Am Beginn eines neuen Zeitalters: Aki Ajo über die nächsten Schritte in der Moto2

Ein neuer Motorenhersteller in der Moto2-Klasse beschert der MotoGPTM 2019 einige Änderungen. Dieser technische Umstieg bedeutet auch einigen Stress für Aki Ajo und ist ein wichtiger Schritt im ‚Entwicklungsprogramm‘ für KTMs Rennsportabteilung. Wir baten den Finnen zum Interview …

Aki Ajo (FIN) Aragón (ESP) 2018 © Sebas Romero

Sound und Design der Moto2-Bikes wird sich 2019 komplett verändern. Die MotoGPTM schickt den alten Honda-Motor in Rente – künftig wird Triumph mit seinem 3-Zylinder den Standard-Motor der mittleren Klasse liefern. Red Bull KTM und Ajo sind derzeit das einzige Team, das es geschafft hat, in der Saison 2018 mit beiden Fahrern Rennen zu gewinnen. Außerdem wird die MotoGPTM im nächsten Jahr um die Moto-E-Serie ergänzt werden. Dennoch wird den Anstrengungen, den Änderungen und der Evolution der Moto2 mehr Aufmerksamkeit zuteil.

Als Teil des Grand Prix-Fahrerlagers beobachtet und begrüßt Aki Ajo derartige Veränderungen schon seit langer Zeit. Seit er 2012 für den ersten Moto3-Titel KTMs verantwortlich zeichnete, hat Ajo nicht nur den Aufstieg der 4-Takt-Technologie in der MotoGPTM miterlebt, sondern seinen Einfluss auch auf die Moto2, die Red Bull MotoGP Rookies Cup-Division und die CEV-Serie ausgedehnt. Er ist ein wichtiger Teil der ‚orangen Leiter‘, die KTM in den letzten fünf Jahren aufgebaut hat, um vielversprechenden Talenten einen Aufstieg durch die verschiedenen Serien zu ermöglichen.

Wenn der Finne nicht gerade auf der Suche nach Talenten ist oder solche berät (wie gerade mit den gefeierten Öncü-Zwillingen), arbeitet er am Moto2-Projekt. In der Vergangenheit bedeutete das, das WP-Fahrwerk zu optimieren, um den Grip zu maximieren und den Reifenverschleiß zu minimieren, sowie Fahrer wie Johann Zarco, Miguel Oliveira oder Brad Binder bei ihrer Entwicklung im Grand Prix-Sport zu unterstützen.

Miguel Oliveira (POR, #44) & Brad Binder (RSA, #41) Chang International Circuit (THA) 2018 © Gold and Goose

Ajo und sein Team haben bereits Testarbeit für 2019 geleistet. Der neue Moto2-Motor hat schon ausgiebige Langstrecken- und Dauerlauftests über sich ergehen lassen müssen und wurde der MotoGPTM beim Grand Prix von Aragon offiziell ‚übergeben‘. Auf derselben Rennstrecke (Motorland, wo Binder auf seinem derzeitigen Motorrad gewinnen konnte) hat das Team das neue Bike auf Herz und Nieren getestet.

„In der Moto2 fuhren wir neun Jahre mit dem gleichen Motor und ich glaube, dass dieser Wechsel viele Leute wieder enthusiastischer machen wird“, so Ajo. „Außerdem bringt jede Neuerung die Chance, etwas dazuzulernen. Wir hatten diesen Sommer schon gut zu tun. Das KTM-Test-Team hat den Motor einige Tage lang unter die Lupe genommen, während unsere Fahrer sowohl mit dem diesjährigen Bike als auch dem des nächsten Jahres trainieren werden.“

Im Zusammenhang mit den Abmessungen und dem Charakter des neuen Motors im Gitterrohrrahmen müssen WP und die Rennsportabteilung von KTM mit einigen neuen Parametern rechnen und das komplett neue Gesamtpaket wird zudem auch die WP-Federung und die Dunlop-Reifen vor neue Herausforderungen stellen.

Brad Binder´s (RSA) Moto2 bike Aragón (ESP) 2018 © Sebas Romero

Obwohl die bevorstehende Arbeit und die vielen Fragezeichen Ajo auf Trab halten, glaubt er nicht, dass die Moto2 davon auf den Kopf gestellt werden wird.

