Panini Tour: Chile und Argentinien – Andencrossing bis Feuerland

Südamerika ist ein faszinierender Kontinent und bietet alles, und zwar wirklich alles, was man sich als „Adventure-Motorradfahrer“ erträumt. Bei so vielen Optionen, gilt es auszuwählen. Wir entscheiden uns für die Variante „Andencrossing“: Mit unseren zwei KTM 1190 ADVENTURE Rs soll es über so viele Pässe wie möglich kreuz und quer über die Anden gehen.

Wir fahren eine Zickzack-Route über den 4000 Kilometer langen Andenkamm, der die Grenze zwischen Chile und Argentinien bildet, von der Atacamawüste im Norden Chiles bis ins südliche Patagonien, an dem beide Länder Anteil haben. Unser Ziel ist die südlichste Stadt des lateinamerikanischen Kontinents: Ushuaia auf Feuerland. In der Praxis bedeutet das sehr viele Grenzübertritte … aber erfreulicherweise und im Gegensatz zu Zentralamerika hält sich der bürokratische Aufwand für einen Grenzübertritt von Chile nach Argentinien und retour in Grenzen.

Nach mehreren Tagen kargem und anstrengendem bolivianischen Hochland empfängt uns in Chile die kleine „Oase“ San Pedro de Atacama. Herrlich! Als Globetrotter-Treffpunkt und Tor zur Atacamawüste besteht San Pedro aus einfachen Lehmziegelhäusern, manche umgeben von originellen, aus Kaktusstämmen gefertigten und mit Lederriemen zusammengebundenen Zäunen. Dazwischen staubige Straßen, kaum Verkehr, und eine sehr gute touristische Infrastruktur. Das heißt für uns: Wäsche waschen, Motorräder pflegen, Fotos sortieren, die weitere Reiseroute planen und besten chilenischen Wein an reichlich gedeckten Wirtshaustischen genießen. Pause, Erholung.

Die Atacamawüste liegt eingeklemmt zwischen Pazifik und Anden und ist angeblich eine der trockensten Wüsten der Welt. Auch wir haben keinen Regen gesehen und sind trotzdem nass geworden: Beim Baden in einer warmen vulkanischen Freiluftbadewanne, gespeist vom Geysir „El Tatio“, neugierig beobachtet nur von einigen Lamas.

Wunderbare Wüstenpisten führen uns durch einsame, bunte Berge, vorbei an winzigen Dörfern mit einer sehr überschaubaren Anzahl an Einwohnern. Groß ist in der chilenischen Atacamawüste hingegen der Bergbau: Überall wird eifrig gebaggert, zum Beispiel in der größten Kupfermine der Welt, mit den größten Baggerschaufeln, die wir je gesehen haben. Pflichtstopp in dieser Wüste ist die berühmteste Skulptur der Atacama, die Wüstenhand (Mano del Desierto), ein Mahnmal für den Schutz der Umwelt. Klar, dass es hier ein klassisches Erinnerungsfoto geben muss: Unsere ADVENTUREs vor der 11 Meter hohen Hand, die senkrecht aus dem Wüstenboden ragt.

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Atacama-Zaun: Kaktusstämme, gehalten von Lederriemen | Atacama fence: cactus stems, held together with leather straps

Auf der Höhe von Copiapó verlassen wir die Atacamawüste und steuern direkt auf die Anden zu. Der Paso San Francisco, den auch die Rallye Dakar schon ein paar Mal gesehen hat, ist unser Ziel. In einem 10-Liter-Kanister, den wir uns auf den Alukoffer schnallen, bunkern wir zusätzlichen Treibstoff, schließlich sind es 550 Kilometer ohne Tankstelle, diese Reichweite schaffen wir nicht ganz.

Auf der abwechslungsreichen Piste, die sich zunächst zwischen bunten Blumen, engen Felsen und dann mit grandioser Aussicht Richtung Passhöhe schlängelt, treffen wir niemanden, außer einigen Lamas und sehr vielen Raubvögeln. Am Rande eines wunderschönen, in weiß und türkis in der Sonne glänzenden Salzsees (Laguna Verde) liegt der einsame Grenzübergang nach Argentinien. Hier kippen wir das mitgebrachte Benzin in unsere Tanks, der Zollbeamte freut sich über den leeren Kanister. Auf der 4.726 Meter hohen San Francisco-Passhöhe pfeift uns ein stürmischer, kalter Wind entgegen, dementsprechend kurz fällt hier unser Zwischenstopp aus.

