Interview des Monats: Im Gespräch mit Ideengeber Eric Peronnard

Wir sprachen mit einem der einflussreichsten Organisatoren von Sportevents, der seit Jahren in der Szene aktiv ist und fragten ihn, was in seinen Augen ein großes und großartiges Event ausmacht.

In der Motorradindustrie gibt es wohl kaum jemanden, der mehr Flugmeilen zusammenbringt als Eric Peronnard. Der 55-jährige Franzose lebt in den USA, ist Vater zweier Kinder und seit mehr als 30 Jahren auf verschiedene Weise in den Bereichen Vertrieb und Marketing tätig. Einige der denkwürdigsten Rennen und Events in der jüngeren Geschichte weltweit tragen deutlich seine Handschrift. Peronnard ist immer unterwegs und übernimmt eine aktive Rolle, wenn es darum geht, Events wie die U.S. Open, Red Bull Straight Rhythm, Extreme Enduro, SuperEnduro, X Games, Supercross Paris-Bercy problemlos über die Bühne zu bringen.

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Braungebrannt, fit und unglaublich gesellig, ist Peronnard ein charmanter und zielstrebiger Typ, der viel Zeit und Energie in seine Leidenschaft und Interessen investiert. Immer ist irgendein Deal oder neues Projekt in der Vorbereitung. Ein Job, auf den vermutlich viele neidisch sind; für uns nahm sich der Franzose beim letzten MXGP ein paar Minuten Zeit.

Du warst vor Kurzem in den USA bei einem Extreme Enduro-Event. Das ist eine Disziplin, die du groß gemacht und auf ein hohes internationales Niveau gebracht hast …
„Die Extreme Enduro-Rennen sind momentan ziemlich anspruchsvoll, die Topfahrer haben ein unglaubliches Niveau. Ausgehend von dem, was ich in den letzten Wochen mit eigenen Augen gesehen habe, gibt es fünf Fahrer, die einfach alles können. Danach ist der Leistungsunterschied unglaublich groß. Fahrern wie Jonny [Walker], Taddy [Blazusiak] und Cody Webb kannst du jedes Hindernis in den Weg stellen … sie werden es meistern. Möglicherweise schaffen es auch noch die nächsten fünf Topfahrer, aber der Rest eher nicht. Eine ähnliche Situation haben wir beim Trial, wo es fünf oder sechs Fahrer gibt, die mit jeder Situation klarkommen. Solche Dinge müssen wir berücksichtigen und sicherstellen, dass wir schwierige, aber keine unmöglichen Events veranstalten. Extreme Enduro ist ein toller Sport für die Zuschauer und wenn man es richtig angeht, ist er sehr spektakulär.“

Was ist die wichtigste Zutat für ein gutes Event?
„Am wichtigsten ist es, authentisch zu sein. Das richtige Event, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Manchmal wird die Wichtigkeit dieser Kombination vergessen. Viele Leute denken, dass man Events überall veranstalten kann – nach dem Motto: ‘mach es und sie werden kommen’ – aber es kommt vor allem auf das Timing an. Mein wohl größter Erfolg waren die U.S. Open und regelmäßig kriege ich Anrufe ‘lass und das nochmal machen!’, aber das geht nicht so einfach. Damals war es das richtige Event zur richtigen Zeit.“

Es muss schwierig sein, die perfekte Kombination und Chemie zu finden …
„Das ist es! Manchmal macht es dich verrückt, denn du hast eine gute Idee, aber dann gibt es so viele Parameter, die es abzuwägen gilt. Ich arbeite gerade an einem großen Projekt und in diesem Fall bin ich sicher, dass ich fast die perfekte Balance gefunden habe; die kleinen Schwierigkeiten, die es noch gibt, versuche ich zu lösen, auch wenn es manchmal schwierig ist.“

Gerade im Offroad-Bereich scheint es fast unmöglich, noch ein zusätzliches Event zu veranstalten. Die Kalender der AMA MX- und SX- sowie FIM MXGP-Piloten sind jetzt schon sehr voll. Es muss schwierig sein, ein Event wie das Red Bull Straight Rhythm am Ende einer so langen Saison zu organisieren …
„Von den Fahrern wird immer mehr verlangt und der Kalender ist verrückt, besonders in den US-Serien. Sogar für eine Firma wie Red Bull, die vollkommen hinter dem Straight Rhythm Event stehen, ist es nicht einfach, 30 Topfahrer an den Start zu bekommen. Für Monster gilt das gleiche. Vielleicht sollte man über eine Umstrukturierung der Motorradindustrie und ihrer Rennsportaktivitäten nachdenken. Es ist nicht so gut abgestimmt, wie es sein sollte.“