„Ein Motorrad bleibt ein Motorrad und ich denke, dass viele Leute darüber spekulieren, welche Fahrer das Meiste aus diesem neuen Motorenkonzept herausholen können“, so Ajo. „Ich persönlich glaube, dass ein guter, arbeitswilliger Fahrer mit einem guten Team auf jedem Motorrad schnell sein kann. Der Motor ist kein großes Problem, macht die ganze Sache aber interessanter.“

„Als wir von den 125ern zur Moto3 wechselten, hat jeder gesagt, dass sich alles verändern wird … für mich hat sich das aber nicht wirklich bewahrheitet“, verrät er uns. „Nur der fantastische Klang und der Geruch der 2-Takter blieben auf der Strecke, aber die neue Kategorie und die 4-Takt-Motoren brachten auch viele interessante Faktoren mit. Die Fahrer mussten ihren Stil eventuell etwas anpassen, die Basis blieb aber gleich: Rennfahren ist Rennfahren – du musst die richtigen ‚Dinge‘ finden und dich auf diese konzentrieren.“

Miguel Oliveira (POR) Chang International Circuit (THA) 2018 © Gold and Goose

In den letzten paar Saisonen hat sich die Moto2 vielleicht zu der am härtesten umkämpften Klasse der MotoGPTM entwickelt. Der serienmäßige Motor und die winzig kleinen Unterschiede zwischen den fünf wichtigsten Fahrwerksherstellern bewirken, dass die schnellsten und geschicktesten Fahrer nur durch Sekundenbruchteile getrennt sind. Zugewinne technischer Natur bringen meist nur ganz wenig.

„Es wird interessant werden, zu sehen, ob die Abstände immer noch so klein sind“, sagt Ajo und bestätigt, dass die Moto2-Teams im Winter viel testen und ‚forschen‘ werden. „Ich glaube, dass das Potential für weitere Schritte vorhanden ist. Manchmal glaube ich, dass es in der Moto2 fast zu knapp zugeht. Die Fahrer und Teams lernen dank dieses starken Wettbewerbs viel, ich sehe aber, dass so mancher gute Fahrer etwas verblasst, wenn nicht alles perfekt zusammenspielt. Wenn du 0,8 Sekunden hinter dem Sieger auf dem 20. Platz ins Ziel kommst, bist du immer noch ein verdammt schneller Fahrer. Ich bin gespannt darauf … ich glaube aber nicht, dass es zu Anfang der Saison 2019 wieder so knapp zugehen wird; manche Teams werden größere Fortschritte machen als andere.“

Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass Oliveira – ein Anwärter auf den Moto2-Titel – im nächsten Jahr in die MotoGPTM wechselt (der erste KTM-Fahrer, der über Siege in der Moto3 in die Moto2 und schließlich zu den ‚großen Jungs‘ in die MotoGPTM aufsteigt), während Binder noch eine dritte Saison in Ajos Team verbringen wird. Der Südafrikaner, der einen Großteil seiner ersten Saison aufgrund eines gebrochenen Arms auslassen musste – bekommt den Moto3-Tabellenführer und Überflieger Jorge Martin zur Seite gestellt. Binder sorgt für eine gewisse Kontinuität, während Ajo das Potential des lebhaften Spaniers Martin bestmöglich wird erschließen müssen. „Der Schlüssel beim Einsatz eines neuen Motorrads ist, dass keiner der beiden Fahrer ein Rookie sein darf … in jedem Fall ist es wichtig, dass Brad mit dem neuen Motor schon Erfahrung sammeln konnte und Feedback geben kann. Die ersten Tests im November mit dem gesamten Team werden dann essentiell sein.“

Der November und die stillen und leeren Rennstrecken in Spanien warten: Zeit für Ajo, seine Erfahrung ins Spiel zu bringen, und für sein treues Team, die Änderungen wieder einmal in Resultate umzusetzen.

Miguel Oliveira (POR, #44), Brad Binder (RSA, #41) & Moto2 team Assen (NED) 2018 © Philip Platzer

Fotos: Sebas Romero | Gold and Goose | Philip Platzer