Interview des Monats: KTM CSO Hubert Trunkenpolz

Kenner der orangen Marke aus Mattighofen wird der Namen Trunkenpolz etwas sagen. Er steht in enger Verbindung mit KTM und ist viel mehr als einfach nur das ´T´ zwischen ´K´ und ´M´. War der Onkel von Hubert Trunkenpolz eine der treibenden Kräfte bei der Gründung des Unternehmens, so ist Hubert Trunkenpolz (54) eine der Schlüsselfiguren, wenn es darum geht, die Marke KTM weltweit bekannt zu machen.

Da KTMs Einfluss sich ungefähr mit der gleichen Geschwindigkeit verbreitet, wie ihre Produktpalette wächst, dachten wir wäre es interessant ein bisschen mehr über Hubert Trunkenpolz, und wie er KTM in den 15 Jahren seiner beruflichen Laufbahn in verschiedenen Ländern bekannt gemacht hat, zu erfahren. 1992 lernte er Stefan Pierer kennen, seit 1998 ist er nicht nur mehr namentlich ein Teil von KTM und seit 2004 Mitglied des Vorstands.

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Hubert Trunkenpolz (KTM CSO)

Offensichtlich sind Sie in besonderer Weise mit KTM verbunden. Erzählen Sie uns etwas darüber …
„Mein Onkel hat das Unternehmen gegründet. Als Kind und Jugendlicher war ich immer mit Motorrädern unterwegs, natürlich auf KTMs. Seitdem hatte ich immer den Wunsch, ein Teil des Unternehmens zu sein, und 1998 bekam ich nach einem Telefongespräch mit Stefan Pierer die Chance. Eine großartige Möglichkeit für mich.“

Ihre erste Reaktion auf den Anruf?
„Im Zuge des Gesprächs mit Stefan (Pierer) fragte er mich, ob ich mir vorstellen könnte, den Vertrieb mit meiner Erfahrung zu unterstützen. Ich war und bin für diese Möglichkeit sehr dankbar. Zunächst sollte ich mich in meiner Funktion um unsere neuen Händler in Osteuropa und Asien, später auch in Südamerika kümmern. Fast von Beginn an war ich in die Expansion des KTM Geschäfts involviert. Anschließend kümmerte ich mich um den Vertrieb auf globaler Ebene. 2001-2002 wurde ich zum Managing Director von KTM UK ernannt. Ich verbrachte einige Zeit in England, genauer gesagt in Brackley, in unmittelbarer Nachbarschaft zu BAR Racing (jetzt Mercedes) und Silverstone. Auch der Aufbau einiger Tochterunternehmen fiel in meinen Aufgabenbereich – vor der schwierigsten Aufgabe stand ich bei KTM Japan. Ich war dort für eine ganze Weile CEO. Trotz mancher Schwierigkeiten, dürfte ich diese Aufgaben wohl alle recht gut bewältigt haben, sonst hätte man mich 2004 wahrscheinlich nicht als Verantwortlichen für Marketing und Vertrieb in den Vorstand berufen.

„Trotz mancher Schwierigkeiten, dürfte ich diese Aufgaben wohl alle recht gut bewältigt haben, sonst hätte man mich 2004 wahrscheinlich nicht als Verantwortlichen für Marketing und Vertrieb in den Vorstand berufen.”

Gehen wir in die Zeit zurück, bevor Sie bei KTM einstiegen … war es für Sie schwer mit anzusehen, wie KTM durch einige harte Jahre ging bevor Herr Pierer das Unternehmen übernahm?
„Ja, und Auslöser war eine Familientragödie. Als Kind habe ich viel Zeit in Mattighofen verbracht – sicher immer einen Monat in den Sommerferien – meist mit meinen Cousins und von morgens bis abends waren wir mit den Motorrädern unterwegs. Wir hatten eine Menge Spaß. Wir waren jung, aber selbst damals konnte man schon sehen, dass mein Onkel versuchte, das Geschäft auszuweiten; mein Vater unterstützte ihn dabei. Die Zweiradindustrie durchlief damals eine schwere Zeit und mein Onkel suchte nach neuen Geschäftsbereichen. Er hatte die Idee Wasserkühler für Motoren aus dem Automobilsektor zu produzieren. Das Projekt war an sich eine gute Idee, aber es gab ein paar organisatorische Probleme, da die Industrie sehr anspruchsvoll war. Dem Unternehmen ging es nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Am 24. Dezember 1989 starb mein Onkel dann an einem Herzinfarkt.