Argentinien empfängt uns mit einem Farbenspiel der Extraklasse: Berghänge in gelb, Felsen in feuerrot, eine außergewöhnlich schöne Naturkulisse. Richtig gut, dass wir hier als Reisende im „Genussmodus“ und nicht als Sportler im „Rallymodus“ durchfahren können. Und noch besser, dass kaum Verkehr unterwegs ist, denn unsere Augen und Aufmerksamkeit hängen die meiste Zeit an der Landschaft und viel zu wenig auf der Straße vor uns!

Unsere erste Andenüberquerung feiern wir im argentinischen Fiambalá, wo wir uns, mit Einheimischen plaudernd, einen wohlig warmen Thermalwasserfall auf den Rücken plätschern lassen. Ab hier befahren wir nun erstmals ein Stück der „Ruta 40“, Argentiniens längste Nationalstraße und eine der längsten Fernreisestraßen der Welt. Wir werden sie auf unserer Reise an die Südspitze des Kontinents noch öfter befahren und sie bietet wahrlich Abwechslung: Überschwemmungen, Sandstürme, frischer Asphalt, Rüttelpiste, Tiere – volles Programm.

Nach gut 700 Kilometern in Argentinien biegen wir ab zu unserer zweiten Andenüberquerung; diesmal geht es über den 4.780 Meter hohen Paso Agua Negra wieder zurück nach Chile. Und wir Ahnungslosen dachten, die Landschaft um den San Francisco-Pass könne in ihrer Schönheit nicht mehr übertroffen werden … sie kann, nämlich durch die Piste über den Agua Negra-Pass: vom Wind geformter „Zipfelschnee“, Berge in allen Farben, weite Ausblicke und anspruchsvolle Offroad-Etappen. Die Anden haben echt was drauf!

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Das Beste nach einer Andenüberquerung: Nackenmassage im Thermalbecken von Fiambalá | The best thing after an Andes crossing: a neck massage in the thermal pool in Fiambalá

In Chile besichtigen wir den Pazifikhafen Valparaíso, der als kulturelle Hauptstadt des Landes gilt, bevor wir uns zur dritten Andenüberquerung aufmachen. Der Andenpass Cristo Redentor ist die Hauptverbindungsstraße zwischen der chilenischen Hauptstadt Santiago und Mendoza in Argentinien: vollständig asphaltiert, sehr gut ausgebaut, zahlreiche Kehren und noch zahlreichere Lastwägen. Das Schönste an diesem Pass ist der Blick auf den schneebedeckten, 6.962 Meter hohen Aconcagua, den höchsten Gipfel Südamerikas.

Auf dem Weg nach San Rafael, gelegen mitten im argentinischen Rotweingebiet, kommen wir mit zwei argentinischen Ehepaaren ins Gespräch. Sie sind auf der Durchreise und grillen – eine Flasche Rotwein auf der Motorhaube – genussvoll ein Stück Fleisch auf einer Feuerstelle am Boden, keine 2 Meter vom Straßenrand, improvisiert, aber meisterlich. Wir dürfen auch probieren und erleben argentinische Genusskultur von ihrer besten Seite. Besser hat es uns in keinem Restaurant geschmeckt!

Nach so vielen Hauptstraßen und Asphalt brauchen wir wieder etwas Gelände unter den Stollen und schlängeln uns durch einige argentinische Canyons, bevor wir zur vierten Andenüberquerung aufbrechen: Mit seinen gut 2.500 Metern Passhöhe ist der Paso Pehuenche schon deutlich niedriger, die Anden nicht mehr so steil und schroff und die Temperaturen angenehm. Wir haben von den Argentiniern gelernt und genießen ein gemütliches Picknick auf der Passhöhe.

Wieder in Chile heißt es Service: Beim KTM-Importeur in Chillán erhalten unsere beiden KTM 1190 ADVENTURE Rs zum vorletzten Mal eine Garnitur neuer Reifen und einen großen, „fast-90.000-Kilometer“-Service.

Andenüberquerung Nummer fünf (nur mehr 1.200 Meter hoch) führt uns am Fuß des Vulkans Lanín durch Araukanien, Heimat der letzten Mapuche Indianer und dem glockenförmigen, immergrünen Araukarienbaum, mit seinen schuppenförmig angeordneten „Blattnadeln“. Seine Kerne schmecken, von Mapuche Indianerfrauen zubereitet, sehr lecker.