Marvin Musquin KTM 250 SX-F Red Bull Straight Rhythm 2014

Marvin Musquin KTM 250 SX-F Red Bull Straight Rhythm 2014

Wenn du alles bedenkst, was ein Event beeinflusst – der richtige Veranstaltungsort, der Organisator, das Team an der Strecke, die finanzielle Unterstützung – wie wichtig ist bei all diesen Punkten die ursprüngliche Idee? Zum Beispiel beim Straight Rhythm …
„Die Idee ist der Dreh- und Angelpunkt und ich hatte schon vor ein paar Jahren eine ähnliche Idee wie das Straight Rhythm. Ich sprach mit Red Bull und gemeinsam haben wir überlegt, dass eine Kooperation mit ESPN von Vorteil wäre. Aus vielen Ideen haben wir uns dann am Ende für das Straight Rhythm entschieden und im Nachhinein war es die perfekte Wahl. Viele Leute, die ihre Köpfe zusammengesteckt haben, waren an diesem Erfolg beteiligt, der am Ende eine großartige Teamleistung ist. Es ist ein reines Promo-Rennen und zählt für keine Meisterschaft. Es ist wie bei den U.S. Open; etwas, das ein Selbstläufer war und egal wohin man geschaut hat, es hat einfach funktioniert; vom Preisgeld für die Fahrer bis hin zu den Produktionskosten: alle waren glücklich. Wir hatten ein ziemlich großes Budget; für diesen Monster Cup habe ich das gleiche Budget zur Verfügung wie 1997; etwas weniger als der eine Million-Bonus, den der Sieger der drei Läufe bekommt. Auf diesem Niveau gibt es keine bahnbrechenden Weiterentwicklungen. Früher habe ich hauptsächlich im Bereich Adventure-Reisen gearbeitet und war einer der ersten, der diese Szene in den 80ern zusammen mit Yamaha aufgebaut hat. Mehr als 17 Jahre lang haben wir einen sehr guten Job gemacht und mehrere tausend Leute durch die australische und afrikanische Wüste begleitet; man lernt eine Menge, wenn man solche Dinge macht. Es ist ein bisschen, als würde man ein Event organisieren, nur mit etwas weniger Planung. Täglich passieren Dinge, die du nicht vorhersehen, aber von denen du lernen kannst.“

In gewisser Weise bist du also ein Experte im Probleme lösen geworden …
„Genau, ich denke, das bin ich. In meinem Alter fühle ich mich manchmal wie eine Art Versicherung für ein großes Unternehmen und als ich für Philip Morris gearbeitet habe, einer meiner größten Klienten, mit dem ich die Touren mit Marlboro und Chesterfield gemacht habe, sagte der Geschäftsführer zu mir, ich wäre seine Versicherung und wenn ich vor Ort wäre, bräuchte er sich um nichts sorgen. Ich dachte ‘wow’ und habe es gar nicht so wahrgenommen. Ich war damals noch sehr jung, habe dieses Lob aber nie vergessen. Du brauchst ein paar Augen mit der Fähigkeit, ein mögliches Desaster zu erkennen; ich denke, ich habe genug Erfahrung, um das von mir sagen zu können.“

Wie ist die Arbeit mit Red Bull?
„Red Bull ist sehr strukturiert und in den letzten Jahren sind sie sehr wichtig und einflussreich geworden; ich habe immer gut mit ihnen zusammengearbeitet und sie haben meine Meinung immer wertgeschätzt. Red Bull sucht man sich nicht aus, Red Bull wählt dich aus. Ich bin also sehr dankbar, dass sie mit mir zusammenarbeiten, denn ich habe nicht an ihre Tür geklopft. Ich denke, sie wissen ganz genau, was sie wollen und sie wissen, dass ich ihnen genau das bieten kann.“

