von allem kannst?
„Irgendwie schon. 2005 saß ich mit 13 Jahren zum ersten Mal auf einem Straßenmotorrad, begann dann mit dem Freestyle und 2007 mit dem Straßenrennsport. Ich machte die AMA Lizenz und bin ein paar Supersport-Rennen gefahren. Freestyle hat mich immer begleitet auch wenn ich zwischendurch Dirt Track gefahren bin und dort auch meine AMA Pro Lizenz gemacht habe. Ich konnte Erfahrungen in vielen verschiedenen Motorsportbereichen sammeln; das hat mir definitiv dabei geholfen, eine Art Allrounder zu werden – bei einer Baja Rally könnte ich glaube mit einer guten Gruppe mitfahren. Ich wollte immer eine Alleskönner sein und habe mich deshalb nie spezialisiert. Meine Stärke liegt definitiv im Freestyle, dafür habe ich trainiert, meine Motorräder weiterentwickelt und sogar eigene Teile designt.“

Was wäre, wenn dir morgen jemand sagen würde „du kannst für den Rest deines Lebens nur noch ein Motorrad fahren“. Welches würdest du wählen?
„Wenn ich nur eine Wahl hätte … Ich würde gerne Freestyle sagen, aber es sind mittlerweile neun Jahre, in denen ich damit meinen Lebensunterhalt verdiene. Ich liebe es, aber wenn ich mich für eines entscheiden müsste, dann wäre es etwas aus dem Offroadbereich. Das ware mein Favorit. Beim Freestyle ist es, als wäre die KTM ein Teil von mir und es gibt keine Grenzen. Ein gleiches Euphorielevel habe ich nicht erreicht, bis ich mich auch im Offroadsport ein ähnliches Niveau erarbeitet habe. Der einzige Weg schneller zu werden, ist ruhig und rund zu fahren; offroad war irgendwie vergleichbar und der einzige Sport, der das gleiche großartige Gefühl brachte, wie Freestyle.”

Vor zwei Jahren wurde KTM Nordamerika auf Colton aufmerksam und verpflichtete ihn 2013. Red Bull unterstützte ‘AC’ seit seinem überraschenden Auftauchen als Kind Mitte des letzten Jahrzehnts.

Erklär uns bitte die Verbindung zu KTM. Das ist für deinen Sport eher ungewöhnlich?
„Im Laufe der Jahre habe ich mit verschiedenen Werken gesprochen und das einzige was alle gemeinsam hatten, war, dass die Leute dort nicht so wirklich was mit meinem Sport anfangen konnten. Einige Sportler werden materiell unterstützt und müssen bestimmte Ergebnisse erzielen. Bei KTM ist das anders; KTM entwickelt sich weiter und ich denke, mit ihnen kann ich meinen Sport bekannter machen. Vor zwei Jahren traf ich mich mit den KTM Verantwortlichen in Lake Elsinore und die Tatsache, dass Red Bull und KTM im Sport bereits zusammenarbeiten, war ein weiterer Pluspunkt. Ich glaube beide Seiten haben gesehen, wie vielseitig mein Programm ist und wie vielseitig es einsetzbar ist; besonders für KTM, die weltweit und in den USA ihre Street-Modellpalette bewerben wollen. Für Werbezwecke können sie Fahrer zu den Händlern bringen, aber ich kann meine Show überall zeigen. Seit Februar 2013 arbeiten wir nun zusammen und bisher läuft es sehr gut; ich glaube ich habe Nummer 2 und 4 der KTM 690 DUKE in den USA! Um ganz ehrlich zu sein, ist in unserem Sport kein KTM Fahrer konkurrenzfähig. International waren die Reaktionen gut, aber bei den Wettkämpfen und in der Szene hatte ich das Gefühl, dass man mich nach meinem Wechsel auf KTM bereits abgeschrieben hatte. Nach einigen Monaten als KTM Fahrer, konnte ich die Zweifler zum Glück zum Schweigen bringen und sie konnten sehen, dass ich hart arbeite, um das Motorrad weiterzuentwickeln.“

