Panini Tour: Weiter durch Südamerika nach Peru und Bolivien

Obwohl sich unsere Panini-Motorrad-Weltreise bereits im letzten Drittel befindet, sind wir – ein bisschen auch zu unserer eigenen Überraschung – alles andere als reisemüde. Nach jedem „motorradfreien“ Tag freuen wir uns aufs Aufsitzen, Weiterfahren und darauf, mit unseren KTM 1190 ADVENTURE Rs neue Entdeckungen und Begegnungen zu machen.

Unsere Einreise von Ecuador nach Peru erfolgt am Ende einer holprigen Piste an einem verschlafenen Grenzübergang, weit weg von der Panamericana, quasi durch den „Hintereingang“. Unsere Vorfreude auf Peru und Bolivien ist groß, obwohl, oder gerade weil, wir beide Länder schon bei früheren Motorradreisen als absolut faszinierende Ziele kennenlernen durften.

Der Norden Perus ist sehr untouristisch, weit weg sind Besuchermagnete wie Machu Picchu oder die Nazca-Linien. Hier gilt es, unbekannte Landschaften zu entdecken: Passstraßen führen über karge, bunte Gebirgszüge, die sich hinter einer langen dünengesäumten Küste, gespickt mit sympathischen Städten, erheben.

Höhepunkte im Norden Perus sind für uns die Gebirgszüge Cordillera Blanca und Cordillera Negra, die schneebedeckten weißen und schneefreien, daher schwarzen, Kordilleren. Ein atemberaubendes Panorama: wie aufgefädelt erheben sich mehr als fünfzig Fünftausender vor uns, darunter auch der höchste Berg Perus, der Huascarán mit 6.768 Metern – und das alles im Sonnenschein! Perfekte Bedingungen, um den Gebirgszug genauer zu erkunden.

Wir quartieren uns im zentral gelegenen Städtchen Huaraz in einem netten Bed & Breakfast ein und überqueren die Kordilleren in den nächsten Tagen gleich mehrere Male in alle möglichen Richtungen. Kreuz und quer, hin und zurück – es ist landschaftlich so beeindruckend und ein echter Fahrspaß, wir können kaum genug bekommen. Wir fahren über einsame Offroadpässe, überwinden den einen oder anderen Erdrutsch, schlängeln uns in engen Schluchten durch in den Fels gehauene Tunnel, dabei immer schneebedeckte Hochgebirgsgipfel im Blick.

Wir lernen: Nirgends schmeckt eine heiße Hühnersuppe so gut, als wenn man sie unerwartet hinter einer verschütteten Passstraße auf 4000 Metern Höhe von freundlichen Dorfbewohnerinnen frisch vom Feuer serviert bekommt. Und: Die größte Blume der Welt heißt Puya Raimondii, blüht nur einmal und möchte gesucht werden.

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Ab und zu rücken die Berge wirklich nahe zusammen … (Cañón del Pato) | From time to time the mountains really do almost touch… (Cañón del Pato)

Wer in die Hauptstadt Lima möchte, muss – unvermeidlich – über die Panamericana:  ein vielspuriger Asphaltstreifen, entlang der nebeligen Küste, gesäumt von Geflügelzuchtbetrieben und kontinuierlich zunehmendem Verkehr.

Während unsere ADVENTUREs in der Werkstatt des peruanischen KTM-Importeurs neue Conti TKC 80  bekommen (der Spaß in den Kordilleren hat einiges an Gummi gekostet), erkunden wir per pedes die historische Altstadt sowie die modernen, küstennahen Viertel der peruanischen Millionenhauptstadt.

Die peruanische Küche hat übrigens den Ruf, die beste in Lateinamerika zu sein. Wir probieren einige Highlights: Quinotto, gekocht aus den Körnern einer seit tausenden Jahren in den Anden beheimateten Getreideart; Ceviche, in Zitronensaft marinierten rohen Fisch; Pisco Sour, DER peruanischen Cocktail aus der Küstenstadt Pisco und natürlich auch noch das quietschgelbe Inca Cola, das es hier statt Coca Cola gibt.