Die 7-Seen-Route in Argentinien ist eine Bilderbuchlandschaft. Inmitten dichter Wälder und zahlreicher Vulkangipfel glitzern in zwei ausgedehnten Nationalparks mehr als 40 Seen um die Wette. Auch hier führt die Ruta 40 durch: wunderschön zum Motorradfahren!

Wieder zurück in Chile machen wir einen Stopp in „Nueva Braunau“, einem heute ziemlich trostlosen Dorf, das von tschechischen Auswanderern gegründet wurde. Hier versteckt sich heute ein nettes Museum mit zahlreichen Kuriositäten aus der Zeit der europäischen Einwanderer. Der Sohn des Museumsgründers freut sich sichtlich über Besuch aus dem „alten Europa“ und wir bekommen eine ausführliche Privatführung mit Café y „Kuchen“, der auch in Chile so genannt wird.

Zwei entspannte Sonnentage (!) genießen wir nach einer kurzen Fährfahrt in einem typisch bunten Palafito-Stelzenholzhaus auf der Pazifikinsel Chiloé, bekannt für ihre bunten Holzkirchen, leckeren Meeresfrüchte und 240 Regentage im Jahr.

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Andenüberquerung von Santiago de Chile nach Mendoza in Argentinien: gut ausgebaute Hauptverkehrsverbindung | Andes crossing from Santiago de Chile to Mendoza in Argentina: well-developed main highway

Willkommen in Patagonien! In Puerto Montt fahren wir auf die berühmte Carretera Austral; sie führt durch unwegsamstes Gebiet in den Süden Chiles und ist nach mehr als 20 Jahren Bauzeit noch immer nicht durchgängig. In Hornopirén heißt es auf die Fähre und zwar mit Verspätung, denn irgendwie hat sich der Kapitän verschätzt und das Schiff an Land gesetzt, daher heißt es: Auf die nächste Flut warten.

Vorbei an erst kürzlich ausgebrochenen Vulkanen, immer häufiger mit Gletschern bedeckten Berggipfeln, durch dichte Nebelwald-Vegetation und über riesige Brücken führt die leider schon teilweise asphaltierte Carretera durch nette kleine Ortschaften an herrlichen Fjorden, mit bunten verwitterten Holzhäusern und sehr gastfreundlichen Einwohnern.

Ein echtes Highlight ist der Lago Carrera See in leuchtendem Türkis, an seinem Ufer dichtes, rotes Hagebuttengestrüpp. Eine extrem holprige und harte Bootsfahrt ist der Preis für den Besuch der beeindruckenden Marmorhöhlen. Danach schätzt man umso mehr ein gut funktionierendes WP-Federbein!

Wir umrunden diesen herrlichen See auf einer gepflegten Schotterpiste und treffen zahlreiche Reisekollegen – auf Pferden und auf Fahrrädern. Klar, es gibt hier im Süden Chiles nur diesen einen Weg, die Alternative hieße Dschungel. Und nur wenige Kilometer südlich vom Carrera See ist auch die Carretera Austral zu Ende.

Also heißt es: Hinüber nach Argentinien, wieder einmal rauf auf die Ruta 40. Während das chilenische Patagonien eher feucht, kühl und sehr grün ist, präsentiert sich das argentinische Patagonien als steppenartige Pampa in wunderschönen ocker und orange Tönen. Dünn besiedelt, mit mehr Tieren als Menschen, zum Beispiel einem sehr neugierigen Gürteltier, das uns bei der Behebung einer unserer extrem seltenen Reifenpannen zusieht.

Auf unserem Weg in den Süden auf der ziemlich wellblechartigen, staubigen Ruta 40 wird die Steppenlandschaft langsam aber sicher von immer mehr Gletscherseen und vergletscherten Bergen eingerahmt – den Traumanblick schlechthin bietet das Mount-Fitz-Roy-Massiv, welches sich nach einer Schlechtwetterfront ganz plötzlich über den gesamten Horizont erstreckt. Cinemascope!

Die Gletscher am Massiv sind Teil des chilenischen Inlandeises, der größten zusammenhängenden Eismasse außerhalb der beiden Pole und Grönland. Also, auf zu einer Gletscherwanderung! Der Perito-Moreno-Gletscher, etwas weiter im Süden, eignet sich besonders gut dafür, weil man mit den Motorrädern ganz nahe heranfahren kann. Wenn man von der Besucherterrasse auf den Gletscher schaut, kann man beobachten, wie die Eiswände des fließenden Gletschers laut knarrend und krachend in den Lago Argentino stürzen. Ein faszinierendes Erlebnis, ebenso wie die Wanderung auf Steigeisen, vorbei an blitzblauen Gletscherspalten.