Was sagst du zur 690 DUKE? Entdeckst du immer wieder neues an deinem Motorrad?
„Bei den Motorrädern der anderen Hersteller gab es bereits Teile, die ich kaufen musste, um fahren zu können, aber diesmal musste ich einen anderen Weg einschlagen und die Teile selbst designen, die ich brauchte. Deshalb hat es ein bisschen länger gedauert den Stein ins Rollen zu bringen, aber insgesamt ist es eine gute Zusammenarbeit. Es war schwer sich an den Einzylinder zu gewöhnen! Für viele Stunts brauche ich Kraftentfaltung im niedrigen Drehzahlbereich mit mal höherer und niedriger Leerlaufdrehzahl. Bei einem Einzylinder klingt es wie ‘chug-chug-chug’, bei einem Vierzylinder hingegen viel ruhiger, wie bei einer Nähmaschine. Acht Jahre lang bin ich nicht auf Ein- und Zweizylindern gefahren, da hat es ein bisschen Zeit zur Anpassung gebraucht. Mittlerweile geht es gut und es wird immer besser.“
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Red Bull hat für dich einige interessante Projekte ins Leben gerufen. Was ist für New York geplant?
„Das Tolle an der Art und Weise, wie sie mit ihren Athleten arbeiten, ist, dass man in einem gewissen Rahmen eigene Ziele und Vorstellungen einbringen kann. Du kannst ihnen sagen, was du gerne machen oder erreichen würdest und sie helfen dir dorthin zu kommen. Für diese Unterstützung bin ich unglaublich dankbar. Ich arbeite an einem Videoprojekt mit dem Titel ‘Red Bull Night Tracks’. Wir haben bereits ein Video in Chicago gedreht und ich wollte diese Serie gerne fortsetzen. Welches ist das kultigste Transportmittel in New York? Genau, die U-Bahn. Ich habe hin und her überlegt und die Möglichkeiten einen Teil abzusperren und dort zu drehen genau angeschaut. Seit mehr als einem Jahr sprechen wir mit der MTA (Metroplitan Transportation Authority; staatliches Verkehrsunternehmen des US-Bundesstaates News York(. Ich kann nicht in die Details gehen, aber wir werden ein Video im U-Bahn-System der Grand Central Station drehen. Eine Zeit lang werden wir den Ort für uns allein haben, was bahnbrechend ist in der Motorsportindustrie und für Videos im viralen Marketing, deshalb bin ich schon sehr gespannt.“

Du bist also insgesamt ein ziemlich zufriedener Typ?
„Ich denke schon. Aber du bist auch für dein eigenes Glück verantwortlich. Viele Leute betrachten meine Karriere und glauben, dass seit ich 13 oder 14 war, alles ziemlich rund gelaufen ist – viele Dinge haben sich gut entwickelt, aber das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da hatten wir nicht genug Geld, um irgendwohin zu fahren oder irgendwo länger zu bleiben. Es gab Höhen und Tiefen, aber ich habe mich durchgekämpft, um mein Ziel zu erreichen. Im Motorsport ist es nicht einfach seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Leute sehen dich an der Spitze und denken, dass du eine Menge Geld verdienst; was viele Leute aber nicht sehen, ist die viele Arbeit, die du geleistet hast, um dorthin zu kommen. Es ist ein unglaublich schwieriger Job von kurzer Lebensdauer. Ich habe das bestmögliche aus meiner Situation gemacht und habe einen guten Weg gefunden wie ich meinen Lebensunterhalt verdienen kann. Trotzdem ist es im Freestyle-Sport nicht ganz einfach und Aktionen, wie die Videoproduktion, sind auch für mich besonders und bedeuten, dass ich zu unglaublichen Orten komme und Dinge auf dem Motorrad machen kann, die andere Leute in unserem Sport niemals machen können. Idealerweise kann ich eine Plattform für unseren Sport schaffen und ihn bekannter machen.“

Gegenüber sitzt uns Coltons Verlobte Daniela, die wie wild eine E-Mail an uns schreibt, um uns mit Infos zu seinen Aktivitäten und Auftritten zu versorgen. Dabei wird klar, sie ist für seinen Job genauso wichtig, wie das Benzin im Tank. Die beiden hätten nicht gastfreundlicher und bodenständiger sein können und wie um diesen Punkt zu unterstreichen, laden sie uns zum Essen in ein nahegelegenes chinesisches Restaurant ein, bevor am nächsten Tag auf der Motocross Strecke in Corona ein weiterer Termin wartet. In Zukunft werden wir an jeder Strecke die Augen offen halten, ob wir irgendwo einen Typen mit langen Haaren und einem Dauergrinsen entdecken.

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Fotos: Ray Archer