Mit etlichen Stadtkilometern in den müden Beinen und gut gefüllten Mägen freuen wir uns dann wieder im Sattel unserer neu bereiften ADVENTUREs zu sitzen und den Verkehr der Großstadt hinter uns zu lassen.

Enge, nicht ausgebaute Straßen verbinden die weniger besuchten Städte Ayacucho (Heimat des Sendero Luminoso, an dessen terroristische Blutspur heute das Museo de la Memoria erinnert) und Abancay. Hier ist peruanisches Hinterland: gefühlt eine Million Kurven in grüner Gebirgslandschaft. Wir durchfahren kleine Lehmdörfer mit bunt geschmückten Häusern und holprigen Pflastersteinen, umgeben von endlosen Kartoffelfeldern. Dazwischen hochgelegene Weiden, wo bunt gekleidete Quechuafrauen auf ihre Lamaherden achtgeben.

Die Landbewohner im Andenhochland sind scheu und zurückhaltend, aber ausgesprochen freundlich, wenn man sich die Zeit nimmt, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dann erzählen sie gerne von der harten Arbeit auf dem Kartoffelfeld oder erklären ihr Lieblingskochrezept oder lassen sich stolz mit ihrem frisch getauften Sohn fotografieren.

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Centro Historico von Lima: Arkaden, geschnitzte Balkone und viel Polizei! | The historical center of Lima replete with arcades, carved balconies, and loads of police!

Nach unendlichem Kurvengeschlängel liegt nach einigen Tagen die ehemalige Hauptstadt des riesigen Inkareiches, Cusco, vor uns. Hier gibt es Sehenswürdigkeiten von Weltrang, hier schauen alle Touristen einmal vorbei, liegt eine archäologische Stätte neben der anderen, drängeln sich zahllose Kolonialbauten, errichtet auf den wuchtigen Grundmauern von ehemaligen Inkafestungen. Und was für Mauern! Riesige, unregelmäßige Steinquader wurden ohne Mörtel so aufeinandergesetzt, dass nicht einmal ein Blatt Papier dazwischen Platz hat. Keine Ahnung, wie die das damals so perfekt geschafft haben – Helm ab!

Überhaupt versetzt uns die Inka-Kultur an mehreren Orten ins Staunen: Zum Beispiel in der Salinera de Maras, wo wir uns durch ein gigantisches Labyrinth von hunderten Salzwasserbecken bewegen, geschaffen vor 1000 Jahren und heute noch genauso in Betrieb wie damals. Oder auch die gleichmäßig angelegten Terrassenfelder mit dem klug ausgedachten Kanalsystem im heiligen Urubambatal. Hier konnte auf fast 3000 Metern Höhe alles angebaut werden, was die Inkas an Nahrung benötigten. Fisch natürlich nicht, den ließen sich die Inka-Herrscher von den sogenannten „Chasqui“, den laufenden Boten, vom fast 400 Kilometer entfernten Titicacasee bringen, unserem nächsten Ziel.

Um zum Titicacasee zu gelangen, müssen wir etliche Flussläufe überqueren, was mit Hilfe geflochtener Grasbrücken gelingt. Eine solche Brücke wird von den Bewohnern mehrerer Andendörfer bis heute erhalten und jährlich neu geknüpft – ein interessantes Ziel, auch wenn uns das Überqueren der schwankenden Konstruktionen einiges an Überwindung gekostet hat.

Der magisch klingende, ziemlich verschmutzte Titicacasee liegt auf 3.800 Metern Seehöhe und ist der größte See Südamerikas. Hier leben einige Indianerfamilien vom Stamm der Urus auf schwimmenden, aus Schilf gebauten Inseln, die heute ihr Einkommen zum Großteil als gut besuchte Touristenattraktion verdienen. Eine Fahrt entlang des Titicacaseeufers ist eine Attraktion der besonderen Art – vorausgesetzt man ist Motorradfahrer und kann die Hauptstraße verlassen.