In weiterer Folge übernahm Herr Taus von GIT Trust Holding die Kontrolle und in den drei Jahren, in denen er verantwortlich war, halbierte er den Umsatz und verdoppelte die Schulden – das Unternehmen ging zu Grunde. 1992 traf ich Stefan Pierer zum ersten Mal. Er war damals noch sehr jung, aber sehr ehrgeizig. Er war nicht derjenige mit dem meisten Kapital, um Unternehmen zu übernehmen, aber er hatte die besten Ideen. Ich und die ganze Familie waren damals mehr als glücklich, dass er es schaffte die Händler und andere Partner zusammenzubringen und von Null zu starten. Im ersten Jahr wurden 6000 Motorräder in Mattighofen produziert. Damals arbeitete ich bei einer anderen Firma aus dem Familienbesitz, welcher ebenfalls 1992 Teil der Pierer-Gruppe wurde. Das Jahr, in dem meine KTM Geschichte begann.“

An was erinnern Sie sich am liebsten aus der Zeit, in der Sie international gearbeitet haben?
„Bei KTM UK haben wir das gesamte Management sozusagen einer Generalüberholung unterzogen … der damalige MD war vielleicht nicht die beste Wahl. Es gab definitiv Qualitätsprobleme. Ich erinnere mich gut an das erste Händlermeeting, das wir dort hatten. Einige Händler waren sehr unzufrieden; einer warf sogar zertrümmerte Pleuel auf meinen Tisch! Das war mal eine Erfahrung … aber wir hatten auch einige gute Händler, gewannen nach und nach Vertrauen und bewiesen, dass wir uns mit unseren Produkten vorwärts bewegten. Wir hatten sehr loyale Händler in Großbritannien und viele Fans der Marke, so dass ich insgesamt sagen kann, es war eine gute Zeit – trotz eines etwas holprigen Starts. Ich bin gerne in England, dort gibt es soviel Enthusiasmus für Motorräder und Motorsport; das zu erleben ist großartig.“

„Ich bin gerne in England, dort gibt es soviel Enthusiasmus für Motorräder und Motorsport; das zu erleben ist großartig.“

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Hubert Trunkenpolz (KTM CSO) & 1290 SUPER DUKE R

Und wie war das mit Japan?
„Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Es war irgendwas zwischen Albtraum und einem anstrengenden Job! Wir haben von Anfang an alles gegeben, denn keiner hat dort wirklich mit uns gerechnet, wie man sich vorstellen kann. Wir sahen uns mit Import-Regulierungen, Emissiontests und anderen Restriktionen konfrontiert, die es nur für europäische Produkte gibt. Es war ein sehr holpriger Start und zweimal waren wir kurz davor aufzugeben. In den fünf Jahren, in denen wir versuchten das Geschäft in Japan in geregelte Bahnen zu lenken, machten wir nur Verluste, aber am Ende zeichnete sich ab, dass es für unsere Produkte eine Nachfrage gab und sie gut auf den japanischen Markt passten. In gewisser Weise fand die japanische Motorradcommunity es gut, dass wir nicht aufgaben und nach und nach gewannen wir das Vertrauen der Händler und Motorradfahrer. Seit ein paar Jahren machen wir in Japan ein gutes Geschäft und das Management leistet hervorragende Arbeit. Ich bin zwar nicht mehr in die Details eingebunden, aber natürlich behalte ich das Geschehen in Japan im Auge, schließlich habe ich das Projekt mit angefangen. Die Entwicklung und die Profite der letzten Jahre beweisen, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hat. Es war eine aufregende Zeit. Zwischen 2002 und 2004 habe ich zeitweise in Japan gelebt und bin viel hin und her gereist.“

Wir können uns nur vorstellen, wie schwierig die Situation war … wie kamen Sie mit den kulturellen Unterscheiden zurecht?
„Es war eine der besten Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe. Ich mag Japan und seine Menschen; in mancher Hinsicht ist es ein großartiges Land, von dem wir viel lernen können. Aber ja, für einen europäischen Motorradhersteller ist es ein schwieriger Ort, um Fuß zu fassen! Am Ende gibt es aber dennoch nichts, was mir absolut negativ in Erinnerung geblieben ist. Manchmal braucht man diese Art von Erfahrungen im Leben und Dinge, in die man mehr Zeit und Einsatz investieren muss, als man zunächst gedacht hat.“

„Manchmal braucht man diese Art von Erfahrungen im Leben und Dinge, in die man mehr Zeit und Einsatz investieren muss, als man zunächst gedacht hat.“

Was machen Sie hier und jetzt im Jahr 2014?
„Ich arbeite in Mattighofen und bin als Vorstandsmitglied für den weltweiten Vertrieb verantwortlich. Die Globalisierung des Unternehmens weiter voranzutreiben, ist zur Zeit unser größtes Projekt, dabei habe ich das große Glück, ein hervorragendes Team um mich zu haben. Wir verzeichnen gute Wachstumsraten in Asien und Lateinamerika. Das wurde möglich durch unsere Partnerschaft mit Bajaj und die Modelle, die wir gemeinsam produzieren; zuvor war das immer die Verbindung, die gefehlt hat. Diese Kooperation öffnet aber auch neue Möglichkeiten in Europa und den USA, was für uns nach wie vor der größte einzelne Markt ist und es auch noch für eine Weile bleiben wird. Die stärksten Wachstumsimpulse kommen trotzdem aus Asien und Lateinamerika. Der Grund dafür? Vor Jahren war ein typischer KTM Händler in diesen Regionen einfach ein Motorrad-Enthusiast. Er kaufte eine KTM für sich oder Freunde und wurde Händler, ohne dass es ein wirkliches Geschäft war. Wir hatten schlicht und ergreifend nicht die Modellpalette, die man dort in großen Stückzahlen verkaufen konnte.

