#Inthisyear1969: Neue Modelle und Motorsporterfolge

Die Eröffnung der KTM Motohall war ein sehr wichtiger Tag für Europas größten Motorradhersteller. 400 Gäste waren der Einladung zum „Friends Opening“ gefolgt, darunter Roger DeCoster, der KTM-Motorsportdirektor für Nordamerika, dessen Schützling Cooper Webb nur wenige Tage zuvor im Sam-Boyd-Stadion von Las Vegas die vierte AMA Supercross-Championship für KTM gewonnen hatte. Und noch ein Mann aus den USA war nach Mattighofen gekommen, ohne den die Erfolgsgeschichte von KTM möglicherweise ganz anders verlaufen wäre. John Penton, mittlerweile 93 Jahre alt, hatte in den späten 1960er Jahren den Stein ins Rollen gebracht, als er KTM einen Großauftrag zur Produktion leichter Enduros mit 100cc und 125cc erteilte.

Hobby Automatic © KTM

Mitte der 1960er Jahre regte sich langsam wieder das Interesse am Motorrad, nachdem die große Krise Ende der 1950er überwunden war. Anders als viele Motorradhersteller im deutschsprachigen Raum hatte KTM überlebt, weil man nicht den Fehler gemacht hatte, die rückläufigen Verkaufszahlen durch die Produktion eines Autos kompensieren zu wollen. Nicht zuletzt auch durch den Einstieg der japanischen Hersteller in den europäischen Markt bekam das Motorrad bald ein sportliches Image. Nicht mehr der alltägliche Weg zur Arbeit, sondern der Spaß am Fahren auf zwei Rädern stand nun im Mittelpunkt. Zwar gab es damals im KTM-Programm auch ein „richtiges“ Motorrad mit 100cc und Sachs-Viergangmotor, das in den USA als „Hansa“ verkauft wurde, der Schwerpunkt der Modellpalette blieb jedoch zunächst bei 50cc-Fahrzeugen, die sich aufgrund der Führerscheinregelungen sowohl für den Alltagsgebrauch als auch für die motorradbegeisterte Jugend anboten.

Als neues Einstiegsmodell kam 1969 das Mofa „Hobby Automatic“ ins Programm, „die neue Formel vollendeten Fahrgefühls“, so der zeitgenössische KTM-Prospekt. „Technische Kenntnisse sind überflüssig“. Und das war nicht zu viel versprochen. Der 2 PS-Sachs-Motor mit Fliehkraftkupplung und 1-Gang-Getriebe versprach sorgenfreie Fortbewegung.

KTM Comet 504 S © KTM

Die verschiedenen Comet-Modelle mit gebläse- oder fahrtwindgekühlten Puch-Motoren konnten in Sachen Wetterschutz natürlich nicht mit dem bewährten Ponny II-Roller mithalten, den es nun in der Ausführung „Super 4“ mit Puch-Viergangmotor gab, aber auch die Comet waren zuverlässige Alltagsfahrzeuge.

Ein ganz heißes Teil präsentierte KTM dann mit der Comet 504 Super – schmale Schutzbleche und ein verchromter „Büffeltank“ mit 10 Litern Inhalt sorgten für die unverwechselbare Linie. Während die deutschen Konkurrenzmodelle noch eine ungedämpfte Telegabel oder eine antiquiert ausschauende Vorderschwinge hatten, baute KTM in die Comet 504 S eine ölgedämpfte Telegabel ein. Zusammen mit den zwei schlanken Schalldämpfern und dem speziellen fahrtwindgekühlten KTM-Zylinder anstelle der Gebläsekühlung war die Comet 504 S der unumstrittene Star unter den KTM-Motorrädern.

KTM Penton 125 © KTM

Das Highlight im 1969er KTM-Programm war aber die KTM Penton 125, die für einen Großteil der 25%igen Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr verantwortlich war.

Erst zwei Jahre zuvor hatte John Penton, ein amerikanischer Motorradhändler aus Ohio, Kontakte zu KTM geknüpft, weil er auf der Suche nach einem Hersteller für leichte Gelände- und Motocross-Maschinen nach seinen Vorstellungen war. Noch Ende 1967 gab es den ersten Prototypen und ein Jahr später bestanden die kleinen Geländemaschinen in den USA und bei den „Sei Giorni“, der Internationalen Sechstagefahrt im italienischen San Pellegrino, ihre Feuerprobe. Sobald die Penton-Fahrer, darunter die Penton-Söhne Jack, Jeff und Tom, bei den schweren Geländefahrten in den amerikanischen Nordengland-Staaten Schwachstellen erkannten, wurde in der Penton’schen Werkstatt nach Lösungen gesucht, die in Mattighofen gleich in die laufende Serie übernommen wurden. Das war natürlich auch Fichtel & Sachs in Schweinfurt, dem Motorenhersteller, nicht verborgen geblieben und so ist es nicht verwunderlich, dass bei der Sechstagefahrt 1969 bei den Penton-Maschinen hochmoderne Alu-Breitwandzylinder zum Einsatz kamen, während die Maschinen der deutschen Sachs-Tochter Hercules noch mit den alten Graugusszylindern auskommen mussten. Fünf Goldmedaillen, sechs silberne und zwei Bronzemedaillen für die amerikanischen und europäischen Fahrer, die auf KTM-Penton starteten, ist ein mehr als respektables Ergebnis bei der schweren Sechstagefahrt in den Allgäuer Alpen rund um Garmisch-Partenkirchen.

Während das Team von John Penton, dem Initiator der KTM Penton, in den USA nicht weniger als 38 Klassensiege in der 100cc und 125cc-Klasse einfuhr, gewann Arnaldo Farioli die italienische 125cc-Geländemeisterschaft und Jouka Laaksonen wurde finnischer Geländemeister.

John & Jack Penton KTM Motohall 2019 © Penton

Wer sich dieses erfolgreiche Stück Motorsportgeschichte einmal aus der Nähe anschauen möchte, dem sei ein Besuch in der KTM Motohall in Mattighofen ans Herz gelegt. Neben vielen anderen Siegerbikes ist dort auch eine 1969er Penton zu bestaunen.

Die KTM Motohall ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag, jeweils von 9.00h bis 18.00 Uhr. Montags ist Ruhetag.

Fotos: KTM | Penton