Herrliche Aussichtspunkte am Ende versteckter Feldwege, Musikanten und Tänzer, die mitten im Nirgendwo für einen Auftritt proben, Seilflechter, aus windigen Brettern zusammengezimmerte Fährboote und dann Copacabana – nein, nicht der Strand von Rio, sondern der erste Ort nach dem Grenzübergang von Peru nach Bolivien. Hier gibt es eine Überraschung: ungewohnten Blumenschmuck für unsere beiden ADVENTUREs. Frauen dekorieren unsere Bikes nach allen Regeln der Kunst, dann gibt es ein frommes Spruchband in die Hand, noch eine Ladung Weihwasser drüber und wir können mit vielen guten Wünschen gesegnet, gut gelaunt unsere Reise durch Bolivien antreten.

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Die Inkas waren tolle Baumeister: kein Blatt passt zwischen die schweren Steinquader | The Incas were excellent architects, you can't even get a sheet of paper between the huge stone blocks

Bolivien ist, wie auch Peru, ein herrliches Land zum Motorradfahren: farbenprächtiges Andenhochland, riesige Höhenunterschiede, ausgedehnte Nationalparks ohne einen einzigen Meter Asphalt, bizarre Mondlandschaften, bunte Seen und und und … mit einem Wort: ADVENTURE-Paradies.

Wenn man dem Höllenverkehr in der Hauptstadt La Paz unbeschadet entkommen ist, bieten sich schon in kurzer Distanz unvergessliche Fahrerlebnisse. Zum Beispiel hoch hinauf auf den Chacaltaya, einen der Hausberge von La Paz. Unser Ziel: Wir wollen einfach so hoch fahren, bis der Weg endet. Als wir die letzten Blechhütten, den Friedhof und schließlich die Mülldeponie von El Alto am Stadtrand hinter uns gelassen haben, geht es von Schlagloch zu Schlagloch über eine schlammige, immer enger und kurviger werdende Piste höher und höher. Lamas schauen uns erstaunt nach, bei Kreuzungen verlassen wir uns ganz auf das GPS, wo wir einfach die Bergspitze als Ziel eingegeben haben (übrigens navigieren wir mit einem Garmin-Navi und kostenlos aus dem Internet heruntergeladenen Open-Street-Karten – problemlos!).

Dann wird es steiler, steiniger, felsiger – über Schieferplattengeröll geht es an Schneefeldern entlang weiter und weiter hinauf. Hier ist außer uns niemand mehr – bis auf 5.235 Metern Höhe der Weg bei einer windschiefen Bretterbude endet, einer Hütte des bolivianischen Andenvereins. Ab hier zur Bergspitze vor unserer Nase würden wir jetzt eine Kletterausrüstung benötigen, also Ende Gelände auf zwei Rädern. Ein schönes Gefühl, es mit unseren KTMs so hoch hinauf geschafft zu haben!

Nächstes Ziel: Der Dschungel, das heißt 4000 Höhenmeter hinunter auf weniger als 100 Pistenkilometern, auf der weltbekannten Straße „Ruta de Yungas“. Wir sind diese vor 10 Jahren schon einmal mit Motorrädern gefahren und wollten es einfach noch einmal erleben:  Wie es von Kilometer zu Kilometer wärmer wird, die Vegetation dichter, grüner und höher, wie Wasserfälle über uns drüber rauschen und der Nervenkitzel, dass es auf der linken Seite der einspurigen (!), aus dem Fels gehauenen Piste senkrecht mehrere hundert Meter steil hinuntergeht, natürlich ohne irgendwelche Leitplanken. Da heißt es vorsichtig um die Kurve fahren und sich ganz eng an die Felsen schmiegen, für den Fall, dass ein LKW entgegenkommt. Aber zu unserer großen Überraschung wurde die einspurige, vielvermarktete „Todesstraße“ in der Zwischenzeit zu einer Einbahnstraße erklärt und nichts und niemand kommt einem jetzt mehr entgegen.

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Todesstraße? Vom Hochgebirge hinunter ins tropische Coroico | Road of Death? From the highlands down into tropical Coroico

Ein weiteres Bolivien-Fahrerlebnis der Extraklasse ist die größte Salzpfanne der Welt: der Salar de Uyuni. Hier ist wirklich alles aus Salz. Wir übernachten passenderweise in einem Salzhotel: Der Boden aus grobem Streusalz, die Wände, Betten und sogar Nachtkästchen aus Salzquadern gebaut. Überraschenderweise ist das Abendessen nicht versalzen. Auch die Rallye Dakar führte hier schon öfters durch; als KTM-Fahrer erinnern wir uns noch gut an die Bilder einer nassen, salzig-klebrigen materialmordenden Salzbrühe, in der etliche Teilnehmer mit ihren Motorräder vor zwei Jahren steckenblieben.