Musst du für diese Arbeit ein geduldiger Mensch sein? Ich kann mir vorstellen, dass man eines Morgens aufwacht, mit einer tollen Idee für ein Motorsportevent im Kopf, aber dann dauert es vielleicht noch drei Jahre, bis es Realität wird …
„Zehn Jahre!“

Das bedeutet wahrscheinlich zahlreiche Meetings, Anrufe und endlose Verhandlungen …
„Manchmal muss man sich auf die Zunge beißen. In ein paar Monaten werde ich etwas präsentieren, das ich bereits seit zehn Jahre vorbereite. Dabei ging es vor allem darum, den richtigen Ort, das richtige Timing und alle anderen Dinge abzuklären, die für ein perfektes Event zusammenkommen müssen. Das klingt vielleicht ein bisschen komisch und wenn man das Ergebnis sieht, dann denkt man vielleicht ‘ok, das sieht aber einfach aus’; in Wahrheit sind es aber so viele verschiedene Puzzleteile, bei denen man sicherstellen muss, dass sie perfekt ineinanderpassen.“

Wie ist das mit den Institutionen der Motorradindustrie? Von Regierungsgremien, über Hersteller, Sponsoren und Zulieferer … es braucht wahrscheinlich ein gewisses Geschick, um mit all diesen Gruppen zurechtzukommen und ihnen gerecht zu werden …
„Ich mag 99% der Leute, mit denen ich arbeite; wie ich, hat jeder seine Stärken und Schwächen, darauf muss man sich einfach einstellen. Zum Beispiel sind die Leute bei ESPN eher sport- als motorsportorientiert, also musste ich lernen so zu denken wie sie, was ihre Planung und Arbeitsweise anging. Red Bull ist sehr zielstrebig, wissen immer genau, was sie wollen und wie wir miteinander arbeiten können. Ich hatte die Möglichkeit, für Fox als Motocross-Berater zu arbeiten und konnte mit meinem Expertenwissen weiterhelfen. Ich mag die Abwechslung und dass ich jeden Tag in viele verschiedene Richtungen arbeiten kann. Einige Leute sind sehr gut darin, fokussiert zu sein, wie ein Scharfschütze. Mir liegt es eher, wenn ich einen möglichst großen Blickwinkel habe und Dinge ins Spiel zu bringen, wenn ich muss.“

Wie ist die Arbeit mit KTM?
„Sieben Jahre lang war ich ein erfolgreicher KTM Händler in Daytona Beach. Ich habe mein Geschäft verkauft, aber ich hatte eine Menge Spaß an der Arbeit mit KTM. Sie haben die Offroad-Welt verändert und man kann nur bewundern, was sie geleistet haben. Ich möchte hier niemanden hervorheben, aber was KTM für den Sport geleistet hat, ist großartig.“

Was sind deine Top 3-Erfolge?
„Es ist schwierig, eine Nummer 1 zu finden! Hmmm, die U.S. Open waren ein wichtiger Wendepunkt für die amerikanische Supercross– und Motocross-Serie, nachdem wir daraus eine größere Show gemacht haben – es was das erste Mal, dass es dort eine Licht- und Laser-Show gab, etwas, das mittlerweile als selbstverständlich hingenommen wird. Das wichtigste ist, dass nichts, was ich tue, ‘dumm’ ist. Vor zwölf Jahren haben wir mit EnduroCross angefangen. In den letzten zehn Jahren haben wir dazu beigetragen, dass Fahrer wie Blazusiak einem breiten Publikum bekannt werden, denn sie gehören in meinen Augen zu den talentiertesten Motorradfahrern weltweit. Sie vollbringen einzigartige Dinge. Du kannst Taddy Blazusiak auf einer Supercross-Strecke fahren lassen und er wird eine gute Leistung zeigen, aber du kannst James Stewart nicht beim Erzberg oder bei den Romaniacs starten lassen. Diesen Talenten eine Plattform zu geben, Supercross auf ein neues Level zu bringen und immer zu versuchen, ein perfektes Event zu veranstalten: ich denke, mit diesen drei kann ich nicht viel falsch machen.“

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Mehr Informationen rund um das Red Bull Straight Rhythm Event am 10. Oktober im kalifornischen Pomona gibt es hier.

Fotos: Ray Archer | Red Bull Content Pool