Mit den 125er, 200er und 390er Modellen, die in Kooperation mit Bajaj produziert werden, haben wir jetzt Produktlinien, die den Anforderungen und Bedürfnissen der Motorradfahrer dort entsprechen. Jetzt ist es für die Lieferanten und Händler in Asien und Südamerika ein erträgliches Geschäft. Sie erzielen gute Verkäufe, wodurch sie ein Auskommen haben und wir eine neue Qualität an Geschäftspartnern gewinnen. Durch größere Verkaufszahlen, bessere Geschäftspartner etc. gewinnen wir Einfluss auf die Geschäfte, die Marke wird bekannter und weckt mehr Interessen. Ganz offen gesagt, die Verkäufe, die wir jetzt in diesen zwei Regionen erzielen, sind erst der Anfang. Wir erwarten massives Wachstum und sind auch dann noch nicht am Ende; auch in den USA und Europa gibt es noch Potenzial.“

„Die Globalisierung des Unternehmens weiter voranzutreiben, ist zur Zeit unser größtes Projekt […] Das wurde möglich durch unsere Partnerschaft mit Bajaj und die Modelle, die wir gemeinsam produzieren […]”

Hubert Trunkenpolz (KTM CSO) & X-BOW RR

Hubert Trunkenpolz (KTM CSO) & X-BOW RR

Für KTM sind Sie ständig unterwegs und bereits Stammgast auf den Flughäfen dieser Welt?
„Das kann man so sagen! Manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich mit der Lufthansa-Crew schon per du. In den letzten beiden Jahren bin ich bestimmt um die 300.000 Meilen geflogen. Trotzdem liebe ich, was ich tue, schließlich konnte ich mein Hobby und meine Leidenschaft zum Beruf machen. Es ist nach wie vor sehr aufregend in die Entwicklung des Unternehmens involviert zu sein. Außerdem treffe ich gerne neue Menschen, entdecke neue Geschäftsmöglichkeiten und möchte das Unternehmen zusammen mit meinen Mitarbeitern weiterentwickeln. Es macht Spaß; es ist herausfordernd, aber brillant.“

Halten Sie manchmal inne und wundern sich darüber, wie stark KTM gewachsen ist und floriert?
„Definitiv. Momentan sind wir in einer extremen Investitionsphase, um den Standort mit neuen Gebäuden auszubauen und zu stärken. Wenn ich morgens diesen ´KTM Campus´ betrete, dann denke ich manchmal daran, wie es damals aussah, als das ganze Gebiet noch mit Feldern bedeckt war. Jetzt stehen hier Gebäude, die insgesamt etwa 100.000 m2 bedecken. Nach wie vor ist es eine sehr emotionale Angelegenheit für mich. Wenn ich hier aus dem Fenster schaue, sehe ich den Kran über unserem F&E-Gebäude, der ein weiteres Stockwerk auf das Gebäude setzt und damit 100 neuen Ingenieuren Platz schafft. Wird sind zuversichtlich und deshalb sehr engagiert, was die Entwicklung des Unternehmens angeht, andernfalls würden wir nicht so viel investieren. Auf das bisher Erreichte sind wir stolz, gleichzeitig birgt es aber auch eine Verpflichtung. Wir müssen unsere Arbeit gewissenhaft und ordentlich erledigen.“

Auf das bisher Erreichte sind wir stolz, gleichzeitig birgt es aber auch eine Verpflichtung. Wir müssen unsere Arbeit gewissenhaft und ordentlich erledigen.“

Zu guter Letzt … was steht in der Garage?
„Ha! Ich habe drei KTM Modelle. Zum einen die 1290 SUPER DUKE R – mein absolutes Lieblingsmotorrad: Ich liebe es. Zum anderen eine FREERIDE E, unser Elektromotorrad, das ideal ist für einen alten Mann wie mich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal auf diese Weise Offroad fahren würde, aber mit diesem Bike ist es möglich. Zu guter Letzt, habe ich noch einen KTM X-BOW – ein reines Spielzeug, mit dem ich ab und zu in der X-BOW Battle antrete. Der steht allerdings nicht in meiner Garage, sondern in Graz, wo er gewartet und für die nächsten Renneinsätze vorbereitet wird … das nächste Rennen steht am 10./11. Juli in der Slowakei an!“

Hubert Trunkenpolz (KTM CSO) & X-BOW RR

Hubert Trunkenpolz (KTM CSO) & X-BOW RR

Fotos: www.ktmimages.com & X-BOW BATTLE