Wir haben mal wieder Wetterglück hier am Salar, denn es war windig und der Salzsee ist trocken und hart, also gut befahrbar, und wir können jeden Meter unserer Durchquerung genießen. Blendend weiß leuchtet die bis zum Horizont reichende Salzebene. Ungefähr in der Mitte des Salz“sees“ erhebt sich eine kleine Insel voller Kakteen, ein idealer Pausen- und Fotostopp.

Im Süden Boliviens befindet sich der riesige, vollständig auf über 4000 Metern gelegene Nationalpark Eduardo Avaroa, ein Offroadparadies, vorausgesetzt man bringt ausreichend Kondition oder einen entsprechenden Dickschädel mit. Wir wagen das Abenteuer, einmal quer durchzufahren. Sicherheitshalber mit Übernachtung im entlegenen „Flamencohotel“, das wir auf Google Earth gefunden haben – die einzige Alternative zum Zelt weit und breit. Und tatsächlich sind die zwei bolivianischen Hochlandtage ein echtes Abenteuer: immer dichterer Nebel, immer mehr Wasserdurchfahrten (von wegen Wüste!?) und nur 10 Kilometer vor unserem Nachtquartier noch ein richtiger Wolkenbruch. Dafür erhalten wir am nächsten Tag die Belohnung in Form einer Wahnsinnsaussicht: In der Laguna Hedionda stehen jede Menge rosarote Flamingos und die frisch verschneiten Berge spiegeln sich im glasklaren Wasser. Wow!

Aber vor uns liegt noch ein langer, anstrengender Tag – über 300 Kilometer sandige, schottrige, mit tiefen Spurrillen durchzogene Pistenkilometer sind es bis zur chilenischen Grenze. Heute heißt es durchhalten, uns gegenseitig anspornen, Motorrad immer wieder aufrichten und nur nicht aufgeben! Ein Glück, dass wir unterwegs bei einer kleinen Häuseransammlung einen Kanister Benzin ergattern, sonst … wer weiß!

Motivation und Belohnung für die Anstrengung ist die unvergleichliche Naturlandschaft: Der Arbol de Piedra, ein 7 Meter hoher Steinbaum, also eigentlich eine Felsformation, die Laguna Colorada, ein See der in allen Farben schillert, die grüne Lagune, spuckende Geysire, brodelnde Schlammlöcher und das alles eingerahmt von perfekt geformten Vulkankegeln. Motorradfahrerherz, was willst du mehr?

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Geschafft in jeder Hinsicht: Pause am Arbol de Piedras (Baum aus Stein) | Success in every respect: taking a break at the Arbol de Piedra (stone tree)

Fotos: Barbara Kenedi


Info: Around the world – Panini Moto Tour
Barbara Kenedi, bei KTM in Mattighofen beschäftigt, und Lebensgefährte Peter sind auf Abenteuer-Tour rund um die Welt. Warum der geheimnisvolle Name Panini? Weil so die Katze der beiden heißt, die zwischendurch natürlich in Pflegehänden bestens aufgehoben ist.

Das reiselustige Duo, seit März 2013 mit zwei KTM 1190 ADVENTURE R auf Achse, absolviert die Weltreise nicht am Stück, sondern in Etappen. Die erste große Etappe führte von Österreich nach Ulang Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Fortgesetzt wurde die Weltreise auf dem australischen Kontinent von Darwin aus. Darauf folgte Neuseeland und, als erste Station durch Nordamerika, die Querung von Alaska bis nach Kalifornien, bevor der südamerikanische Kontinent in Angriff genommen wurde.

Das Marathon-Vergnügen mit dem Titel „Around the world – Panini Moto Tour” kann auf Facebook verfolgt werden, allerdings nur nach vorheriger Anmeldung.

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