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… aber nicht durchgängig. Manchmal ersetzten Fähren die fehlende Straße. | … but isn't continuous! Sometimes ferries replace the missing sections of road

Vom argentinischen Perito-Moreno-Gletscher bis in den chilenischen Nationalpark Torres del Paine ist es nur eine halbe Tagesreise. Hier lernen wir Patagonien von seiner wildesten und windigsten Seite kennen. Wobei windig nicht gleich windig ist, denn weht es stark, aber gleichmäßig, kann man sich dagegen lehnen und die Linie halten; kommt der Wind allerdings in stürmischen Böen daher, fährt man Schlangenlinien, bestenfalls. Schlimmstenfalls – und so ist es uns ergangen – wird man, ehe man sich versieht, vom Motorrad geweht! Nicht einmal richtig zu glauben, wenn man es doch selbst erlebt hat.

Von dem windigen Schreck erholen wir uns im Hotel Lago Pehoe, der am schönsten gelegenen Unterkunft in dieser Gegend: mitten in einem tiefblauen See, umrahmt von den wilden, schneebedeckten Berggipfeln der Torres del Paine. Über Puerto Natales mit seinem Denkmal „Monument für den Wind“ (wie passend!) geht es über viel Schotter und wenig Asphalt nach Punta Arenas, der letzten Stadt am chilenischen Festland.

Vor uns liegt die Magellanstraße, der Seeweg zwischen Atlantik und Pazifik, welcher den südamerikanischen Kontinent von der Insel Feuerland trennt und 1520 vom portugiesischen Seefahrer Fernando Magellan entdeckt wurde. Magellans Transportmittel, das Schiff Nao Victoria, liegt unweit von Punta Arenas und ist definitiv eine Besichtigung wert, ebenso wie die Insel Magdalena, auf der eine riesige Kolonie von schwarz-weißen Magellan-Pinguinen lebt. Der Wind bleibt uns treu und beschert uns eine raue Fährüberfahrt – bei der unsere Motorräder schon wieder umfallen.

Umso mehr freuen wir uns, wieder Land unter unseren Füßen (beziehungsweise Rädern) zu haben: wir sind auf Feuerland! Feuerland: Das sind Schotterpisten, vom Wind zerzaustes Gestrüpp, dazwischen Millionen von Schafen, dazu passend Schlachthäuser und Fischfabriken, schließlich müssen die Menschen hier auch von etwas leben. Die Feuerländer sind gut gelaunte Naturburschen, Rennsportfanatiker und unheimlich stolz auf ihr Territorium, „der schönste Fleck dieser Erde“, wie sie gerne betonen.

Hurra! Wir sind total glücklich und stolz, als wir nicht ganz umfall- aber doch unfallfrei nach 45.000 Kilometern seit Alaska die Ortstafel von Ushuaia – das andere Ende des amerikanischen Kontinents – vor unseren Augen haben. Ein riesiger Panini Moto Tour-Meilenstein und ein wunderschönes Gefühl, das wir beide hier gemeinsam genießen dürfen: mit unseren zwei KTM 1190 ADVENTURE Rs die Welt (beinahe) umrundet zu haben!

Von hier geht es jetzt zurück nach Hause …

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Punta Arenas an der Magellanstraße: von hier geht die Fähre nach Feuerland | Punta Arenas on the Strait of Magellan: this is where the ferry departs for Tierra del Fuego

Fotos: Barbara Kenedi


Info: Around the world – Panini Moto Tour
Barbara Kenedi, bei KTM in Mattighofen beschäftigt, und Lebensgefährte Peter sind auf Abenteuer-Tour rund um die Welt. Warum der geheimnisvolle Name Panini? Weil so die Katze der beiden heißt, die zwischendurch natürlich in Pflegehänden bestens aufgehoben ist.

Das reiselustige Duo, seit März 2013 mit zwei KTM 1190 ADVENTURE R auf Achse, absolviert die Weltreise nicht am Stück, sondern in Etappen. Die erste große Etappe führte von Österreich nach Ulang Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Fortgesetzt wurde die Weltreise auf dem australischen Kontinent von Darwin aus. Darauf folgte Neuseeland und, als erste Station durch Nordamerika, die Querung von Alaska bis nach Kalifornien, bevor der südamerikanische Kontinent in Angriff genommen wurde.

Das Marathon-Vergnügen mit dem Titel „Around the world – Panini Moto Tour” kann auf Facebook verfolgt werden, allerdings nur nach vorheriger Anmeldung.

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